Das Washington-Dekret: Thriller (German Edition)
einer meiner Kollegen in Richmond. Er hat mir vom Verhör Ihrer Schwester berichtet, Mrs. Lee.«
Rosalie ließ die Schultern sinken. O nein. Nicht das auch noch.
»Wir wissen alles. Ihre Schwester ist eine starke Frau, sagt mein Kollege, aber sie hat jetzt trotzdem alles erzählt.«
»Sie hat von nichts gewusst! Wirklich! Ich schwöre es!« Sie sah zu Dennis, der sich noch immer seinen Brustkorb rieb. »Und meine Jungs haben mit der ganzen Sache auch nichts zu tun. Ich habe Doggie zu meiner Schwester geschickt. Doggie hat mich um Hilfe gebeten, und ich hatte keine Ahnung, was sie getan hat. Ich weiß es ja immer noch nicht! Verraten Sie es mir! Meine Schwester hat jedenfalls von alldem nichts gewusst, glauben Sie mir.«
»Das Telefon Ihrer Schwester hat die letzten vierundzwanzig Stunden nicht funktioniert. Die Milizen haben sämtliche Kabel gekappt. Wir wissen, dass Ihre Schwester nicht darüber informiert war, dass Doggie Rogers auf dem Weg zu ihr war. Wir wissen in etwa auch, wie Miss Rogers dorthin gekommen ist, und wir wissen, dass ihr Handy heute Morgen eingeschaltet wurde. Im Wohnzimmer Ihrer Schwester gab es Kampfspuren, die Ihrer Schwester zufolge von einem Milizionär stammen. Der Milizionär ist weg – und Doggie Rogers auch. Hatte sie irgendetwas mit diesem Milizionär zu tun, Mrs. Lee? Was wissen Sie darüber?«
»Ich bin mir ganz sicher, dass sie nichts mit ihm zu tun hatte. So eine ist sie nicht.«
Die Blicke der beiden Männer waren kalt.
»Wir müssen Sie und Ihre Söhne bitten, auf keinen Fall die Stadt zu verlassen«, sagte Jeff dann. »Wir werden Sie später noch einmal bitten, als Zeugen auszusagen.«
»Was ist jetzt mit Doggie Rogers? Haben Sie sie festgenommen?«
»Kein Kommentar.«
Rosalie sah sie an und nickte. Wäre sie bereits festgenommen, hätten sie es ihr gesagt. Aber man war ihr sicher schon dicht auf den Fersen.
Jetzt wollte sie nichts weiter, als dass die beiden Männer verschwanden. Sobald sie zur Tür hinaus waren, würde Rosalie Doggie anrufen und warnen. War ihr doch egal, dass man ihr das würde nachweisen können. Was konnten sie ihr schon anhaben?
Die Fahnder packten alles, was sie in der Wohnung gefunden hatten, ein und gingen ins Treppenhaus.
Dann drehte sich der eine noch einmal um. »Eins noch, Mrs. Lee. Sollten sich T. Perkins oder John Bugatti bei Ihnen melden, dann müssen Sie das Gespräch schön in die Länge ziehen, verstanden? Wir werden Ihr eigenes Vergehen und das Ihrer Söhne sehr großzügig behandeln, wenn wir merken, dass Sie Ihr Bestes tun und mit uns kooperieren. Haben Sie verstanden?«
Sie nickte.
»Und noch etwas, Mrs. Lee: Sollten Sie mit dem Gedanken spielen, Doggie Rogers anzurufen und zu warnen – vergessen Sie’s. Miss Rogers hat ihr Handy bereits vor Stunden ausgeschaltet.«
37
Der Fahrer setzte Doggie in einer Nebenstraße kurz vor der Brücke nach Theodore Roosevelt Island und in die City ab. Es war gegen zehn Uhr am Sonntagvormittag, aber dunkel wie spät am Abend, weil es in Strömen goss.
»Wegen der Straßensperren kann ich Sie nicht näher zum Zentrum bringen. Aber Sie müssen nur über die Brücke gehen und dann immer geradeaus die Constitution Avenue hinunter. Das schaffen Sie locker, schließlich kennen Sie ja den Weg.«
Der Fahrer des Milchtransporters gab ihr einen blauen Plastikregenmantel, der zusammengerollt in eine Jackentasche passte. Doggie zog ihn an und stülpte sich die Kapuze über den Kopf. »Was ist mit dem Toten im Tank, wie wollen Sie den loswerden?«
Er verzog das Gesicht zu einem Lächeln. »Das lassen Sie mal meine Sorge sein.« Er öffnete seine Geldbörse, die er dem Toten wieder abgenommen hatte. »Hier. Das ist Ihres.« Er gab ihr tausendachthundert Dollar und behielt den Rest. Genau wie abgesprochen.
Doggie steckte sich das Geld in die hintere Hosentasche.
»Und das hier gehört mir auch nicht.« Er zog die beiden Zeichnungen, die der Milizionär in der Brusttasche aufbewahrt hatte, aus seiner Geldbörse und gab sie ihr.
Sie schaute kurz drauf: zwei verwischte Skizzen einer Säule mit einigen Kurven davor. Sagte ihr überhaupt nichts.
»Meine sind’s nicht«, entgegnete sie, faltete sie zusammen und steckte sie in die Plastiktüte.
»Pass auf dich auf, Lady«, waren seine letzten Worte, dannholperte das Milchauto wieder Richtung Norden. Die Reifen ließen das Regenwasser nur so zur Seite spritzen.
Einfach geradeaus die Constitution Avenue hinuntergehen, hatte er gesagt. Das war aber gar
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