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Das weisse Kaenguruh

Das weisse Kaenguruh

Titel: Das weisse Kaenguruh Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Matthias Praxenthaler
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wäre es gar nicht anders gegangen. Die Situation war ihm ja völlig bewußt gewesen. Spätestens, als er Schliebusch sah, wußte er, daß er Annabelle nur mit einem fetten Geschoß erobern können würde. Hingehen, Streit schlichten, der Frau dann hinterher rennen, Verständnis für die Situation zeigen und ganz lieb fragen, ob man nicht zusammen einen Kaffee trinken wolle, in einer netten, ruhigenAtmosphäre, weil das Leben doch schließlich weitergehe, ha ha, lief da nicht. Nicht bei einer Frau, die bereits mit höchstens einundzwanzig Jahren Doktoranden mit Modelqualitäten vögelte, einfach rattenscharf aussah, und die nebenbei anscheinend auch noch die Skrupellosigkeit besaß, einen Menschen mit einem Lächeln auf den Lippen unter ihren Prinzipien lebendig zu begraben. Da war Quatschen zu wenig. Unter solchen Bedingungen und bei so einer Frau mußte man schon überraschen, als popeliger BW L-Student mit deskriptiver Statistik, Mittwoch nachmittags um zwei.
    Billy hatte es in Annabelles Augen gesehen. Keine Frage, sie war überrascht. Und wahrscheinlich auch ein bißchen beeindruckt. Obwohl Billy natürlich ganz genau wußte, daß er eigentlich gar nichts Besonderes getan hatte. Zugegeben, die Show, die er gerade abgezogen hatte, war wirklich nicht schlecht gewesen. Aber ein Lucky Punch war es nicht. Einen Gegner wie Schliebusch auf die Zwölf zu hauen und auszuknocken, war für ihn ein Kinderspiel. Er hatte schließlich einen Boxsack zu Hause. Und knappe zwei Jahre intensives Training mit Muhammad Ali waren nicht spurlos an ihm vorübergegangen. Jeden Morgen zog er sich vor dem Frühstück eine gute halbe Stunde lang die Handschuhe über und prügelte sich positive Energie ins Hirn. Das war seine Art aufzuwachen und fit zu bleiben. Er hatte sich ein Bild von Professor Berger auf den Boxsack geklebt und »Guck mal« darunter geschrieben. Streckenweise war es wie eine Sucht.
    Schliebusch ließ sich seine Nase von einem Schönheitschirurgen wieder herrichten und verschwand. Was die einzig logische Konsequenz darstellte. Für etwas anderes war der Skandal, den Annabelle mit ihrem Auftritt losgetreten hatte, schlicht zu groß gewesen. Annabelle hatte am Morgen vor ihrem Unibesuch in seiner Wohnung eine kleine, aber feine Sammlung Pornos gefunden, die tief blicken ließ. Der schöne Schliebusch hatte nämlich eine geheime Leidenschaft, unddie machte die Fortsetzung einer Beziehung mit ihm für sie leider absolut unmöglich. In den Pornos traten ausschließlich Frauen jenseits des guten Geschmacks auf, dazu noch verdächtig alt, deren größte Befriedigung anscheinend darin bestand, jungen Männern hemmungslos in den Mund zu pinkeln.
    Als Annabelle die Bilder sah, kombinierte sie schnell. Ihr neuer Freund stand also gar nicht auf sie, sondern träumte in Wirklichkeit von einer Beziehung mit einer inkontinenten Rentnerin. Annabelle war zum Heulen zumute. Aber nur für einen kurzen Moment, denn dann besann sie sich eines Besseren. Zum Glück war sie erst seit zwei Wochen mit Schliebusch zusammen. Da trennt es sich schmerzfreier. Und angesichts der Sachlage erst recht. Wobei eines sofort für sie feststand: Diese Trennung sollte Schliebusch sein Leben lang nicht vergessen, die perverse Drecksau. Dafür hatte sein geheimer Fetisch Annabelle dann doch zu tief in ihrer weiblichen Ehre getroffen. Und so packte sie die Pornos kurzentschlossen in eine Plastiktüte, fuhr in die Uni und spielte vor versammelter Mannschaft die Rosa von Praunheim.
    Billy hat danach von Schliebusch nie wieder etwas gehört. Auch Annabelle nicht. Die Übung wurde von einem Kollegen übernommen, und Billy bestand am Ende sogar seinen Schein. Mit unglaublicher Mühe zwar und mit einer miesen 3,7. Aber angesichts der aktuellen Entwicklungen, war ihm das mehr als furzegal. Und wie hätte es auch anders sein sollen? Das Studium war für ihn ein Spiel, und er hatte Glück in der Liebe. Es dauerte zwar noch eine ganz schön lange Weile, aber am Ende wurden sein Einsatz und seine Hartnäckigkeit belohnt. Annabelle und er wurden ein Paar. Für etwas mehr als vier Jahre. Es waren die schönsten Jahre in seinem Leben.

1537 Tage.
    Annabelle war der pure weiße Funk. Billys Phantasie hatte recht gehabt. Sie war seine Frau. Sie hatte Stil und war immer unberechenbar. Sie war jung und vom Leben noch nicht einmal ansatzweise gezähmt. Sie hatte Humor. Sie sah jeden Tag anders aus, ohne eine andere zu sein. Sie hatte ein Faible für Spitzenunterwäsche, und sie

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