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Das waren schöne Zeiten

Das waren schöne Zeiten

Titel: Das waren schöne Zeiten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Scott
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verkaufen und es, bitte, auch gleich schlachten? Die Löwen würden ihm unendlich dankbar sein!
    Selbstverständlich tat er es, und wir freundeten uns mit den Zirkusleuten an. Der Besitzer hatte eine kleine Tochter, die nur zu froh war, die Nacht mit unseren Kindern im Haus zu verbringen, statt im Wohnwagen. Sie erwiderte die Gastfreundlichkeit, indem sie den Kindern beibrachte, wie man einen Salto rückwärts schlägt, und ihnen ein paar Schlangenmenschen-Tricks zeigte. Am Morgen fragte der Besitzer schüchtern an, ob sich die Löwenjungen ein bißchen auf der Koppel tummeln dürften, >um ihre Beine auszustrecken<. Sie waren den ganzen vorherigen Tag eingeschlossen gewesen, und nun wurden sie unruhig. Es waren vier zauberhafte kleine Kreaturen, nicht viel größer als ein Neufundlandjunges, und sehr lieb und verspielt. Für uns war es ein merkwürdiges Erlebnis, in der Nacht schlafen zu gehen, während draußen vor dem Haus Löwen brüllten, und am anderen Morgen mit Löwenjungen auf unserer Pferdekoppel zu spielen. Unsere Kinder waren außer sich vor Begeisterung über die kleinen Löwen; doch die ganze Episode war so fremdartig, daß ich es Marguerita Mulgan nicht übelnehmen konnte, als sie zu mir sagte, nachdem ich ihr davon erzählte: »Mary, das hast du erfunden!«
    Bevor der Melkschuppen fertiggestellt war, und während wir immer noch mit der Hand molken, kam Walter s Schwester, um uns zu besuchen und gleichzeitig zu überreden, sie die Kinder mitnehmen zu lassen, bis das Leben wieder ein bißchen leichter für uns sein würde. Keiner von uns war mit dieser Idee einverstanden. Sie waren noch zu klein, um von ihren Eltern, ihrem Heim und ihrer geliebten Großmutter getrennt zu werden. Was uns dann aber doch umstimmte war, daß wir eines Morgens unseren noch nicht ganz zweijährigen Sohn im Gehege fanden, wie er mit seinen bloßen Füßchen nach dem riesigen Kurzhorn-Stier stieß. Der Bulle lag am Boden, und unser Junge dachte wohl, es wäre lustig, ihm auf den Rücken zu klettern. Normalerweise war der Bulle alles andere als sanft, aber Tiere verhalten sich Kindern gegenüber meist nachsichtig, weshalb es dieses Mal noch gut ausging.
    Er hatte es fertiggebracht, sich aus dem Haus zu stehlen, und das würde sicherlich nicht das letztemal sein. Kurz zuvor hatte er uns einen noch haarsträubenderen Schock eingejagt. Wir hatten ein überdurchschnittlich kräftiges Zugpferd, das leider extrem launisch war. Es würde, wie Walter es ausdrückte, >jedem die Zähne aus dem Mund schlagen<, weshalb wir alle höchst vorsichtig damit umgingen. Man kann sich unser Entsetzen vorstellen, als wir eines Tages aus dem Haus kamen und Stuart unter dem angebundenen Pferd sitzen sahen, zärtlich seine Ärmchen um das eine Hinterbein geschlungen. Was sollten wir tun? Wenn wir näher herangingen, würde es garantiert ausschlagen. Mühsam seine Stimme beherrschend, lud Walter seinen Sohn freundlich zu einem gemeinsamen Ritt ein. Die Verlockung wirkte; das Kind kroch unverletzt unter dem Pferd hervor.
    Es ließ sich nicht leugnen, so wie die Dinge lagen, hatten wir einfach keine Zeit, uns genügend um die Kinder zu kümmern. Deshalb stimmten wir schließlich schweren Herzens dem Vorschlag meiner Schwägerin zu. Sie war die Frau eines Arztes, kinderlos und liebte kleine Kinder sehr. Außerdem hatte sie, schon in der Hoffnung, unsere kleine Familie zu kidnappen, eine junge Nichte von sich mitgebracht. Es war ein herzzerreißender Abschied, dieser erste von vielen; denn das ist der schlimmste Nachteil eines Lebens im Busch, daß man sich immer wieder von seinen Kindern trennen muß. Ich fuhr sie alle nach Te Awamutu und brachte sie zum Bahnhof. Keines der Kinder hatte jemals zuvor einen Zug gesehen, und beide waren entschlossen, ihre Mutter nicht aus den Augen zu lassen. Mein letzter Blick, als der Zug abfuhr, fiel auf zwei heftig kämpfende Babys, die alles daransetzten, sich aus den Armen ihrer Betreuerinnen zu winden und ihre Mutter zu erreichen. Den ganzen Weg zurück in die Stadt gellten mir noch ihre Schreie in den Ohren. Ich weinte bitterlich im Dunkeln und haßte in diesen Stunden sogar mein selbstgewähltes Leben.
    Sie blieben drei Monate weg, zuerst bei ihrer Tante in Wanganui, und später mit der Mutter meines Mannes in Gisborne. Bis dahin waren wir organisiert: Der Melkschuppen war fertig, die Melkmaschinen waren installiert und Walter hatte nun einen Jungen, der ihm bei der Arbeit half. Ich fuhr nach Napier hinunter, so voller

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