Das weingetränkte Notizbuch: Stories und Essays 1944-1990Fischer Klassik PLUS (German Edition)
ich wusste, dass er nichts dafür konnte, reagierte ich aus einer dummen Reizbarkeit heraus, die mir einfach das Heft aus der Hand nahm:
»Monk, langsam reicht’s. Warum heftest du die betörenden Glubscher, die man gemeinhin Augen nennt, nicht mal auf jemand anderen?«
»Ja, leck mich!«, sagte er. »Geh zurück in deine Gummizelle!«
»Du bist doch bloß ein Haufen unterbelichteter Glibber.«
»Was?«
»Deine Muskeln sind Attrappe. Als hättest du dich mit Luft aufgepumpt. Da ist nichts dahinter. In deinem Kopf so wenig wie in deinem Körper.«
Monk kam von seinem Hocker hoch und warf sich in die Brust.
»Würdest du das noch mal sagen?«
»Ich will dir nicht wehtun, Monk.«
Die ganze Bar lachte. Ich glaube, sogar ein paar Fliegen lachten.
Das war’s. Monk ging zum Hinterausgang. Ich hinter ihm her. Und die ganze Bar folgte uns hinaus auf die Gasse.
Es war ein schöner Abend. Woanders vögelten die Leute, aßen, nahmen ein Bad, schliefen, lasen Zeitung, schrien ihre Kinder an oder machten sonst irgendwas Vernünftiges.
Monk und ich gingen im Mondlicht in Stellung, und mir kam der Gedanke: Lieber würde ich zwei Typen dabei zusehen, als selbst beteiligt zu sein .
Aber Angst hatte ich keine, dafür war ich zu betrunken. Ein allgemeiner Überdruss war das Einzige, was ich empfand, à la geht das schon wieder los und was soll’s eigentlich? Beschäftigung, nehme ich an, wie wenn man Erdnussbutter auf eine Scheibe Brot streicht.
Monk und ich umkreisten uns. Ab und zu klatschte er sich die Handflächen auf die Schenkel. Große Wirkung. Das Barvolk stand mit seinen Getränken herum. Ich ging zu einem Typen hin, griff mir seine Bierflasche und trank sie leer. Dann behielt ich die Flasche in der Hand. Monk und ich umkreisten uns. Ich machte einen Schlenker zum Ende des Gebäudes, schlug die Flasche gegen die Mauer. Die Flasche ging kaputt, aber nicht richtig. Nur der kleine Flaschenhals war noch in meiner Hand, und ich hatte mich geschnitten. Ich warf den Scherben weg, und Monk griff an. Meine Hand blutete stark. Ich dachte: Wenn ich auf seine Augen gehe, kann ich ihn mit dem Blut vielleicht blenden .
Ich machte einen Schritt zur Seite, als er ankam, wollte ihn in den Hintern treten und verfehlte ihn.
Er drehte sich um und kam wieder an.
»Ich will dir nicht wehtun, Hank, aber ich werd’s müssen!«
Das meinte er wohl ernst. Als er diesmal angriff, kam ich nicht weg. Ich weiß nicht, warum. Meine Füße klebten fest. Es blitzte schwarz, dann stachen mir Kies und Steinchen in den Körper. Ich hatte ein Pfeifen im Ohr und empfand trotz allem ein Gefühl des Friedens. Friede in unserer Zeit. Alle Soldaten küssen sich. Ich lag mit zerschrammten Händen in der Gasse auf dem Bauch und sah, wie Monk sich davonwälzte und schließlich in eine Reihe großer Mülltonnen krachte.
Wir standen auf.
Ich war ein Feigling und doch kein Feigling. Das war mein Problem: Ich konnte mich nicht entscheiden. Monk brauchte nichts zu analysieren; er griff einfach wieder an.
Ich bremste ihn mit einer linken Geraden. Voll auf die Nase. Er blinzelte und drehte ab.
Monk schlug Körperhaken. Ich sah sie kommen. Blockte sie ab, wich ihnen aus. Gab ihm die Führhand. Traf ihn mit einer Rechten am Ohr. Zeig’s dem Dreckskerl. Lass ihn schlecht aussehen. Er war voller Rührei und Doughnuts. Liebte vermutlich seine Mutter und sein Vaterland. Kein Rückgrat.
Ich ging rein und verpasste ihm eine Kombination. Ging wieder raus.
»Genug, Arschgeige?«
Monk warf sich in die Brust.
»Ich mach dich kalt!«
Er griff wieder an. Kam an wie ein Schienenfahrzeug. Er konnte nur geradeaus. Ich ging nach links und verpasste ihm eine krachende Rechte, als er vorbeikam. Es war so leicht mit ihm, dass man sich schämen musste. Und viel einstecken konnte er auch nicht. Er schüttelte den Kopf und schien benommen zu sein. Als er sich umdrehte, schlug ich einen linken Haken. Ich traf ihn am Ellbogen und ramponierte mir ernstlich die Hand. Dann landete er eine Rechte. Der Mond war hinter ihm gewesen, und der Schlag kam da raus wie eine Rakete. Mir schwirrte der Kopf, und ich schmeckte Blut im Mund. Rote, weiße und blaue Funken tanzten mir vor den Augen. Schon hörte ich Monk wieder kommen. Ich sprang hinter einen Zuschauer und stieß ihn auf Monk zu. Als Monk den Mann wegschubste, ging ich rein und verpasste ihm einen Nackenschlag und eins in die Nieren.
»Scheiße«, sagte Monk.
Er war außer Puste. Ich knallte ihm eine harte Rechte in den
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