Das Washington-Dekret: Thriller (German Edition)
an Doggie geschickt und in denen er in aller Deutlichkeit seine geringe Meinung vom damaligen Kongressmitglied Jansen zum Ausdruck gebracht hatte. Doggie konnte es kaum ertragen, wie ihre alten, ganz privaten Auseinandersetzungen zur Schau gestellt wurden. In E-Mails, die an Freunde und Bekannte gerichtet waren, fiel der Ton noch viel schärfer aus.
Dann berichtete der Staatsanwalt von Bud Curtis’ Vergangenheit beim rechten Flügel der Republikaner und von seinem großen Engagement für die Waffenlobby und den Präsidentschaftskandidaten Barry Goldwater Mitte der sechziger Jahre.
Doggie saß in der sechsten Reihe. Sie hatte Schwierigkeiten, in ihrem Vater jenen ultrakonservativen, rechtsradikalen Aggressor zu erkennen, als der er geschildert wurde. Aber wem half das schon?
Anschließend verkündete die Staatsanwaltschaft, es gebe Zeugen, die beeiden könnten, dass Bud Curtis den leicht zurückgebliebenen Toby O’Neill gegen Jansen und seine Frau aufgehetzt hatte, sowie Beweise dafür, dass kurz vor demMord von einem der vielen Konten Curtis’ Geld an ebenjenen Toby O’Neill überwiesen worden sei. Man könne darüber hinaus die Mordwaffe vorlegen, in deren Trommel sich sechs Patronenhülsen mit Curtis’ Fingerabdrücken gefunden hätten. Auch verfüge man über Tonbandaufnahmen des Secret Service, die die Meetings des Secret Service mit Jansens persönlichem Leibwächter und Bud Curtis am Tag vor der Wahl dokumentierten und damit auch Curtis’ präzise Anweisungen, wer mit in den Flur gehen und wer bei der Enthüllung des Gemäldes anwesend sein sollte. Diese Aufnahmen belegten, wie Curtis ausdrücklich darauf bestanden hatte, dass Toby O’Neill das Bild enthüllte.
All dies und noch viel mehr deute darauf hin, dass Curtis hinter dem Mord stecke, erläuterte Mortimer Deloitte, und darum werde man die Höchststrafe beantragen.
Die Verteidigung hatte natürlich für alles eine Erklärung und konterte mit Gegenvorwürfen. Curtis leugnete hartnäckig und wütend, den Secret Service darum gebeten zu haben, Toby O’Neill das Bild enthüllen zu lassen. Er behauptete sogar im Gegenteil, dieser Vorschlag sei vom Secret Service gekommen, und verlangte eine Analyse der Tonbandaufnahmen durch neutrale Experten. Zu seiner Waffe habe jeder jederzeit Zugang gehabt, da diese normalerweise in seiner Schreibtischschublade lag, und jeder Mensch mit etwas Grips hätte mit einem einzigen Anruf die Überweisung an Toby O’Neill veranlassen können. Er selbst hätte das – wenn er es denn getan hätte, was nicht der Fall sei – um einiges geschickter und unauffälliger angestellt.
Dass Bud Curtis als junger Mann eine absolut bedeutungslose und vor allem passive Rolle in diversen Wahlkämpfen gespielt habe, könne nicht gegen ihn verwendet werden, sagten die Verteidiger. Selbst Oberstaatsanwalt Mortimer Deloitte habe ähnliche Leichen im Keller. Oder habe er etwa nicht einst in seinem Heimatort einen gewissen Sheriff Brown unterstützt,der später wegen schwerer Folter an Häftlingen während einer früheren Amtszeit inhaftiert worden sei? Konnte man überhaupt für die Taten und Untaten anderer zur Verantwortung gezogen werden?, fragten sie.
Im Gerichtssaal wurde es daraufhin laut, und Marsha Tanner musste unter Einsatz ihres Hammers für Ordnung sorgen.
Bei der ersten Runde der Zeugenvernehmung ging es um den Mord selbst. Wer hatte sich wo befunden und dabei was gesehen oder gehört?
Zunächst vernahm man alle, die sich zum Zeitpunkt des Attentats im betreffenden Flur des Splendor Hotels in Virginia Beach aufgehalten hatten, insgesamt fünfundzwanzig Zeugen. Sicherheitsbeamte, Kongressmitglieder und deren Ehefrauen, den Gouverneur von Virginia, Justizminister Lovell, Stabsmitarbeiter des Präsidenten, Thomas Sunderland und Wesley Barefoot, John Bugatti und seinen Kameramann – und dann, unter Ausschluss der Öffentlichkeit, auch den Präsidenten selbst.
Doch keine der Aussagen führte zu neuen Erkenntnissen. Alle berichteten übereinstimmend, Mimi Todd Jansen habe Bud Curtis kurz vor dem Mord etwas zugeflüstert, und Curtis habe daraufhin den Raum verlassen. Er sei also nicht zugegen gewesen, als der Schuss fiel.
Dann stellte man Doggie noch einmal die gleichen Fragen, und auch sie bestätigte die beschriebenen Abläufe. Sie fühlte sich, als säße sie selbst auf der Anklagebank. Als hielte man sie für die Hinterfrau hinter dem Hintermann. Das Schuldgefühl war so überwältigend, dass sie auf ihrem Stuhl ganz
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