Das Washington-Dekret: Thriller (German Edition)
Jansen schuldig?« Sie schloss die Augen und hob die Hand. »Nein, warte! Ich frage anders: Bist du schuldig, Toby O’Neill zu dem Attentat angestiftet zu haben? Hast du ihm Geld gegeben oder ihn auf irgendeine Weise dazu gebracht, das zu tun, was er tat? Wenn ja, dann will ich das verdammt noch mal jetzt wissen!«
Sie sah ihn an.
Ihr Vater hielt ihrem Blick stand, als er mit Nein antwortete und wiederholte, dass er auf keinen Fall nach West Virginia wolle. Er habe in der Angelegenheit gesagt, was es zu sagen gebe.
Doch er konnte ihr nichts vormachen. Sie sah ihm an, dass er sich verstellte, dass er innerlich in Aufruhr war. Er wollte nur nicht, dass sie zu viel wusste, er wollte nicht, dass sie zu weit in die Sache hineingezogen wurde. Er wollte sie schonen, und das verletzte sie. Sie zweifelte. Sie glaubte, dass er schuldig war, aber sie konnte es nicht mit Sicherheit wissen.
Als sie das Gerichtsgebäude mit geröteten Augen verließ, lief sie einem alten Klassenkameraden über den Weg, dem sie einst zu guten Noten verholfen hatte und der jetzt eine Anwaltskanzlei betrieb. Er blieb sofort stehen, senkte den Blick, bevor sie ihm in die Augen sehen konnte, und wühlte in seiner Tasche. Erst als Doggie grußlos vorbeigegangen war, setzte auch er seinen Weg fort. Das fühlte sich an wie ein Schlag in die Magengrube.
Was konnte sie den Verteidigern von ihrem Vater ausrichten? Dass er seine Haltung bezüglich des Gerichtsstands nicht zu ändern gedachte und dass er sich auch nicht schuldig bekennen wollte, weil er mit dem Mord nämlich nichts zu tun hatte.
Als die Wünsche ihres Vaters zwei Tage später der Staatsanwaltschaft vorgelegt wurden, konnte Deloitte seine Zufriedenheit kaum verhehlen. Zwar gab es einige juristische Probleme, aber dem Ansinnen, mit dem Bud Curtis’ Verteidigervorstellig wurden, würde man wohl entsprechen können. Der Prozess würde also nach Bundesrecht und in Washington geführt und ein eventuelles Todesurteil in Virginia vollstreckt werden.
»Bud Curtis bittet um Hinrichtung in Waverly, Virginia«, lautete umgehend die Schlagzeile der ›USA Today‹. Die Medien stürzten sich auf diese Meldung, und im Handumdrehen rutschten die Morde in New York auf Seite zwei. Das würde ein historischer Prozess werden, ein Indizienprozess um den Mord an der Präsidentengattin und ihrem ungeborenen Kind, der mit der Todesstrafe enden konnte. Für die Medien war das hollywoodreifer Stoff. Der Angeklagte wollte selbst aussuchen, wo man ihn hinrichten würde, und man gestand es ihm sogar zu! Die Zeitungen ertranken in einer Flut von Leserbriefen. Offenbar teilte die Bevölkerung sich in zwei Lager. Die meisten waren erbost darüber, dass jemand, der an einer solchen Gräueltat mitschuldig war, überhaupt noch irgendetwas zu sagen haben sollte. Aber einige lobten Bud Curtis für seine Standhaftigkeit und seinen Mut. Manche bezeichneten ihn sogar anerkennend als »harten Hund« und behaupteten, er nehme es »wie ein Mann«. Gleichzeitig fanden vor den Gerichtsgebäuden vieler Bundesstaaten Demonstrationen aufgebrachter Gegner der Todesstrafe statt, und noch viel mehr Menschen versammelten sich vor den tausendeinhundert Jansen’s-Drugstores-Filialen im ganzen Land. Jeder hatte eine Meinung in dieser Angelegenheit.
Doggie beobachtete die Entwicklung mit Sorge. Sie erzählte niemandem, dass sie mit ihrem Vater gesprochen hatte. Sie arbeitete und kapselte sich weiter ab.
Der erste Verhandlungstag in der Sache USA gegen Curtis, Aktenzeichen 1:2008 cr 1312 wurde für Montag, den 9. Februar anberaumt. Wie erwartet war Marsha W. Tanner die vorsitzende Richterin, eine gut aussehende Weiße Anfang fünfzig.Sie belehrte die Anwesenden bezüglich der außerordentlichen Schwere des Falles und unterstrich, wie wichtig es sei, dass die Beweisführung der Staatsanwaltschaft absolut eindeutig und stichhaltig war.
Danach dauerte es drei Tage, die Jury zusammenzustellen. Es mussten zwölf Geschworene gefunden werden, die keine seltsamen Ansichten dazu hatten, ob man in Jansen’s Drugstores einkaufen durfte oder nicht, und die noch nie in einem der vielen Splendor Hotels übernachtet hatten. Schließlich wurden bei gleicher Geschlechterverteilung vier schwarze und acht weiße Geschworene ausgewählt. Der eigentliche Prozess konnte beginnen.
Die Staatsanwaltschaft verlas die Anklage. E-Mails wurden vorgelegt, die man auf Bud Curtis’ beschlagnahmten Computern gefunden hatte. E-Mails, die er während des Wahlkampfes
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