Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das weisse Kaenguruh

Das weisse Kaenguruh

Titel: Das weisse Kaenguruh Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Matthias Praxenthaler
Vom Netzwerk:
konnte Billy antworten: »Ich studiere BWL.« Ganz selbstverständlich und wie Millionen anderer schließlich auch. Das hörte sich zwar nicht besonders sexy an, war aber immerhin eine Antwort. Er mußte ja keinem erzählen, warum.
    Eines nahm sich Billy allerdings fest vor. Er wollte effizient studieren. Zielerreichung bei möglichst geringem Aufwand also. Und er wußte auch schon, wie das zu bewerkstelligen war. Wie überall war auch hier alles eine Frage der Information. Wer ein System durchschaut, hat schon mal den größten Feind besiegt. Deshalb mußte er zunächst jemanden finden, der sich auskannte. So schaute er sich um. Es war mittlerweile kurz nach elf, und die Cafeteria füllte sich mehr und mehr. Billy holte sich noch eine Cola, setzte sich wieder in seine Ecke und wartete ab. Lange passierte nichts. Studenten kamen, Studenten tranken, Studenten fraßen, Studenten gingen und jeder wurde in Betracht gezogen. Aber Billy wollte natürlich nicht irgendwen. Informant ist nicht gleich Informant.
    Nach einer guten Stunde meldete das Leben dann endlich den ersehnten Volltreffer. Zwei Mädchen waren in die Cafeteriagekommen und hatten sich direkt an den Tisch neben Billy gesetzt. Beide hatten einen fetten Ordner dabei, und Billy brauchte nicht lange, um zu begreifen, daß die beiden ihm gerade recht kamen.
    »Ich glaube, Personal war die richtige Entscheidung«, sagte die eine. »Der Prof ist irgendwie klasse.«
    »Finde ich auch«, stimmte die andere zu. »Vielleicht mache ich bei dem sogar meine Diplomarbeit.«
    »Was? Ich dachte, du wolltest was mit Marketing machen.«
    »Ja schon. Aber ich schau erst mal. Es ist ja zum Glück noch ein bißchen Zeit. Ich meine, wir haben doch gerade erst mit dem Hauptstudium angefangen. Da muß man erst mal abwarten, wie sich die Dinge entwickeln.«
    Für Billy war damit alles klar. Das hier schien seine große Chance zu sein und er nutzte sie. Er stand auf, lief zum Buffet, kaufte zwei Stück Kuchen und ging damit direkt zu den Objekten seiner informativen Begierde.
    »Entschuldigung, daß ich störe«, begann er. »Aber es ist so. Ich habe heute auch mit BWL begonnen und kenne mich noch nicht so aus. Und da dachte ich, ihr könnt mir bestimmt ein bißchen helfen. Ich habe da nämlich ein paar Fragen. Wie das alles so läuft, und so weiter. Mögt ihr Kuchen?«
    Die beiden Mädchen schauten Billy einen Moment lang an, als wäre ihnen gerade der Leibhaftige erschienen.
    »Gibt’s auch noch einen Kaffee dazu?« brach die Linke schließlich das Schweigen.
    »Für dich sogar Cappuccino«, antwortete Billy. »Mit Zucker?«
    »Gerne.«
    »Und du?« fragte Billy die Rechte.
    »Ich nehme auch einen Cappu. Aber bitte mit Süßstoff«, sagte sie.
    »Ist notiert. Einmal Cappuccino mit Zucker, einmal mit Süßstoff. Sonst noch einen Wunsch?«
    »Das kommt darauf an, was du alles wissen willst«, sagte wieder die Linke und lächelte Billy gefährlich an.
    »Das kommt darauf an, was du mir alles beibringen kannst«, antwortete Billy und zog seine rechte Augenbraue hoch.
    Dann drehte er sich um und trottete los.
    Jeweils zwei Stücke Kuchen, eine Tafel Schokolade und drei Cappuccino später hatte Billy alle Informationen, die er brauchte. Vivian und Doris – so hießen die beiden – erklärten ihm bereitwillig das System und wie man es am besten austricksen konnte. Und am Ende machte ihm Vivian (die linke und zufälligerweise hübschere der beiden) auch noch ein unerhört attraktives Angebot, das kein vernünftiger Mann ablehnen konnte.
    »Ich habe übrigens die ganzen Mitschriften aus dem Vordiplom noch zu Hause«, sagte sie mit einem unmißverständlichen Augenzwinkern. »Da steht alles drin, was du für die Klausuren wissen mußt. Wenn du willst, kannst du sie dir ja mal bei mir abholen und kopieren. Aber Wiedersehen macht Freude, haha.«
    »Phantastisch«, sagte Billy und zwinkerte zurück. »Wie wäre es mit heute abend?«
    »Äh, gerne.«
    Dann tauschten sie Nummern aus und verabredeten sich zum Nachtessen. Billy konnte mit dem bisherigen Verlauf seines Studiums also durchaus zufrieden sein. Und als er am nächsten Morgen neben Vivian aufwachte, erst recht.

Annabelle.
    In den nächsten drei Jahren passierte in Billys Leben wenig Spektakuläres. Er studierte halt vor sich hin und mogelte sich so durch. Ab und zu versuchte er, einen Schein zu machen. Ab und zu schaffte er es. Ab und zu fiel er durch. Es gabWichtigeres und Druck war nicht vorhanden. Er wollte lieber erst einmal das

Weitere Kostenlose Bücher