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Das wandernde Feuer

Titel: Das wandernde Feuer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Guy Gavriel Kay
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von Norden nach Süden die hölzerne Schutzwand abschritt, in eben diesem Augenblick war Levon, der Sohn des Aven, dort draußen in der bitteren Kälte auf nächtlicher Wacht am Rande des umfangreichen Zuges nahe dem Lager des dritten Stammes. Und bei ihm war der, welcher zu Navons persönlichem Helden geworden war – obwohl er errötet wäre und es abgestritten hätte, falls ihm von irgendjemandem solche Gedanken unterstellt worden wären. Dennoch, kein Stammesmann, nicht einmal Levon selber, hatte so viele Wölfe zur Strecke gebracht oder so viele Nächte auf der Wacht im Sattel verbracht wie Torc dan Sorcha. Früher hatte man ihn den »Ausgestoßenen« genannt, erinnerte sich Navon, und schüttelte in seiner Meinung nach sehr erwachsenem Unglauben den Kopf. Jetzt nicht mehr. Torcs unberechenbare Gefährlichkeit war inzwischen bei den Stämmen zum geflügelten Wort geworden.
    Oh, sein Stamm hatte dieser Tage einige Helden aufzuweisen, und Navon war entschlossen, sie nicht im Stich zu lassen. Er spähte mit geschärftem Blick gen Süden, ein vierzehnjähriger Wächter, und damit nicht einmal der jüngste.
    Doch ob er nun der jüngste war oder nicht, er war der erste, der den Auberei herangaloppieren sah und hörte, und es war Navon, der Alarm schlug, während der Auberei zum nächsten Lager weiterritt, ohne seinem Pferd Gelegenheit zum Ausruhen zu gönnen.
    Es handelte sich offenbar um einen Überfall von größerem Ausmaß.
    Von allergrößtem Ausmaß, wurde Torc klar, als er die düsteren, fließenden Gestalten der Wölfe sich auf den mächtigen Zug stürzen sah, den der dritte und der siebte Stamm gemeinsam bewachten. Vielmehr zu bewachen versuchten, verbesserte er sich in Gedanken, während er an Levons Seite eilte, um die Befehle des Anführers der Jagd entgegenzunehmen. Dies würde schlimm ausgehen; die Wölfe waren diesmal in voller Stärke aufgetreten. Inmitten des wachsenden Tumults erhob er sich im Sattel und ließ seinen Blick über den Zug schweifen: Die vier Leitelfor waren immer noch an einer bestimmten Stelle angebunden, eine hässliche Sache, aber notwendig, denn wenn dieser enorme vereinte Zug die Flucht ergreifen sollte, würde aus dem Chaos Hoffnungslosigkeit erwachsen. Solange aber die Leittiere stehen blieben, würde der Zug zusammenhalten, und die Eltor hatten Hörner und konnten sich wehren.
    Was sie auch taten, wie er erkennen konnte, als die Spitze des angreifenden Wolfsrudels sie erreichte. Es war eine grauenvolle Szene, das Knurren der Wölfe, die schrillen Schreie der Eltor, die gespenstisch flackernden Fackeln, welche die Reiter durch die Dunkelheit trugen, und dann wieder Eltorblut auf dem Schnee.
    Die Wut drohte Torc den Atem zu nehmen. Während er sich zwang, ruhig zu bleiben, erkannte er, dass am rechten Ausläufer des Zuges zu wenige Männer waren und dass die Wölfe bereits in weitem Bogen darauf zueilten.
    Levon sah es ebenfalls. »Doraid!« rief er dem Jagdführer des siebten Stammes zu. »Nimm die Hälfte deiner Männer mit an die nahe Flanke!«
    Doraid zögerte. »Nein«, widersprach er, »ich habe eine andere Idee. Wie wäre es, wenn wir –«
    Als er so weit gekommen war, musste er feststellen, dass jemand ihn vom Pferd riss und in den Schnee schleuderte. Torc hielt sich nicht damit auf, zu sehen, wohin er gefallen war. »Reiter des siebten Stammes«, überschrie er den Kampfeslärm, »folgt mir!«
    Tabor dan Ivor, der seinem Bruder die Fackel hielt, sah die Jäger des siebten Stammes tatsächlich folgen. Mit stolzgeschwellter Brust, selbst hier inmitten des Gemetzels, freute er sich darüber, wie Torc dan Sorchas Ruhm sie zwang, ihm zu gehorchen. Kein Mann der Ebene empfand trotzigeren Hass gegenüber der Finsternis als der schwarzgekleidete Reiter des dritten Stammes, dessen einziges Zugeständnis an die winterlichen Winde ein Eltorwams über der nackten Brust war. So groß war seine Ausstrahlung, dass ihm sogar die Jäger eines anderen Stammes ohne langes Fragen zu folgen bereit waren.
    Torc erreichte die betreffende Flanke vor den Wölfen, wenn auch nur knapp. Er und die Reiter des siebten Stammes trafen mit wirbelnden Schwertern auf das Wolfsrudel. Sie trennten es in zwei Hälften und machten rasch kehrt, um in die Gegenrichtung vorzustoßen.
    »Cechtar«, befahl Levon, gelassen wie immer. »Führe zwanzig Mann auf der anderen Seite herum. Beschützt an der Flanke die Leitelfor.«
    »Wird gemacht!« rief Cechtar, großspurig wie immer, und raste über den Pulverschnee

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