Das waren schöne Zeiten
erwartet.«
Manchmal fragten wir uns besorgt, ob wir vielleicht doch nicht zuviel von unseren Kindern verlangten, ganz besonders von dem einzigen Jungen. Wie dem auch gewesen sein mochte, sie sahen nicht aus, als erdrückte sie die Verantwortung, und sie hatten eine Menge Spaß; die Sorte Spaß, welche heutzutage den meisten Kindern nicht vergönnt ist — reiten, soviel und wohin sie wollten, schwimmen im Ngutunui trotz der Aale, oder auch ein temperamentvolles Pony vor den Schlitten spannen, das es fertigbrachte, mit einem glatten Sprung über das Gatter im Hof zu setzen, was dem Schlitten keineswegs bekam.
Sie lieferten all die Streiche, zu denen normale Kinder berechtigt sind; aber sie halfen auch brav bei der Arbeit. Der Ritt in die Schule blieb immer ein Vergnügen für sie. Nur eine Nachbarin bemerkte bedauernd zu mir: »Seit Ihre Kinder dort hinkommen, ist es schlimm. Die ganze Zeit veranstalten sie Rennen, weshalb es nun dauernd irgendwelche Unfälle gibt. Vorher hatten wir nie welche...« Meine Älteste brach sich den Arm, als ihr galoppierendes Pony mit dem Bein in eine Wurzel geriet; meine dreijährige Tochter, die hinter ihrer Schwester auf dem Pony saß, fiel herunter, als dieses über einen Graben sprang, und brach sich das Schlüsselbein. Es war dauernd etwas los; aber solange es sich um kleinere Unfälle handelte, nahmen wir es alle nicht wichtig. Sie waren muntere, gesunde Kinder, die den Erwachsenen soviel wie möglich auszuweichen verstanden und sich mit sich selbst zu beschäftigen wußten.
Doch ein Verg nügen war ihnen unbekannt geblieben: Sie hatten nie Ferien am Meer erlebt. Es war ein Jahr nach unserer Umsiedlung, daß wir durch eine ehemalige Schulfreundin von mir, die in Kuiti lebte, Te Maika entdeckten. »Komm doch mit den Kindern hin, wenn wir auch dort sind«, drängte sie mich.
»Es ist ein himmlischer Platz, ganz anders als irgendwo sonst. Versuch es doch mal!«
Das verlangte ernsthaftes Überlegen. Da war zuerst einmal die Miete für das Sommerhäuschen, unglaublich billig für heutige Verhältnisse; ich glaube zwei Pfund in der Woche. Dann mußte man die Schwierigkeit bedenken, mit dem Motorboot den Hafen zu überqueren, und schließlich noch die notwendigen Vorbereitungen für eine Familie mit vier kleinen Kindern, die an einem vollkommen abgelegenen Ort zwei Wochen Ferien machen wollte. Aber ich hatte Sehnsucht nach dem Meer. Nach meinen Jugendjahren in Napier und Auckland hatte ich mich nie ganz damit abfinden können, so weit entfernt davon zu leben, und nun auf der Ngutunui-Farm hatten wir nicht einmal diesen Blick aus der Ferne auf den Hafen. Nichts als Berge und Busch. Manchmal konnte ich es den Frauen, die an Buschkrankheit litten, wirklich nachfühlen. Das ewige Grün kann einem schon gelegentlich auf die Nerven gehen.
Walter hingegen fühlte keinerlei Verlangen nach dem Meer. Kurioserweise behauptete er sogar, daß er es nicht mochte; und obwohl ich das für eine Übertreibung hielt, ist es wahr, daß er nie bedauerte, so weit davon entfernt zu sein. Dennoch gelang es uns manchmal, ihn zu überreden mitzukommen. Wir besprachen die Möglichkeit solcher Ferien und kamen zu dem Entschluß, es einmal mit Te Maika zu versuchen. Damit begann eine Reihe von jährlich wiederkehrenden Campingtagen, die, obgleich anstrengend für die Erwachsenen, heute zu den schönsten Erinnerungen zählen.
Te Maika ist eine winzige Siedlung auf der gegenüberliegenden Hafenseite von Kawhia, die an der äußersten Spitze der Halbinsel liegt. In der Hafenbucht ist das Wasser wunderbar still, doch jenseits der Dünen brandet der offene Ozean. Als wir Te Maika zum erstenmal besuchten, bestand es lediglich aus Mrs. Gibbons’ Kramladen und Postamt, ihrem Haus und drei Sommerhäuschen, die sie während der Feriensaison vermietete.
Für Kinder war es ein idealer Ort. Keinerlei gesellschaftliche Verpflichtungen, keinerlei Notwendigkeit, sich fein anzuziehen, völlige Freiheit für jeden. Hin und wieder brachte das Motorboot eine Picknickgesellschaft für einen Tag hierher. Ansonsten waren nur die Maori-Farmer zu sehen, die ihren Rahm aus dem Landesinneren zum Motorboot brachten, um ihn wegzuschicken und ihre Lebensmittel in Mrs. Gibbons Laden einzukaufen. Vielleicht wohnten noch ein oder zwei andere Familien in den Sommerhäuschen; aber das war schon alles. Das Baden in der stillen Hafenbucht war wunderbar und völlig ungefährlich; am offenen Strand gab es eine herrliche Brandung zur Zeit der
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