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Das Washington-Dekret: Thriller (German Edition)

Das Washington-Dekret: Thriller (German Edition)

Titel: Das Washington-Dekret: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jussi Adler-Olsen
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wartet man auf Sie.«

36
    Alles war genauso gelaufen, wie Rosalie und ihre Jungs es erwartet hatten. Kaum hörte Ollie Boyce Henson von der Belohnung, die auf die Ergreifung von Doggie Rogers ausgesetzt war, plauderte er auch schon alles aus, und die Jagd ging los.
    Während der Milchwagen mit der meistgesuchten Frau des Landes im Stahltank nach Süden brummte, wurde Rosalies ältester Sohn James Lee junior auf dem Revier vorstellig und erzählte, wie Doggie Rogers bei ihnen hatte unterschlüpfen wollen und wie er, sein Bruder und seine Mutter leider vergeblich versucht hatten, sie festzuhalten.
    Blitzschnell sei sie die Feuertreppe hinuntergeklettert, in einen beigefarbenen Galaxy gestiegen – und weg gewesen. James habe den Menschen auf der Straße vom Fenster her zugerufen, sie sollten sie aufhalten, aber der Wagen sei mit Vollgas Richtung White Plains gebraust und habe sie alle abgehängt. Dafür gebe es Zeugen. Dann erzählte er, das Kennzeichen sei völlig verdreckt und darum unleserlich gewesen, der Wagen habe aber auf der Kühlerhaube schwarze Rallyestreifen und sei im Übrigen so top gepflegt und getunet, dass man ihn leicht finden würde.
    Als er mit seiner Aussage fertig war, stellte er seinen Anspruch auf die Belohnung klar, falls sie die Gesuchte jetzt fänden. War ja nicht sein Problem, dass man die Belohnung bereits Ollie Boyce Henson versprochen hatte.
    So weit hätte also eigentlich alles in Ordnung sein sollen, aber Rosalie konnte in der folgenden Nacht keine Ruhe finden.
    Noch vor zwei Tagen hatten im Nebenzimmer ihre drei Söhne gelegen, und jetzt war einer von ihnen tot. Die Trauer um ihn und die Angst, auch die anderen beiden zu verlieren, raubten ihr den Schlaf. Weinen konnte sie trotzdem nicht.
    Irgendwann musste sie doch eingeschlafen sein, denn ihre Nachbarin Annabelle Morrison weckte sie frühmorgens und erzählte, die Gerüchteküche sei am Brodeln. Zuerst hatte ein Piratensender gemeldet, regierungsnahe Sicherheitsleute hätten Tom Jumpers Sender geortet und Jumper daraufhin auf einer Nebenstrecke nördlich von Front Royal in Virginia getötet. Im Kielwasser dieser schockierenden Nachricht war es überall im Land zu heftigen Protesten gekommen. Etwas später am selben Morgen hatte derselbe Piratensender dann von einer Überfallserie auf Filialen von Jansen’s Drugstores berichtet. Rosalies Nachbarin erzählte entzückt, die Angriffe auf Jansens Familienunternehmen hätten sich zu einem Flächenbrand entwickelt, und nun brenne es auch in der Bronx! Das ganze Viertel sei bereits auf den Beinen, um den Laden in der Harding Avenue zu plündern.
    Rosalie bat Annabelle, etwas leiser zu sprechen. Sie wollte nicht, dass Dennis und James von den Plünderungen hörten und sich den Menschen womöglich anschlossen.
    Annabelle machte sich mit leeren Plastiktüten auf den Weg, und wenige Minuten später standen Rosalies Jungs leicht verschlafen in der Küche. Sie hatten ein untrügliches Gespür dafür, wenn sie irgendwo schnell an Geld kommen konnten.
    Wortlos verließen sie die Wohnung, und Rosalie blieb allein zurück. Sie fühlte sich wie eine Geisel in Isolationshaft. Sie suchte Trost und Geborgenheit im Gebet. Doch jedes Mal, wenn auf der Straße jemand schrie, zuckte sie zusammen.
    So saß sie mindestens zwei Stunden, bis wieder Ruhe im Viertel einkehrte. Ihre Jungs waren noch nicht wieder zu Hause.
    »Lieber Herr Jesus, bitte mach, dass ihnen nichts passiert ist!« Wie sollte sie weiterleben, wenn noch einer ihrer Söhne ums Leben gekommen war? Langsam erhob sie sich und blickte aus dem Fenster.
    Vor ihrer Haustür hielt ein Auto, zwei Weiße stiegen aus. In ihren schwarzen Anzügen hätten sie glatt als Bestatter durchgehen können. Gleich würden sie bei ihr klingeln, mit Grabesmienen vor ihrer Tür stehen und ihr schreckliche Dinge mitteilen. Bereits nach dem ersten Klingeln öffnete sie die Tür und nickte den beiden Männern zu, ohne sie anzusehen.
    »Spucken Sie’s aus«, sagte sie ganz ruhig, den Blick auf den Fußabtreter gerichtet. »Beide? Schlimm? Sagen Sie schon.«
    »Mrs. Lee, wir haben einen Durchsuchungsbeschluss.« Der Kleinere der beiden hielt ihr einen Schrieb vor die Nase.
    Sie versuchte, ihre Nervosität zu unterdrücken.
    »Gestern hat sich eine gesuchte Person in Ihrer Wohnung aufgehalten. Doggie Rogers«, fügte der Größere erklärend hinzu.
    Sie nickte. War das alles? »Ja, das stimmt. Aber das haben wir auch schon längst zu Protokoll gegeben. Sie ist über die

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