Das wahre Wesen der Dinge (German Edition)
erfolgreich als Sekretäre verkauft. Es hat mehrere Jahre gedauert, aber schließlich ist es Talbot gelungen, eine Instanz von Andro großziehen, die für jeden arbeitet; VirlFriday hat bereits mehrere Hunderttausend Exemplare verkauft. Es ist der erste Beweis, dass man mit einem Digi tatsächlich Geld verdienen kann, und diverse andere Firmen versuchen, es Talbot gleichzutun.
Eine dieser Firmen heißt Polytope und hat eine groß angelegte Entwicklung zur Erschaffung des nächsten Andros angekündigt. Die Usergruppe hat Kontakt mit der Firmenleitung aufgenommen und ihnen künftige Anteile an den Neuroblast-Digis angeboten: Als Gegenleistung für den Port der Neuroblast-Engine soll Polytope einen Teil des Gewinns erhalten, der mit den Digis erzielt wird. So viel Hoffnung hatte die Gruppe schon seit Monaten nicht mehr, doch der Bescheid der Firma war abschlägig; die einzigen Digis, an denen Polytope interessiert ist, sind die Sophonce-Digis, deren zwanghafte Zielstrebigkeit man braucht, um konventionelle Software zu ersetzen.
Die Usergruppe hat kurz darüber diskutiert, ob man den Port aus eigener Tasche zahlen könnte, doch das ist eindeutig nicht machbar. Deshalb haben einige Mitglieder das Undenkbare erwogen:
VON: Stuart Gust
Ich fange wirklich nicht gern als Erster davon an, aber irgendjemand muss es ja tun. Was haltet ihr davon, die Digis vorübergehend stillzulegen – ungefähr für ein Jahr, bis wir das Geld für den Port zusammenhaben?
VON: Derek Brooks
Du weißt, was passiert, wenn man sein Digi stilllegt. Aus »vorübergehend« wird »auf unbestimmte Zeit« und dann »für immer«.
VON: Ana Alvarado
Ganz meine Meinung. Es passiert so leicht, dass man den Neustart dann ewig aufschiebt. Habt ihr je gehört, dass jemand ein Digi wieder hochgefahren hätte, das länger als sechs Monate im Ruhezustand war? Ich nicht.
VON: Stuart Gust
Wir sind aber nicht wie die Leute, die du meinst. Die haben ihre Digis abgeschaltet, weil sie genug von ihnen hatten. Wir werden die Digis nach der Stilllegung ständig vermissen; es wird uns motivieren, das Geld aufzubringen.
VON: Ana Alvarado
Wenn du wirklich glaubst, es würde deine Motivation steigern, wenn du Zaff stilllegst, nur zu. Mich motiviert es, Jax weiter laufen zu lassen.
Bei ihrer Antwort im Forum ist sich Ana vollkommen sicher, aber als ein paar Tage später Jax selbst das Thema auf den Tisch bringt, wird es schon schwieriger. Die beiden befinden sich auf Erde 2.1 , wo Ana Jax einen neuen Spielkontinent zeigt. Es ist ein Klassiker, einer, der Ana vor ein paar Jahren viel Spaß gemacht hat und dessen Code kürzlich freigegeben wurde, weswegen die Usergruppe ihn für die Digis instanziiert hat. Sie bemüht sich, Jax ihre Begeisterung zu vermitteln, und hebt alles hervor, was den Kontinent von den anderen Spielkontinenten unterscheidet, die den Digis inzwischen langweilig geworden sind, doch Jax sieht darin genau das, was es ist: einen weiteren Versuch, ihn zu beschäftigen, während sie auf den Neuroblast-Port warten.
Als sie über den menschenleeren Platz einer mittelalterlichen Stadt gehen, sagt Jax: »Manchmal ich will einfach im Ruhezustand sein, nicht mehr warten. Neu starten, wenn ich in Weltenraum hinein kann, und mich so fühlen, als wenn keine Zeit vergangen.«
Die Bemerkung trifft Ana gänzlich unvorbereitet. Keines der Digis hat Zugang zu den Foren der Usergruppe, also muss Jax von selbst auf diese Idee gekommen sein. »Willst du das wirklich?«, fragt sie.
»Nicht wirklich. Will wach bleiben, wissen, was passiert. Aber manchmal ich hab keine Lust mehr.« Dann fragt er: »Du dir wünscht manchmal, dass du musst nicht mehr um mich kümmern?«
Bevor sie antwortet, sorgt Ana dafür, dass Jax ihr ins Gesicht schaut. »Wenn ich mich nicht um dich kümmern müsste, wäre mein Leben vielleicht einfacher, aber ich wäre nicht so glücklich. Ich liebe dich, Jax.«
»Liebe dich auch.«
Als er von der Arbeit nach Hause fährt, erhält Derek eine Nachricht von Ana. Sie schreibt, jemand von Polytope habe sie kontaktiert, also ruft er sie an, sobald er zu Hause ist. »Worum ging es denn?«, fragt er.
Ana wirkt etwas durcheinander. »Es war ein ziemlich merkwürdiger Anruf.«
»Inwiefern merkwürdig?«
»Sie bieten mir einen Job an.«
»Wirklich? Als was denn?«
»Als Trainerin für ihre Sophonce-Digis«, sagt sie. »Ich soll die Teamleiterin werden, wegen meiner Berufserfahrung. Sie haben mir ein tolles Gehalt angeboten, mindestens drei Jahre
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