Das weiße Grab
Dinger aufspüren können. Trotzdem danke für die Info.«
Poul Troulsen führte Andreas Falkenborg durch die Wohnung ins Badezimmer, das er gleich fand. Der Mann ging bereitwillig mit und ließ sich ohne Proteste auf den Toilettensitz drücken. Dort blieb er hocken, während Poul Troulsen schnell und routiniert Schränke und Schubladen öffnete, um sich zu vergewissern, dass darin nichts Überraschendes oder Unangenehmes lagerte. Poul Troulsen beschloss, die Gelegenheit zu nutzen. Die Wahrscheinlichkeit, dass Andreas Falkenborg auch sein Badezimmer abhörte, war nicht groß, und sollte dies wider Erwarten der Fall sein, könnte diese Sequenz ja durch einen bedauerlichen Zufall gelöscht worden sein. Dazu kam, dass ihm der unterwürfige Blick des Mannes verriet, dass dieser sich in seine Situation zu fügen schien und er mit der Befragung unter Umständen auch noch ein bisschen weiter gehen konnte, als er anfangs gedacht hatte. Er wandte sich an den Mann und sagte hart: »Gehen Sie nie ins Bad?«
»Doch, das tue ich, natürlich. Jeden Morgen, selbstverständlich tue ich das.«
»Dafür riechen Sie aber nicht sonderlich gut.«
»Doch, das tue ich.«
»Meine Nase irrt sich selten. Und ganz ehrlich, mit Ihrer Vorstellung von Hygiene wäre ich ungern an Ihrer Stelle, wenn Sie meinem Chef gegenübertreten. Er kann sehr unangenehm sein, wenn er jemanden nicht mag.«
»Ihr Chef?«
»Sagen Sie mal, sind Sie taub oder dumm? Ja, mein Chef. Er ist mitunter richtig bösartig. Rachsüchtig und erniedrigend. Manchmal ist das fast schon krankhaft, ich verstehe einfach nicht, dass so etwas in seiner Position statthaft ist. Ich hoffe für Sie, dass er Sie mag, auch wenn ich daran zweifle.«
Andreas Falkenborg fragte entsetzt: »Warum das denn? Was habe ich denn getan?«
»Nichts, noch nicht.«
»Aber warum dann? Sie machen mir Angst.«
»Das wollte ich nicht, vergessen wir’s, und sehen wir lieber, dass wir weiterkommen. Ich muss auch langsam nach Hause und mal ein Auge zumachen.«
»Nein, was meinten Sie, ich würde das gerne wissen.«
Poul Troulsen ließ ihn zappeln, während er nachzudenken vorgab. Dann sagte er beiläufig: »Also, Sie wandern für den Rest Ihres Lebens ins Gefängnis, Doppelmord, das ist klar, aber irgendwie sind Sie darauf ja eingestellt.«
»Ja, das bin ich wohl«, antwortete Andreas Falkenborg traurig.
»Mit Sicherheit, das kann ich Ihnen versprechen. Vermutlich sind Sie sich aber nicht bewusst darüber, dass es eine außerordentlich große Rolle spielt, wo Sie einsitzen. Sagen Sie, kennen Sie sich mit den dänischen Gefängnissen aus? Ich meine, haben Sie früher schon mal irgendwo eingesessen?«
»Nein, nie, und ich habe auch niemanden umgebracht.«
»Jetzt hören Sie aber auf. Natürlich haben Sie das, das wissen wir beide ganz genau, dabei ist es mir eigentlich ziemlich egal, was Sie mit diesen beiden Flittchen gemacht haben. Mir geht so etwas nicht nah, außerdem habe ich ein gewisses Verständnis dafür, wenn die zwei Sie gestört haben. Ich weiß gut, wie ätzend so etwas sein kann. Na ja, egal, ich bin ja nur der, der Sie in den Bau bringt. Eigentlich interessiert mich nur, dass Sie sich mal ordentlich waschen, sonst riskiere ich noch, dass der Chef auch auf mich sauer ist, und darauf habe ich absolut keine Lust. Sie sollten also schnellstens ein Bad nehmen, verstanden?«
»Ist gut, mache ich, aber sagen Sie mir doch noch mehr über diese Gefängnisse?«
Poul Troulsen sah auf seine Uhr und tat so, als wäge er den Vorschlag ab, dann sagte er: »Andreas, mein Freund. Wir können einen Deal machen: Sie versprechen mir, ein gründliches Bad zu nehmen, damit ich keinen Ärger bekomme, wenn ich Sie abgebe. Ich sage Ihnen dafür im Gegenzug, welche Gefängnisse Sie tunlichst meiden sollten, wenn mein Chef Ihnen denn diese Wahlmöglichkeit lässt. Was sagen Sie zu diesem Deal? Eine Hand wäscht die andere.«
Andreas Falkenborg war einverstanden. Die Wut des Chefs wollte er nicht auf sich ziehen.
Nach dem Bad folgte ihnen Andreas Falkenborg wie ein Lamm, er ließ sich sogar unter kundiger Anleitung einkleiden. Poul Troulsen bewertete seine Kleiderwahl und lehnte drei Schlipse ab, um ihm schließlich ganz zu verbieten, einen zu tragen. Er meinte, dass ihm der im Gefängnis doch nur abgenommen werde. Er kommentierte alles, von der Unterhose bis zu den Schuhen, während er sein Versprechen, nämlich mit Information über dänische Gefängnisse herauszurücken, immer weiter aufschob und
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