Das waren schöne Zeiten
Resultat war, daß Keith zu seiner Überraschung und Freude ein schönes neues Zaumzeug geschickt bekam. Eine Verwandte von ihm war Abonnentin dieser Zeitung und war >entsetzt über das Risiko, das du einzugehen scheinst<.
Eines dieser Risikos, das die Siedler während der Kriegsjahre eingingen, war, daß sie mir erlaubten, ihre Wollballen nach Oparau zu transportieren, von wo aus dieselben mit dem Motorboot nach Kawhia und von dort mit dem Schiff nach Onehunga gebracht wurden. Meine einzige Verteidigung ist, daß es niemanden sonst gab, der Zeit dafür hatte und daß die Wolle unter allen Umständen weggebracht werden mußte. Es handelte sich dabei wahrlich um ein höchst riskantes Unternehmen sowohl für die Wolle, als auch für die Pferde und für mich. Unser Pferdegeschirr war nicht gerade in einem erstklassigen Zustand, und ich hatte verflixt wenig Übung darin, mit drei Pferden gleichzeitig zu kutschieren. Eine meiner resignierten und unerschrockenen Freundinnen weilte damals gerade bei uns, und ihr fiel es zu, auf der Bremse zu stehen — eine ziemlich ungemütliche Aufgabe, die eine ganze Menge Überredung verlangte.
Wie nicht anders zu erwarten, blieben einige recht gewagte Zwischenfälle nicht aus, doch glücklicherweise kamen wir ohne Unfall davon. Heute wundere ich mich viel mehr über den Mut meiner Freundin als über meine eigene Waghalsigkeit. Für mich war es Notwendigkeit. Für sie bestand keinerlei Veranlassung, Kopf und Kragen zu riskieren, was mehrere Male ernstlich der Fall war. Vor allem fürchtete ich mich immer vor dem Augenblick, wo ich das Fuhrwerk mit der Rückseite vor den Ladeschuppen am Kai stellen mußte, so daß die Wollballen abgeladen werden konnten, denn es war selten jemand da, der uns hätte helfen können. Es fällt mir schwer, ein Auto rückwärts zufahren; aber mit einem Pferdefuhrwerk bin ich völlig verloren. Was immer ich auch damals anstellte, das Fuhrwerk schien jedesmal genau in die entgegengesetzte Richtung zu gehen, die ich anstrebte. Einmal brauchte ich eine halbe Stunde, um es im rechten Winkel zum Schuppen zu plazieren, und ich war schon fast dabei, aufzugeben, als meine Freundin trocken hinwarf: »Du hast eben keinerlei mathematischen Verstand! Ich wette, Professor Segar könnte dir genau darlegen, wie man das Problem löst.«
Irgendwie schaffte ich es dann doch. So war es immer: Wie abenteuerlich es auch manchmal zugehen mochte — am Ende lieferten wir die Wolle jedesmal heil ab.
Schicksalsschläge und Tragödien
Nach den enormen Rückschlägen durch zwei Brandkatastrophen mußte irgend etwas unternommen werden. Irrtümlich, wie er später einsah, dachte Walter, er könnte durch den Aufbau einer kleinen Milchwirtschaft eine gewisse finanzielle Sicherheit für uns erreichen. Sobald er also vorschlug, eine kleine Herde von Milchkühen anzuschaffen, wußte ich, daß die Situation bedenklich angespannt sein mußte, weil Walter wie viele Schaffarmer eine tief eingewurzelte Abneigung gegen Kühe und Melken hegt. Obwohl er recht gut mit unseren Hauskühen umzugehen verstand, hatte er sich immer geweigert, mir das Melken beizubringen, weil er die Ansicht vertrat, daß eine Frau, wenn sie erst einmal melken konnte, nur zu oft die ganze Arbeit aufgeladen bekommt. Nun aber, wo ich das Problem einer Milchwirtschaft auf uns zukommen sah, entschied ich, daß ich wenigstens in der Lage sein mußte, einzuspringen, wenn es nötig sein sollte. Die meisten Frauen in der Umgebung konnten melken; dann mußte ich doch schließlich auch fähig sein, es zu lernen.
Zu Walter sagte ich kein Wort; doch eines Abends, als er sich verspätete, holte ich mir zwei Hauskühe von der Weide und machte mich zitternd ans Werk. Erst jetzt wurde mir klar, daß mich Kühe nervös machten. Ausgerechnet mich, die ich niemals Angst vor Rindern gehabt hatte und oft beim Ausmustern oder im Gehege geholfen hatte! Aber sich mit einer Kuh auf einem kleinen abgeschlossenen Platz zu befinden, während einen das Vieh boshaft aus den Augenwinkeln mustert, ist eine ganz andere Sache. Gleichgültig wie, es mußte eben gemacht werden. Nachdem ich der Kuh die Beine zusammengebunden hatte, stellte ich den Eimer an die Stelle, welche ich für die richtige hielt, und ging an die Arbeit. Ein armseliges Getröpfel belohnte meine Anstrengung, und dann versetzte die Kuh dem Eimer einen genau berechneten Stoß, so daß er in meinen Schoß kippte.
Etwas stimmte nicht! Diese hier war eine friedfertige Kuh.
Ich
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