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Das weingetränkte Notizbuch: Stories und Essays 1944-1990Fischer Klassik PLUS (German Edition)

Das weingetränkte Notizbuch: Stories und Essays 1944-1990Fischer Klassik PLUS (German Edition)

Titel: Das weingetränkte Notizbuch: Stories und Essays 1944-1990Fischer Klassik PLUS (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charles Bukowski
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langgefahren. Einmal hab ich angehalten und mir seinen Müll angesehen. Marlon ist meine heimliche Liebe.«
    »Ach du Scheiße«, sagte ich.
    Wir hielten nach den Nummern Ausschau und kamen immer höher hinauf in die Berge, und die Häuser wurden immer teurer, und ich wurde immer nervöser. Es stimmt schon, dass die Leute um so weniger menschlich sind, je mehr Geld sie haben, und das machte mich unglücklich. Nervös und unglücklich.
    »Ich glaube, wir sind hier falsch«, sagte ich.
    Sie fuhr einfach weiter in ihrer engen roten Kluft, wahrscheinlich in der Hoffnung, einen Reichen mit etwas Charakter aufzutun, vielleicht auch einen ohne. Wir fanden es und bogen ein. Eine lange Zufahrt, und am Ende, mit Blick über den Canyon, ein ziemlich ausladendes Haus. Wir betraten es im Parterre und stiegen eine breite Marmortreppe hinab. Die Wände waren hoch, weiß und mit schlechten Gemälden behängt, die alle vom selben Künstler stammten, einer Kreuzung zwischen schlechtem Orozco und schlechtem Picasso. Die Leute standen in Zweier- und Dreiergrüppchen herum und sahen aus, als stünden sie bequem, bequem wie Grabsteine. Die meisten waren draußen am Swimmingpool, hielten sich an schalen Drinks fest und zündeten sich Zigaretten an. Ich sah einen mir bekannten Dichter, George Dunning. George änderte immer wieder seinen Schreibstil, und er war nicht besonders gut, las aber laut und tat so, als sei er ein Genie, und manche hielten ihn für eins. Seine Frau zum Beispiel. Er schrieb, während sie arbeiten ging. George wechselte den Schreibstil, behielt aber die Frau. Ich stellte Cornelia vor und lachte, während Dunning mich beleidigte, dann ging Cornelia zu den Leuten am Pool, um das Terrain dort zu erkunden. Ihr Hintern sah gut aus in der engen roten Hose, und vorn hatte ihr Top Fransen, die hin und her schwangen und den Blick auf ein Stück Bauch und den Bauchnabel freigaben.
    Dann sah ich die Dichterin Vanna Roget, die in den 40ern war, aber eine sehr gute Figur hatte. Große Nase, große Hände, aber eben auch einen schönen großen Arsch. Sie saß auf der Couch, und ich ging rüber und setzte mich neben sie. Ich gab ihr ein Bier von mir. Sechs Flaschen hatte ich mitgebracht.
    Vanna war gerade von ihrem Black-Lover-Trip runtergekommen; einige weiße Poeten trugen ihr den nach, aber mir war das egal, sie hatte diesen schönen, großen Hintern. Ich war zwar mit Cornelia da, aber ich sagte mir, wenn Cornelia hier den Präsidenten einer Miederfabrik oder einer Golfballschmiede abschleppte, konnte ich auch diesen Arsch abschleppen. Vanna schrieb ganz gut, war aber mundfaul. Immer versuchte ich sie zum Reden zu bringen, sie aus dem Schweigen hervorzulocken, und meistens probierte ich es mit der Schocktaktik.
    »Himmel«, sagte ich, »was hab ich heiße Eier heute Abend. Die fühlen sich an wie glühende Kohlen voll Kokosmilch.«
    Vanna sah mich bloß mit ihren großen blauen Augen an, hob ihr Bier und setzte die Flasche an den Mund.
    »Saugkraft«, sagte ich, »suckel, suckel. Ich glaub, mir kommt’s gleich in der Unterhose.«
    Ich sah zu, wie ihr das Bier in den Mund lief.
    »Ich würde deine Scheiße aus einer Milchflasche nuckeln, um meinen Kolben bei dir reinzukriegen.«
    »Bukowski, so redest du doch nur, weil du dich für einen tollen Dichter hältst.«
    »Hol mir die Milchflasche.«
    Vanessa sah mich bloß an.
    Die Leute vom Swimmingpool kamen die Treppe hoch. Cornelia sah mich und kam rüber. Ich machte Cornelia mit Vanna bekannt. Sie beäugten sich nach Frauenart und wussten sofort, was ich mit der jeweils anderen hatte, haben wollte oder noch haben würde.
    Die Dichterlesung begann. Dunning machte den Anfang; human grinsend nahm er seinen Hut ab, legte ihn auf den Fußboden, schmiss sein Kleingeld rein. Dann begann er LAUT zu lesen. Er schrie. Dunning war verrückt, ohne interessant zu sein. Aber er glaubte an sich, eine unter guten wie schlechten Autoren verbreitete Krankheit. Bei den schlechten Autoren ist der Glaube sogar meistens stärker als bei den guten. Dunning tobte weiter. Es war peinlich irgendwie, als ob man die Angetraute mit einem Affen im Bett ertappt, aber richtig drüber ärgern konnte man sich nicht. Man hatte einfach das Gefühl, verschaukelt zu werden, und war ziemlich machtlos. Die Welt ist voller Dunnings und Affen, mehr Dunnings als Affen.
    Dann trat ein ganz Unfähiger an und trug eine sogenannte »Spinnerei« vor. Man musste annehmen, dass es seiner Mutter gefallen hatte oder einer Freundin

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