Das Washington-Dekret: Thriller (German Edition)
tragischsten Ereignisse in der Geschichte unseres Landes. Auf dem Höhepunkt seines Lebens verliert Senator Bruce Jansen seine Frau und sein Kind. Von einer Sekunde zur nächsten stürzt seine Welt ein. Wir sind Zeugen einer nie dagewesenen Tragödie.«
Die landesweite Hochrechnung kam eine halbe Stunde später. Senator Jansen war wie erwartet mit überwältigender Mehrheit zum nächsten Präsidenten der USA gewählt worden. Dieser Moment hätte der Triumph seines Lebens sein sollen, doch jetzt wusste niemand, wo er sich überhaupt befand. Im Krankenhaus bei seiner Frau und seinem Kind vermuteten ihn die einen, auf seinem Landsitz in Onancock die anderen. Jedenfalls war er verschwunden.
Erst gegen zwei Uhr nachts trat Thomas Sunderland vor die Kamera und teilte dem amerikanischen Volk mit, der zukünftige Präsident befinde sich bei guter Gesundheit. Ihn habe keine der Kugeln getroffen, aber er wolle abwarten, bis er sich nach dem großen Schock etwas gefasst habe, bevor er mit einer Erklärung vor die Öffentlichkeit trete. Anschließend dankte Wahlkampfleiter Sunderland dem amerikanischen Volk für die Unterstützung und verneigte sich vor Mimi Todd Jansen und dem toten Kind.
Trotz des späten Sendeplatzes erreichte diese Fernsehsendung die höchste Einschaltquote, die es je gegeben hatte.
Bugatti war todmüde, weshalb er auf den letzten Beitrag, den ihm der Producer zum Abschluss übertragen hatte, gut hätte verzichten können. Trotzdem nickte er freundlich in die Kamera.
»Unser Mitgefühl gilt Senator Bruce Jansen und Mimi Todd Jansens Familie. Möge Gott sie segnen. – Wie wird es jetzt weitergehen? Die Verfassung verlangt, dass wir einen Präsidenten haben, aber da die Amtseinsetzung erst in zwei Monaten, am 20. Januar, stattfindet, könnte in der Zwischenzeit noch viel passieren. Bruce Jansen muss eine Entscheidung treffen. Kann er unter diesen Bedingungen die Aufgabe als Präsident übernehmen, oder wird er den Platz seinem designierten Vizepräsidenten Michael K. Lerner überlassen? Einem sachlichen und rechtschaffenen, aber trockenen Juristen, der im Wahlkampf in vielerlei Hinsicht im Schatten des Spitzenkandidaten gestanden hat und mit dem das amerikanische Volk bisher großen Ernst und wenig Charisma verbindet? Das wird sich zeigen. Sollte Bruce Jansen diese Krise überstehen und das höchste Amt des Landes annehmen, wäre er der fünfte Präsident, der als Witwer das Amt antritt, und der erste Witwer seit einhundertzwanzig Jahren.«
Bugatti machte bewusst eine Pause, dann fuhr er fort: »Außer diesen fünf Präsidenten und dem geschiedenen Woodrow Wilson hat nur der ledige James Buchanan allein im Weißen Haus gelebt. Er, unser fünfzehnter Präsident, dessen Initialen in umgekehrter Reihenfolge dieselben waren wie die Bruce Jansens und der Demokrat war wie Jansen, sah sich mit immensen Konflikten konfrontiert: Das Land befand sich damals am Rand des Bürgerkriegs. Bruce Jansens innere Konflikte müssen in diesen Stunden ähnlich zerstörerisch und furchtbar sein. Möge Gott ihm beistehen.«
Er wartete, bis das rote Licht an der Kamera erlosch. Der Abschluss der Sendung war ihm etwas chaotisch geraten, aber er war wirklich erschöpft. Er war seit über zwanzig Stundenauf den Beinen, zwanzig hektischen und irrsinnigen Stunden, die tiefe Spuren in seiner Seele hinterlassen hatten. Rabenschwarze Stunden. Er machte den Sicherheitsbeamten ein Zeichen, dass er nun gern mit dem Aufzug in sein Zimmer fahren wolle, aber sie schüttelten den Kopf und baten ihn, in einem der Sessel vor der Wand Platz zu nehmen. Also setzte er sich zwei Plätze entfernt von Jansens juristischem Berater Stephen Lovell. Der starrte wie paralysiert vor sich hin. Zwar war er nicht unmittelbar im Schlussfeld gewesen, aber doch nahe genug dabei. Ein besonnener Mann, nun in seinen Grundfesten erschüttert. Wie alle anderen.
Bugatti blickte auf die leuchtenden Ziffern, die angaben, auf welcher Etage sich der Aufzug befand. So saß er geraume Zeit.
Alle Aufzüge befanden sich mindestens zehn Minuten im zwölften Stock. Plötzlich und wie auf Kommando neigten mehrere der Sicherheitsbeamten intensiv lauschend den Kopf zur Seite. Zwei spähten zum Hoteleingang, als wollten sie sichergehen, dass der Weg frei war. Dann begannen die Aufzüge, sich abwärtszubewegen. Erst einer und dann auch mehrere andere, bis alle wie um die Wette nach unten sausten.
Bugatti stand auf, wurde aber sofort aufgefordert, sich wieder zu setzen. Die
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