Das Washington-Dekret: Thriller (German Edition)
allem«, flüsterte Wesley aufsNeue. Der Premierminister schien die Luft anzuhalten, damit sein schwer betroffenes Gehör durch nichts gestört würde. Dann sah er Wesley an.
»Ich höre Sie«, sagte er und legte wiederum das Ohr an Wesleys Mund.
»Schalten Sie den Fernseher ein. Hinter der Täfelung ist ein Monitor.« Er nickte in Richtung der Wand. »Die Fernbedienung liegt auf dem Teetisch.«
Watts schaltete das Gerät ein.
Wenn der Apparat nicht auf Videowiedergabe eingestellt war, schaltete er automatisch zur NBC. So auch jetzt.
Wesley drehte den Kopf so, dass er eben gerade das Geschehen erfassen konnte. Es waren grauenvolle Bilder. Menschen irrten umher. Von der Brandstätte zog der Rauch über die Ellipse. Am Washington Monument waren Soldaten in schusssicheren Westen versammelt.
In der Sekunde, als auf dem Bildschirm die Soldaten zum Gegenangriff auf die Terroristen beim Denkmal ansetzten, hörte Wesley es achthundert Meter entfernt in der Wirklichkeit geschehen. Gasgranaten wurden auf die Aussichtsfenster in der Spitze des Obelisken abgefeuert, und aus seinem Inneren hörte man Schusssalven. Abgesehen von den Männern des angreifenden Antiterrorkorps war der Platz um das Denkmal vollständig geräumt. Der NBC-Reporter, mehrere Hundert Meter vom Ort des Geschehens entfernt, klang, als würde er selbst beschossen, und die Kamera schwenkte durch den Rauch hinunter zum Weißen Haus und zoomte es heran, während im Monument Menschen niedergemetzelt wurden.
Sie zoomte bis zu den Schäden an der Präsidentenwohnung. Die Aufzeichnung lief ohne Ton, aber Wesley hörte das Krachen und die Schreie um eine Sekunde versetzt direkt von draußen. Es war zum Verzweifeln, und hätte er noch Kraft gehabt, hätte er geweint. Die Kamera erfasste alles. Es war wie eine total aus dem Ruder gelaufene Primetime-Show.
»Können wir das nicht ausschalten?«, rief Sunderland aufgebracht, dann merkte er, dass der britische Premierminister die Fernbedienung in der Hand hielt.
Auf einmal wechselte das Bild. Der Chef der NBC, Alastair Hopkins, erschien. Er sah mit sehr ernstem Blick in die Kamera und sagte: »Über unsere Verbindung zur Presseabteilung des Weißen Hauses erreichte uns vor wenigen Minuten eine Zeugenaussage dazu, dass möglicherweise Kräfte, denen das Land zutiefst vertraute, hinter einer Reihe von Geschehnissen der letzten Zeit sowie dem Angriff auf das Weiße Haus stehen.«
Dann wechselte das Bild erneut. Wesley drehte den Kopf und sah unter den Tisch, wo er verfolgen konnte, wie Sunderlands Schuhe sich ohne Rücksicht auf die am Boden Liegenden einen Weg zum britischen Premierminister bahnten. Sunderland, um sein politisches Überleben kämpfend, setzte zum Sprung an, aber er kam zu spät, denn die Menschen im Raum versperrten ihm den Weg. Wieder änderte sich das Bild.
Das, was jetzt über den Bildschirm flimmerte, würde Sunderland das Genick brechen. Sunderland und Kane waren deutlich zu erkennen, und der Ton war voll aufgedreht.
Wesleys Erleichterung war grenzenlos. Doggie hatte es geschafft. Sollte es noch Hoffnung geben? Immerhin: Das durfte er noch erleben.
»Habt ihr Burton aus dem Weg geräumt?« , hörte man Sunderlands Stimme vom Bildschirm.
Nur der Ton des Fernsehers und Sunderlands schweres Atmen waren zu hören, ansonsten war es totenstill im Raum. Das gnadenlose Gespräch lief weiter. Unaufhörlich, unabwendbar, unerbittlich. Wie auf Kommando richteten sich alle Füße unter dem Tisch auf Sunderland aus.
»Das ist manipuliert!«, schrie Sunderland. »Schalten Sie den verdammten Mist aus, das ist nicht wahr, zum Teufel, das ist alles gar nicht wahr!«
Doch niemand hörte auf ihn. Gebannt lauschten die Anwesendendem Teil des Gesprächs, in dem es um das Verhör von Stabschef Lance Burton ging. Jetzt stand Sunderland mit dem Rücken zur Wand. Mit einem Satz sprang er auf den Konferenztisch, lief ans andere Ende und flüchtete sich durch die Flügeltüren ins Freie, wo Feuerwehrleute in dichtem Rauch versuchten, mit dem Wasserstrahl das Flammenmeer zu bezwingen.
»Haltet ihn auf!«, rief Premierminister Watts. Und die Feuerwehrleute draußen wandten sich instinktiv der Gruppe an den Flügeltüren zu, die auf den panischen Sunderland deuteten, der sich noch nicht entschieden hatte, in welche Richtung seine Flucht gehen sollte. Da richtete einer von ihnen den Wasserstrahl auf den Vizepräsidenten, dass es ihm die Beine wegriss. Er schrie auf und torkelte rückwärts. Kaum hatte sich der
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