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Das Washington-Dekret: Thriller (German Edition)

Das Washington-Dekret: Thriller (German Edition)

Titel: Das Washington-Dekret: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jussi Adler-Olsen
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gesagt hat, bevor er starb?«, fragte Kennedy, als Dody ihm Handschellen anlegte. »Er hat gesagt: ›Der Teufel soll meinen Sohn holen. Er ist an allem schuld.‹« Dann versetzte Kennedy der Leiche noch einen Tritt, bevor Dody ihn wegzog.
    »Dich soll der Teufel holen, Leo!«, schrie Kennedy auf seinem Weg zum Streifenwagen. »Du hast meinen Bruder umgebracht! Oder war daran etwa auch dein Sohn schuld?«
    T. ließ einen Moment den Blick über den Hof schweifen. Warum hatte Leo das über seinen Sohn gesagt? Er schüttelte den Kopf. Er würde es wohl nie erfahren. Er sah zu Jonathan Kennedy, der Dody und den anderen Beamten widerstandslos folgte. Er würde bestimmt ein mildes Urteil bekommen.
    T. durchsuchte die Überreste von Mulligans Wohnzimmer. Man hatte ihm vorgeworfen, er habe aus einer der Nachbarscheunen Saatgut gestohlen. Leo hatte das abgestritten und die Schrotflinte auf die Beamten gerichtet. Es hatte einen Schusswechsel gegeben, Leo war ins Haus geflüchtet, und das war’s gewesen. Allem Anschein nach befanden sich weder in den Außengebäuden noch hier Säcke mit Saatgut.
    Er seufzte. Leo Mulligan hatte kein leichtes Leben gehabt. Seine Frau hatte für seinen Geschmack mit zu vielen anderen Männern geflirtet, und irgendwann brannten bei ihm die Sicherungen durch, und er brachte sie um. Als er dann in der Psychiatrie saß, hatte er die Polizei angefleht, seinen Sohn zu suchen und für ihn zu sorgen. Und als man den Jungen schließlich fand, musste Leo sich damit abfinden, dass er zur Adoption freigegeben wurde. Er sah seinen Sohn nie wieder, und als er über dreißig Jahre später aus der Sicherungsverwahrung entlassen wurde, beschuldigte man ihn wenige Monate später eines Vergehens, das er – soweit T. Perkins das beurteilen konnte – nicht begangen hatte. Und jetzt lag er tot unter dem Schornstein, den er einst zusammen mit T. Perkins’ Schwager aufgemauert hatte. Ein vergeudetes Leben.
    In Leos Schlafzimmer stand jetzt zwar ein Grabenbagger, und die Kugeln aus Gonzales Arredondos Dienstwaffe hatten überall Löcher hinterlassen, aber unter der Schicht aus Staub und Holzsplittern war das Wohnzimmer immer noch als liebevoll eingerichteter Raum zu erkennen – als habe bis zum Schluss eine Frau mit einem Sinn für Ordnung und Gemütlichkeit dort gelebt. Auf dem Esstisch lag eine Spitzendecke,darauf hatte eine Glasvase mit frischen Blumen gestanden, die nun über den ganzen Tisch verteilt waren. Alles sah genauso aus wie vor zweiunddreißig Jahren, als sie ihm die Handschellen anlegten.
    T. Perkins betrachtete die Bilder, die über dem Sessel an der Wand hingen, und strich mit dem Finger über die Kupferkannen, die aus dem Regal gefallen waren. Alles noch genau so wie damals, wenn T. sich richtig erinnerte. Als hätte das Haus nur darauf gewartet, dass Leo Mulligan zurückkehrte und es aus seinem Dornröschenschlaf weckte.
    Ein paar gerahmte Fotos waren heruntergefallen. T. Perkins hob sie auf. Auf dem ersten war eine junge Familie zu sehen. Ganz dicht standen die drei beieinander. Leos Frau war bildschön gewesen, kein Wunder, dass andere Männer um ihre Gunst gebuhlt hatten. Der Junge an ihrer Seite war zart, sein Blick sanft, T. Perkins schätzte ihn auf elf oder zwölf Jahre. Das Foto war also nur wenige Jahre vor dem Mord an Leos Frau entstanden und damit nur wenige Jahre, bevor der Junge weggelaufen war und als Gigolo vom Geld vernachlässigter Ehefrauen gelebt hatte. Aber er war ja gefunden worden und hatte in einer neuen Familie unter anderem Namen ein hoffentlich besseres Leben angefangen. Inwiefern also sollte der Junge an irgendwelchen heutigen Ereignissen schuld sein?
    Perkins drehte das zweite Foto um und bekam eine Gänsehaut. Der Junge war nun etwas älter. Jemand hatte ihm einen schwarzen Balken über die Augen gemalt. So hatte man ihn auch auf dem nächsten Foto verunstaltet, da mochte der Junge wohl fünfzehn gewesen sei, also nicht lange, bevor sein Vater seine Mutter umgebracht hatte. T. schüttelte den Kopf und kratzte mit dem Fingernagel die schwarze Farbe vom Glas.
    Die Augen des Jungen kamen zum Vorschein, und T. erstarrte. Unfassbar. Diese Augen – es fehlten nur ein paar Fältchen, und schon war das Bild komplett, das Bild des Jungen, gut dreißig Jahre älter … T. hielt die Luft an. »O Gott«, sagte erleise. Er hatte es ja gewusst. Die ganze Zeit hatte er gewusst, dass er etwas wusste, aber er war einfach nicht draufgekommen. Bis jetzt.
    Er stellte den Rahmen auf den

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