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Das Wahre Kreuz

Das Wahre Kreuz

Titel: Das Wahre Kreuz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joerg Kastner
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und seinem Geheimnis interessiert als daran, deine Wüstenrose zu pflücken. Übrigens, wir haben bei der Erkun-dung des unterirdischen Tempels beachtliche Fortschritte gemacht. Gleich morgen früh kannst du, bewaffnet mit Block und Stift, an die Arbeit gehen. Das wird dir helfen, nicht unentwegt an Ourida zu denken.«

    Onkel Jean war ein kluger Mann. Als ich am nächsten Morgen den Bleistift über das Papier führte, um die wundersame Architektur des Tempels festzuhalten, nahm mich die Arbeit gefangen, so wie ich es von frü-
    her gewohnt war. Zwar verschwand die brennende Sorge um Ourida nicht, aber sie trat doch in den Hin-tergrund, und zuweilen war ich ganz unbeschwert.
    Was auch daran lag, daß mein Onkel und seine Helfer wirklich Staunenswertes entdeckt hatten. Der Tempel schien in jüngster Zeit als Wohnort, zumindest als eine temporäre Zuflucht genutzt worden zu sein. Einige der unterirdischen Räumlichkeiten waren zum Wohnen und Schlafen hergerichtet, und in einer Kammer fanden sich Lebensmittel. In den besagten Räumen deuteten Blutspuren auf einen heftigen Kampf hin.
    Als mein Onkel mir das zeigte, sagte er: »Meiner Ansicht nach haben die Ritter mit dem doppelten Kreuz die Menschen, die hier Zuflucht gesucht hatten, überfallen und massakriert. Ourida müssen sie sich aus einem besonderen Grund bis zuletzt aufgehoben haben.«
    »Massakriert?« Mich schauderte bei der Vorstellung. »Haben Sie die Leichen gefunden?«
    »Seltsamerweise nicht. Jemand muß sie fortgeschafft haben.«
    »Aber wer? Und wer waren die Menschen, die hier, unter der Wüste, Schutz suchten?«
    Onkel Jean legte mir eine Hand auf die Schulter.
    »Wenn wir das wüßten, Bastien, wären wir ein gutes Stück weiter. Auf irgendeine ominöse Weise muß ihr Schicksal mit dem der Ritter verbunden sein. Ach, habe ich dir schon berichtet, daß wir einen zweiten Eingang entdeckt haben? Es ist der, durch den Ritter hereingekommen sind und durch den sie den Tempel auch wieder verlassen haben.«
    Er führte mich einen langen, nur durch den Schein seiner Fackel beleuchteten Gang hinunter, um mir den zweiten Eingang zu zeigen. Irgendwann stiegen wir über mehrere hohe Stufen nach oben, und Tageslicht blendete uns. Ich muß gestehen, daß ich, im Gegensatz zu meinem Onkel, vollkommen die Orientierung verloren hatte.
    Dorniges Buschwerk hatte den Eingang einst verborgen, jetzt war es mit Äxten und Messern entfernt worden. Wir fanden uns unter freiem Himmel wieder. Der Eingang, unscheinbar zwischen den Felsen, ließ von außen nicht erkennen, daß hier ein geheimer Tempel lag. Vergebens suchte ich nach einem Ungeheuer aus Stein wie dem Flügelwesen auf der anderen Seite.
    »Merkwürdig«, sagte ich. »Hier hat man sich alle Mühe gegeben, den Eingang vor fremden Augen zu verbergen. Der andere Eingang aber ist weithin sichtbar.«
    »Ich denke, der Eingang, durch den wir den Tempel betreten haben, ist erst nach der ursprünglichen Anlage gebaut worden, vermutlich etliche Jahrhunderte später.
    Vielleicht war die Höhle zunächst gar kein Tempel, sondern ein Fluchtort, das Versteck einer reichen Familie oder Fürstendynastie. Als die Stätte viel später entdeckt wurde, hat man ihre Entstehung wohl göttlichem Einfluß zugeschrieben und dann den Eingang mit dem geflügelten Raubtier errichtet.« Er deutete auf den felsigen Hügel, der jenen Eingang und unser Lager vor unseren Augen verbarg.
    Ich blickte wieder auf die unscheinbare Öffnung zwischen den Felsen. »Und Sie glauben, Onkel, daß die Ritter hier hereingekommen sind?«
    »Da bin ich mir sicher. Wir haben Hufspuren gefunden – und Blutflecke, die wohl von Verwundeten stammen.«
    »Oder von den Leichen, die von hier fortgeschafft worden sind«, sagte ich.
    »Auch das ist möglich. Wir fangen erst an mit der Erforschung dieses Ortes, mag er nun ein Tempel oder ein Versteck gewesen sein.«
    »Vielleicht beides«, murmelte ich. »Vielleicht das Versteck für etwas Heiliges.«
    In Onkel Jeans Augen blitzte es auf. »Wie kommst du darauf?«
    Ich dachte an meine Erinnerung, meine Vision. An das Kreuz, dem Gilbert und seine Männer nachjagten und das Ourida vor ihnen in Sicherheit gebracht hatte.
    Das Kreuz! Ich wußte, daß ihm eine große Bedeutung zukam. Menschen waren dafür gestorben. Ich selbst –
    oder der Ritter Roland, wenn man so wollte – hatte mein Leben dafür gegeben. Und doch wollte mir nicht einfallen, welche Bewandtnis es damit hatte.
    Meinem Onkel gegenüber verschwieg ich, was mich

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