Das Washington-Dekret: Thriller (German Edition)
sie ließ sich einfach auf den Boden fallen. »Ich muss bloß pinkeln. Lass mich da rein und danach verdrück ich mich ohne Stress, okay? Du kannst mich ja holen, wenn ich wieder rauskomme.«
Er ließ sie los. »Und jetzt?«, fragte er in seine Armbeuge. Er nickte ein paar Mal. »Ja, wir observieren den Mann noch. Er sucht nach ihr. Ja, okay.«
Er sah zu ihr hinunter. »Wenn du fertig bist, verschwindest du von hier, klar?« Seine Aufmerksamkeit war schon auf anderes gerichtet.
Auf dem Weg zur Rolltreppe spürte sie die Blicke der anderen Menschen, die sie auf sich zog. Und sie hätte wetten können, dass jeder zweite hier mit einem Mikrofon in der Manschette und einem Hörer im Ohr ausgestattet war.
Sie entdeckte T., als sie sich genau zwischen zwei Etagen auf der Rolltreppe befand. Suchend sah er sich um. Sein Blick streifte sie, und Doggie hob vorsichtig die Hand. Aber er drehte sich um und sah zum Schaufenster. Verdammt, er hatte sie nicht erkannt! Aber Hauptsache, er hatte jetzt Geduld. So konnte sie keinen Kontakt zu ihm aufnehmen, so viel war sicher. »Wir observieren den Mann«, hatten sie gesagt.
Im ersten Stock stürzte sie an den Regalen mit DVDs vorbei zu den Toiletten. Sie musste tatsächlich. Hätte der Kerl sie mit in seinen Wagen geschleppt, hätte sie ihre Ankündigung womöglich wahr gemacht.
Hinter der Schwingtür stieß sie mit einer Frau zusammen, die sich vor dem Spiegel die Hände abtrocknete. Eine elegante Dame, wie alle möglichen anderen Kunden bei Barnes & Noble, wenn man von ihrer ID-Karte mit dem FBI-Stempel absah, die im Hosenbund steckte.
Sie waren überall.
Doggie warf im Vorbeirennen einen Blick auf ihr Spiegelbild. Kein Wunder, dass niemand sie erkannte – das ging ihr ja kaum anders. Was für ein Anblick! Sie fühlte sich wie eine Ratte, die man in die Enge getrieben hatte. Und so fühlte sie sich auch.
Sie setzte sich in eine der Kabinen. Die nächsten zehn Minuten würden zeigen, ob sie mit ihrem Vorhaben Erfolg hatte. Zehn lebenswichtige Minuten. Wenn sie festgenommen wurde, würde sie in Teufels Küche kommen. Aber irgendwie würde sie es schon schaffen. Nur für ihren Vater wäre damit der Kampf zu Ende. Deshalb musste sie unbedingt weiter, und sie musste unbedingt ins Weiße Haus, das war die nächste Hürde.
Während sie dort saß, wusste sie urplötzlich, wie sie vorgehen musste. Es war so einfach. Aber dafür musste sie unbedingt T. aus dem Laden herausholen. Ohne ihn ging es nicht.
Sie betupfte sich mit dem Toilettenpapier das Gesicht und achtete sorgfältig darauf, den verschmierten Eyeliner nicht wegzuwischen.
»Ja«, war die Stimme der Frau draußen gedämpft zu hören, »ja, sie ist noch auf der Toilette. Ja, ich werde sie im Auge behalten. Nein, sonst nichts. Ja, ich bin bereit.«
Bist du nicht, du Schnepfe! Doggie zog die klatschnasse Hose hoch und nahm hundert Dollar aus der Hosentasche.
Sie verließ die Toilette, ohne die Frau eines Blickes zu würdigen, und hinterließ eine nasse Spur auf dem Weg zum Café am anderen Ende des Raums, wo sie sich an der Theke eine Tasse Tee bestellte. Die Kellnerin musterte sie zuerst von oben bis unten, schließlich zögerte sie auch noch beim Anblick der Hundertdollarnote. »Geben Sie mir auch das Sandwich da.«
Sie trank ein paar Schlucke und spürte im Rücken wieder die Blicke. Nach einigen wenigen Bissen verließ sie das Café. Auf dem Weg zur Rolltreppe kaufte sie ein Kinderbuch, unddie ganze Zeit, auch beim Hinunterfahren, versuchte sie den Sheriff irgendwo zu entdecken.
Aber T. war wie vom Erdboden verschluckt. Nach einem Blick auf die Uhr stieg langsam Panik in ihr auf. Es war nicht einmal zehn nach zwölf. Er konnte doch nicht schon das Geschäft verlassen haben. Verdammt, doch nicht so schnell!
Sie steuerte auf die Kasse zu und sah sich ruhig in alle Richtungen um. Er war nicht da.
Sie nahm noch ein Buch aus einem Regal und blätterte darin, während das Personal aufpasste, dass sie das Buch nicht beschmutzte. Nicht mehr lange, dann würde eine der Verkäuferinnen auf sie zukommen und sie aus dem Laden geleiten, das war mal sicher.
Direkt hinter ihr stand ein Agent und ließ den Blick durch das Geschäft wandern, vor ihr stand ein anderer und sah nach draußen. Die Frau aus der Toilette lehnte jetzt am Geländer und spähte zum Eingang. Alle waren in Habachtstellung, und sie stand wie eine Vogelscheuche mitten zwischen ihnen, für alle sichtbar und doch unerkannt.
Bitte, T. Bitte komm! Sie stellte
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