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Das waren schöne Zeiten

Das waren schöne Zeiten

Titel: Das waren schöne Zeiten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Scott
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blieb. Es war abstoßend, sich vorzustellen, daß wir all das essen würden, und noch schlimmer, daß ich jedes einzelne Stück davon braten oder kochen müßte. Natürlich konnten wir manchmal einen Hammel oder ein Schaf mit einem Nachbarn teilen, und nachdem meine Schwester und ihr Mann die angrenzende Farm erworben hatten, machten wir es immer so. Aber selbst ein halber Hammel ist im Hochsommer für eine junge Frau, die bis dahin lediglich appetitlich vorbereitete Fleischkeulen gesehen hatte, die von einem freundlichen Metzgerlehrling an der Hintertür abgeliefert und dann von jemand anderem gebraten wurden, noch ein Alptraum.
    Und dann war da noch dieser Herd. Wir heizten ihn selbstverständlich mit Holz, weil wir das massenhaft hatten und Kohle nicht nur bezahlt, sondern auch transportiert hätte werden müssen. Es war ausgezeichnetes Holz vom Ratabaum, und Walter sorgte, ganz im Gegensatz zu den meisten Farmern, gewissenhaft dafür, daß genug davon griffbereit war, sowohl für den Herd wie für den offenen Kamin. Ich scheine die einzige Frau in dem ganzen Bezirk gewesen zu sein, die nie mit der Axt zu arbeiten brauchte. Bei der einzigen Gelegenheit, wo ich mich damit versuchte, flog der ungespaltene Klotz über die Hecke und unserem Viehhändler an den Kopf, wodurch vorübergehend ein kleines Mißverständnis entstand.
    Glücklicherweise hatte ich Mrs. Griffiths zur Nachbarin, und sie brachte mir bei, wie man mit diesem Herd umzugehen hatte. Selbstredend hatte man damals von einem Thermometer noch nicht einmal etwas gehört; man schichtete die Scheite aufeinander, zündete an und versuchte zu erraten, wann die Hitze richtig war. Als Mrs. Griffiths ihre Instruktionen, wieviel Hitze man für Fleisch, Brot oder Scones benötigt, beendet hatte, fügte sie noch nachdenklich hinzu: »Ja, diese Herde sind wirklich nicht schlecht, aber...« hier brach sie ab und fuhr dann ein wenig unklar fort, »wenn nur die Ofenrohre nicht wären.«
    Aber die Ofenrohre waren, und wenn ich je einen Job in meinem neuen Leben von Herzen haßte, dann war es das Reinigen der Ofenrohre. Wie vorsichtig ich auch immer vorging, der Ruß schien einfach überall einzusickern: in meine Nase, in jeden Teil meiner Haare, der nicht bedeckt war, auf den Küchenboden und durch jeden Spalt im Wandschrank. Zu dieser Arbeit pflegte ich mich in der Küche einzuschließen — im Winter eingemummt wie zu einer Expedition auf den Nordpol, im Sommer nur mit einem Badeanzug bekleidet — , und wenn dieser miserable Job schließlich beendet war, schrubbte ich alles Erreichbare ab, zuletzt mich selbst.
    »Wo bekommt man hier Brot?« erkundigte ich mich bei Mrs. Griffiths an jenem ersten Tag, da sie mich besuchte, und ihre Antwort jagte mir keinen geringen Schreck ein. »Oh, hier bekommt man keines. Sie müssen es selbst machen. Ich werde Ihnen etwas Hefe herüberschicken, damit Sie anfangen können.«
    Damit ich anfangen konnte! Mir, die ich bisher niemals hausgebackenes Brot gesehen oder gegessen hatte, sagte das gar nichts. Ich gestand es ein bißchen beschämt ein, und sie meinte, ohne das geringste Erstaunen zu zeigen: »Natürlich nicht! Wie sollten Sie auch, wo Sie doch immer in der Stadt leben. Aber ich werde Ihnen zeigen, wie man es macht.« Und das tat sie.
    Ich brauchte einige Zeit, bis ich es lernte, und ein oder zwei Mißerfolge blieben nicht aus. Selbstverständlich war gepreßte Hefe hier nirgendwo erhältlich; wir mußten unsere eigene aus einer Mischung von Hopfen und Kartoffeln und einem >Starter< herstellen — das heißt, mit geliehener Hefe. Mrs. Griffiths überließ mir welche von ihrer und sagte mir, wie ich meine eigene machen konnte. »Dann stellen Sie die Flaschen auf den Kaminsims, wo sie noch ein bißchen Wärme vom Herd abbekommen.«
    Genau das tat ich. In der ersten Nacht wurden wir beide von einem Knall aus dem Schlaf gerissen. Einbrecher! Wahrscheinlich zwei, die sich nun gegenseitig beschossen, war mein erster Gedanke. Walter sprang mit einem unterdrückten Fluch aus dem Bett. Noch bevor er die Kerze anzünden konnte, hörten wir einen zweiten Schuß. Ich umklammerte angstbebend seinen Arm. »Geh nicht! Bitte, geh nicht! Sie haben sich sicher schon gegenseitig erschossen!« stammelte ich hysterisch.
    Er ging in die Küche, doch ein Luftzug löschte die Kerze, bevor er dort eintrat. Als er sich im Dunkeln weitertastete, geriet er mit der Hand in eine klebrige, schmierige Masse, die über den ganzen Herd verteilt war. Er war ein

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