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Das Vortex Fiasko

Das Vortex Fiasko

Titel: Das Vortex Fiasko Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jon Land
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seinem Kopf ein neuer Plan. Er würde die Geschehnisse perfekt timen und seinen vollen Vorteil aus dem Umstand ziehen müssen, daß sich die Augen der anderen im OP auf den Jungen richteten, doch das war nichts Neues für den Wintermann. Als Anästhesist war er dafür verantwortlich, den Jungen zu betäuben … oder ihn nicht zu betäuben. Ihm standen alle Mittel der Anästhesie zur Verfügung. Wenn er die Beruhigungsmittel lange genug zurückhalten könnte, würde der Junge wieder zu Bewußtsein kommen und seine Fähigkeiten einsetzen können. Doch blieb ihm noch soviel Zeit?
    Plötzlich störte Bane der Gedanke, den Jungen als Waffe zu benutzen, überhaupt nicht mehr.
    Er bewegte sich in Tekes Schatten mit der Rollbahre den Gang zum OP entlang. Die Zimmer und Menschen, an denen er vorbeikam, verschwammen vor seinem Blick. Er folgte Teke in den Umkleideraum, wo sie sich für ein letztes Händewaschen zum Rest des Teams gesellten.
    »Sind wir soweit, Doktor?«
    Bane wandte sich von seinem Waschbecken zu dem Mann um, der die Frage von der Schwelle aus gestellt hatte, und starrte direkt in die kalten Katzenaugen von Col. Walter Chilgers. Seine Chirurgenmaske war an Ort und Stelle, doch einen schrecklichen Augenblick lang dachte er, Chilgers würde ihn mit mehr als nur passivem Interesse mustern; erst dann begriff er, daß der Blick des Colonels auf Teke ruhte, der rechts neben Bane stand.
    »Genau im Zeitplan, Colonel.«
    »Ausgezeichnet. Ich erwarte keine Komplikationen.«
    »Es sollten auch keine auftreten. Unser Chirurgenteam hat den Fall aus allen möglichen Blickwinkeln betrachtet. Jeder Schritt, den wir durchführen werden, wurde minutiös geplant.«
    »Ich werde die Operation so lange, wie es mir möglich ist, von der Zuschauergalerie aus verfolgen.«
    »Wir werden uns bemühen, Ihnen eine gute Show zu bieten.«
    Teke trocknete sich die Hände ab. Bane tat es ihm gleich, bemüht, keine Verletzung gegen die vor einer Operation üblichen Gepflogenheiten zu begehen. Einfach beobachten und den Beispielen der anderen folgen, sagte er sich, beobachten und folgen …
    Die nächste halbe Stunde der letzten Vorbereitungen unter den weißen Lampen des OPs lief wie im Traum an ihm vorbei; die einzelnen Minuten gingen ineinander über. Aus Furcht, seine Unsicherheit könnte ihn verraten, hielt er seinen Blick von denen der anderen fern. Seine Kenntnisse über diese Art von Medizin beschränkten sich auf Beobachtungen in Feldlazaretten und Erste-Hilfe-Kurse während seiner Ausbildung. Nichts davon qualifizierte ihn auch nur annähernd dazu, die Rolle eines ausgebildeten Anästhesisten bei einer komplizierten Gehirnoperation zu spielen. Er hatte nur die Wahl, so viele seiner Bewegungen wie möglich zu wiederholen. Immerhin wußte er, daß während einer Operation kein Mitglied des Chirurgenteams genau auf die Handlungen des Anästhesisten achtete. Je schwieriger die Operation, desto weniger achteten sie darauf. Sie würden sich bei ihm jedoch regelmäßig nach den Körperfunktionen erkundigen, was bedeutete, daß sich Bane mit den digitalen und wellenförmigen Meßdaten der Maschinen um ihn herum vertraut machen mußte. Mit etwas Glück würde er lediglich das Wort ›stabil‹ benutzen müssen, bis er die Funktionsweise der Maschinen erfaßt hatte.
    Banes Stuhl befand sich auf Daveys rechter Seite, auf gleicher Höhe mit dem Unterarm des Jungen. Normalerweise saß der Anästhesist direkt hinter dem Patienten, doch bei der Gehirnchirurgie war dieser Platz natürlich den Chirurgen vorbehalten. Er half den Labortechnikern dabei, die Drähte anzubringen, die die Körperfunktionen des Jungen übertragen würden, und schickte sich dann an, die roten, grünen oder weißen Aufzeichnungen zu studieren, die, ständig in Bewegung befindlich, über eine Reihe von Bildschirmen hinter seiner Schulter huschten. Bane mutete dies alles wie ein bizarrer elektronischer Tanz an, und wenn er diese Eigenschaft noch besessen hätte, hätte er unter seiner Chirurgenmaske gelächelt.
    Er sah sich verstohlen um und erhaschte einen Blick auf Colonel Chilgers in der Zuschauergalerie, einem halbkreisförmigen, mit Stühlen besetzten und von einer dicken, schalldichten Glasscheibe abgeschirmten Raum. Empfindliche Mikrophone an seinen beiden Ecken machten den Colonel und jeden anderen, der sich dort oben befand, zu Zeugen der Wortwechsel zwischen den Chirurgen.
    Der Gedanke an Chilgers ließ Banes rechte Hand unwillkürlich zu der Wade greifen, an der

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