Das Weinen der Engel (German Edition)
Idee gefällt mir auch sehr gut.“
Ein Muskel zuckte in seiner Wange. Er wusste nicht, warum ihre Worte ihn nicht aufheitern konnten. Das war ja vor wenigen Minuten noch genau sein Vorhaben gewesen. Jetzt, wo es Zeit war, sie für eine Runde heißen Sex mit zu sich zu nehmen, verspürte er nicht mehr das geringste Interesse daran.
Vielleicht bekam er eine Grippe oder etwas Ähnliches.
Dev fädelte sich in den Verkehr ein und achtete nicht auf das Hupen hinter sich, weil er unkonzentriert gefahren war. „Hör zu, Tawny, da liegt was an.“
Sie streckte den Arm aus und legte die Hand auf seinen Hosenschlitz. „Das glaube ich aber auch“, schnurrte sie.
Dev schob ihre Hand weg. So empfindungslos war er nun auch wieder nicht. Wenn sie so weitermachte, würde er womöglich noch seine Meinung ändern. Trotzdem gefiel ihm dieser Gedanke nicht.
„Ich meine geschäftlich. Als du auf der Toilette warst, habe ich einen Anruf bekommen. Ich muss noch dringend was erledigen.“
„Um ein Uhr nachts?“
Er hasste es, zu lügen. Das war eigentlich nicht sein Stil, aber er wollte sich nicht mit Tawny streiten, und er wollte auch nicht mit ihr ins Bett gehen. Jedenfalls nicht heute Nacht.
Er warf kurz einen Blick auf ihren tiefen Ausschnitt, der den Ansatz ihrer Brüste zeigte. Aber nichts rührte sich bei ihm. Er hatte sich ganz bestimmt einen Virus eingefangen.
„Tut mir leid, aber so ist es nun mal.“ Er bemühte sich um ein freundliches Lächeln. „Wenigstens hatten wir ja ein gutes Dinner.“ Das
Allegory
, ihr erster Anlaufpunkt am heutigen Abend, war das beste Restaurant in Phoenix.
Sie schob ihre Unterlippe vor. „Ich wollte, dass du mich liebst.“ Sie warf ihm einen verführerischen Blick unter den gesenkten Wimpern zu. „Du erinnerst dich doch noch an letztes Mal, oder? Dann weißt du sicher, wie glücklich ich dich machen kann.“
„Ich erinnere mich“, sagte er. Aber aus irgendeinem Grund würde er das heute Abend am liebsten vergessen. „Ich werde beim nächsten Mal alles wiedergutmachen.“
Allerdings glaubte er inzwischen nicht mehr daran, dass es ein nächstes Mal gab. Jedenfalls nicht mit Tawny.
„Na ja, wenn ich’s richtig bedenke, bin ich eigentlich auch schon ganz schön müde.“
Wahrscheinlich von dem halben Dutzend Cocktails, das sie getrunken hatte. Dev nickte nur und trat aufs Gas.
Er musste unbedingt nach Hause kommen und schlafen.
Bevor das, was er offensichtlich gerade ausbrütete, noch schlimmer wurde.
Antonio Alvarez stand vor dem massiven, mit Marmor verkleideten Kamin in seinem Arbeitszimmer. An einer Wand des zwei Etagen umfassenden Raums, in hellem Toskanagelb gehalten, war ein Balkon mit Blick auf eine italienische Landschaft aufgemalt. Auf dem verzierten Geländer standen dekorative Blumenkästen, üppig beladen mit roten Seidengeranien.
Alvarez war etwas kleiner als Normalgröße mit einem dafür aber recht beachtlichen Bauchumfang. Ein schmaler Oberlippenbart zierte sein rundes Gesicht, das sich am Kragen kringelnde Haar hatte er mit Pomade zurückgekämmt. Er hielt eine Ausgabe der „US Weekly“ aufgeschlagen in der Hand. Nachdem er geringschätzig auf die glänzenden Fotos geklopft hatte, warf er das Magazin auf den gold- und marmorverzierten Kaffeetisch, der vor dem rot gepolsterten Samtsofa stand.
„Was bilden sich diese Leute ein, wer sie sind?“, sagte er in schnellem Spanisch zu Paulo Zepeda, einer seiner führenden Handlanger. „Ich bin es wirklich leid, von dieser Frau in der Zeitung zu lesen! Sie macht also Taschen. Ja und? Sie und das kleine Mädchen lassen uns dastehen wie Idioten!“
„Niemand weiß, dass Sie irgendetwas mit der Schießerei zu tun haben“, bemerkte Zepeda beschwichtigend. Er gehörte zu den ältesten Mitgliedern von Alvarez’ vertrautestem Kreis. Bis auf seine grauen Schläfen und dem grau melierten Spitzbart besaß Zepeda keine besonderen Kennzeichen. „Sie haben Weller zur Rechenschaft gezogen. Die anderen wissen jetzt, was passiert, wenn man Sie betrügt. Das Problem ist gelöst worden.“
„Manuel hätte nach dem Kind suchen sollen.“ Jorge Santos, ein großer, dünner Typ mit hohen Wangenknochen und einer langen Nase, war Alvarez’ rechte Hand. Er gehörte zu den Mänern, die gern Ärger anzettelten. Er war sadistisch veranlagt und rachsüchtig, die perfekte Ergänzung für Alvarez, der sehr gern seine Machtposition demonstrierte. „Er hätte sie mit den anderen erledigen sollen. Dass er sie am Leben gelassen
Weitere Kostenlose Bücher