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Das wahre Wesen der Dinge (German Edition)

Das wahre Wesen der Dinge (German Edition)

Titel: Das wahre Wesen der Dinge (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ted Chiang
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wird euch gefallen«, sagt er.
    »Danke, Felix, aber ich würde jetzt gerne selbst weitermachen«, sagt Chase. Felix setzt sich wieder, und Chase richtet das Wort an die Gruppe.
    »Vielen Dank für Ihr Kommen. Wenn ich mit einem potenziellen Geschäftspartner zusammentreffe, spreche ich normalerweise darüber, wie Binary Desire ihm dabei helfen kann, mehr Kunden zu erreichen, aber bei Ihnen werde ich das nicht tun. Ich möchte Ihnen durch dieses Treffen die Sicherheit geben, dass ihre Digis mit Respekt behandelt werden. Wir wollen keine Haustiere, die durch simple operante Konditionierung sexualisiert werden. Wir möchten Wesen, die auf einer höheren, persönlicheren Ebene sexuell aktiv sind.«
    Stuart ruft nach vorn: »Wie wollen Sie das erreichen, wo unsere Digis doch vollkommen asexuell sind?«
    Die Antwort von Chase kommt ohne Zögern. »Durch mindestens zwei Jahre Ausbildung.«
    Ana ist überrascht. »Das ist finanziell ziemlich aufwendig«, sagt sie. »Ich dachte, Sexpuppen würden normalerweise nur ein paar Wochen lang trainiert.«
    »Das liegt daran, dass es sich normalerweise um Sophonce-Digis handelt, und aus denen werden in zwei Jahren auch keine besseren Sexpartner als in zwei Wochen. Ich weiß nicht, ob Sie die Ergebnisse schon kennen, aber falls Sie neugierig sind, verrate ich Ihnen gerne, wo Sie einen Harem voller Draytas in Marilyn-Monroe-Avataren finden, die alle ›Mach’s mir, Baby‹ blöken. Kein schöner Anblick.«
    Wider Willen muss Ana lachen, und andere aus der Gruppe ebenfalls. »Das klingt tatsächlich nicht so toll.«
    »So etwas strebt Binary Desire nicht an. Jeder kann schließlich ein Public-Domain-Digi nehmen und sein Belohnungssystem neu konfigurieren. Wir wollen Sexpartner mit echter Persönlichkeit anbieten und sind bereit, die dafür nötige Arbeit zu investieren.«
    »Was würde denn alles zu Ihrer Ausbildung gehören?«, fragt Helen Costas von hinten.
    »Zunächst einmal sexuelle Erkundung und Erforschung. Wir würden den Digis anatomisch korrekte Avatare geben, und sie würden sich daran gewöhnen, erogene Zonen zu haben. Wir würden die Digis dazu ermutigen, miteinander zu experimentieren, damit sie ein wenig Übung als sexuelle Wesen bekommen und ein psychologisches Geschlecht wählen, mit dem sie sich wohlfühlen. Da der Lernprozess in dieser Phase größtenteils nur mit ihresgleichen stattfindet, sind Zeitabschnitte denkbar, in denen die Digis schneller als in Echtzeit laufen können. Sobald sie erst einmal ein gewisses Maß an Erfahrungen gesammelt haben, binden wir sie an kompatible menschliche Partner.«
    »Was macht Sie so sicher, dass die Digis Bindungen mit bestimmten Menschen eingehen werden?«, fragt Derek.
    »Unsere Entwickler haben sich einige der Digis in den Heimen genau angeschaut; für unsere Zwecke sind sie zu jung, aber sie haben emotionale Bindungen entwickelt, und unsere Designer sind mit ihren Analysen so weit, dass sie glauben, bei älteren Digis ähnliche Bindungen erzeugen zu können. Während das Digi den Menschen kennenlernt, werden wir die emotionale Dimension sowohl der sexuellen als auch der nichtsexuellen Interaktionen verstärken, wodurch bei dem Digi Liebe entsteht.«
    »Also so etwas wie eine Neuroblast-Version von InstantCare«, sagt Ana.
    »So ähnlich«, sagt Chase, »aber effektiver und zielgerichteter, da alles individuell angepasst wird. Für das Digi wird es von spontaner Verliebtheit nicht zu unterscheiden sein.«
    »›Individuell angepasst‹ klingt aber nicht nach etwas, was Ihnen gleich beim ersten Versuch gelingen könnte«, sagt Ana.
    »Nein, natürlich nicht«, sagt Chase. »Wir gehen davon aus, dass es Monate dauern wird, bis ein Digi sich verliebt. In dieser Zeit werden wir mit dem Kunden zusammenarbeiten, das Digi immer wieder auf diverse Sicherungspunkte zurücksetzen und verschiedene Einstellungen ausprobieren, bis die emotionale Bindung gefestigt ist. Es wird wie bei der Zucht sein, die Sie bei Blue Gamma durchgeführt haben, nur dass alles auf den einzelnen Kunden zugeschnitten ist.«
    Ana ist drauf und dran zu sagen, das sei etwas völlig anderes, verkneift es sich aber. Sie muss das Geschäftsangebot dieser Frau nicht diskutieren, sie muss es sich nur anhören. »Ich verstehe, was Sie meinen«, sagt sie.
    Derek sagt: »Selbst wenn es Ihnen gelingt, dass unsere Digis sich verlieben – keines von ihnen wird eine überzeugende Marilyn Monroe abgeben.«
    »Nein, aber das ist auch nicht unser Ziel. Die Avatare, die wir

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