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Das Wahre Spiel 02 - Der Nekromant

Das Wahre Spiel 02 - Der Nekromant

Titel: Das Wahre Spiel 02 - Der Nekromant Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sheri S. Tepper
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sei der Dreh- und Angelpunkt allen Wandeins, sagte Mavin, die bereits das Fleisch gesammelt hatte, das von Dolwys und Swolwys übriggeblieben war, nachdem sie sich wieder in ihre menschliche Gestalt zurückverwandelt hatten. Es sei zu zerfetzt, um Rippchen daraus zu machen, meinte sie, aber es würde eine gute Suppe ergeben. Ich muß gestehen, daß mir bei diesen Worten etwas unwohl in der Magengegend wurde. Der Gedanke, etwas zu essen, das zuvor Teil meiner Vettern gewesen war, behagte mir gar nicht. Sie lachten über mich, als ich dies sagte, worauf ich mich sehr jung und ausgesprochen töricht fühlte. Aber trotzdem gefiel mir die Idee nicht, und ich war froh, als sie nicht in die Tat umgesetzt wurde. Anstelle der Suppe lernte ich, Gras zu essen.
    Ich erfuhr, daß Wandler einen eigenen Jargon besaßen, fast eine eigene Sprache. Sich in seine Originalgestalt zurückzuverwandeln, hieß ›das Netz ziehen‹ und bezog sich offenkundig auf das Fasernetz, das von Geschöpf zu Geschöpf, von Gestalt zu Gestalt, mehr oder weniger geschlossen blieb. Mit der Hälfte des Netzes konnte man ein Vogel werden, benötigte aber ungefähr zwei Drittel davon, um sich in einen Wasserochsen zu verwandeln. Was übrig blieb, wurde einfach innen beiseitegelegt, verfügbar für andere Dinge, wie Kleidung oder was auch immer. All das hörte sich äußerst reizvoll an.
    Am nächsten Morgen jedenfalls war aus mir ein unauffälliger Wasserochse geworden, der vom Grasen zum Fuhrwerk getrieben und dort eingeschirrt wurde. Immer wenn ich den Kopf in ihre Richtung schwang, sah ich Izia hinter mir. Laggy Nicker hatte sich nun doch entschieden, die letzten Schritte seiner Reise in die schattigen Höfe des FLECKS zu unternehmen. Die Tore standen weit offen, als wir uns näherten. Sie wirkten, als täten sie das schon seit mehr als einer Generation, so rostig und ausgeleiert waren ihre Angeln, die eisernen Türblätter abgesackt und schief, der Zwischenraum von Gras überwuchert. Hinter den Toren fielen die Schatten der riesigen spinnenbeinigen Gewölbe auf uns, und eines der Turmgesichter murmelte uns über das Pflaster hinweg an. Dolwys schnaubte, als sei er verstört, und mir fiel ein, daß ich ein Wasserochse war, der sich über einen solchen Anblick sicher erschrecken würde, und ich schnaubte ebenfalls, Izias Stimme im Ohr: »Nanana, meine Guten, ruhig, ganz ruhig.« Der Klang ihrer Stimme ließ mich unwillkürlich schaudern, vielleicht wäre das jedem anderen Wasserochsen auch so ergangen.
    Wir erblickten den ersten Bewohner dieses Ortes, als er prahlend über das Pflaster hüpfte, und dabei dachte ich, während der Verwandlung sei irgend etwas mit meinen Augen schiefgegangen, so monströs wirkte die Gestalt, die uns gegenübertrat. Das Wesen stand eine ganze Zeitlang vor uns, bis mein Verstand glaubte, was meine Augen sahen. Das war kein Wandler. Es war eine echte Person, oder vielmehr eher zwei Personen. Zwei von der Taille aufwärts mit zwei Köpfen, zwei Paar Schultern, vier Armen und zwei Oberkörpern, die aus einer gemeinsamen Taille, einem Paar Hüften und zwei Beinen herauswuchsen. Das Geschöpf gluckste. »Dupie eins«, sagte einer der Münder, während der andere in einer tieferen Tonlage hinzufügte: »Dupie zwei.« Als ich hochschaute, sah ich, wie Izia auf ihrem Sitz schauderte und Laggy Nicker mit einer Miene höchster Zuversicht nach vorne kam.
    »Hallo, Dupies. Wollt ihr die Tiere hier im Hof behalten, oder sollen wir sie lieber draußen vorm Tor lassen?« Seine Stimme hatte den einschmeichelnden Klang, den ich nicht mehr gehört hatte, seit er mich vor den Mauern von Betand in seinen Zug locken wollte.
    »Hier, hier, Laggy Nicker«, erwiderte der Kopf mit der Tenorstimme. »Hier. Wo Dupies sie beobachten können, füttern, ihre schönen Flanken striegeln. Dupies dürfen sie haben, oder? Wir werden sie lieben, lieben, die niedlichen Dingerchen, die großen, wundervollen Tierchen, bis sie in Stücke fallen.«
    Dolwys neben mir zitterte, ich ebenso. Die lustvollen Schmeicheleien klangen in meinen Ohren stark nach Hunger. »Sieh bloß, wie sie zittern«, sagte die tiefere Stimme. »Den hübschen Tierchen wird es kalt, da im Schatten. Hol sie doch in die Sonne, dupey, wo’s warm ist …«
    »Gut, gut«, sagte Nicker herzlich. »Führt sie in die Sonne, Dupies, und bringt ihnen Futter und Wasser. Sie werden euch dafür lieben.«
    »Ooooh, in Stücke lieben werden sie uns, in Stücke, so groß, wie sie sind.«
    »Lieben, ja, das

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