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Das weisse Kaenguruh

Das weisse Kaenguruh

Titel: Das weisse Kaenguruh Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Matthias Praxenthaler
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Geschenken für die Lady und Spielereien für sich selbst, mit mehr als drei Unterhosen im Schrank und ohne rechte Lust auf unüberlegte Bescheidenheit.
    Dabei hatte Billy nicht einmal vor Arbeit zurückgescheut. Bereits seit dem zweiten Semester jobbte er, weil er sonst spätestens im sechsten pleite gewesen wäre. Viele Sommer lang kümmerte er sich etwa um die Gärten einiger Senioren, die er während seiner Zivildienstzeit kennengelernt hatte. Das lohnte sich. Sehr sogar. Er machte das professionell. Er rechnete pro Quadratmeter ab und war auf seinem Zenith alleiniger Herr über einen knappen Hektar Grünfläche gewesen. Und das schwarz! Und die Arbeit machte ihm auch noch Spaß. Er war gerne an der frischen Luft. Außerdem kannte er sich mit Pflanzen aus. Und er lernte durch seine Arbeit vieldazu. Zum Beispiel daß man mit ihnen sprechen konnte. Auch, wenn sie meistens nichts sagten.
    »Gärtner hätte ich werden sollen«, dachte er sich manchmal, wenn er mal wieder mit seinen Gummistiefeln in der Wiese stand und den Benzinrasenmäher anwarf. Gärtner war ein feiner Beruf. Ehrlich und erdig. Wie Schreiner. Oder Mäzen. Oder Kneipier. Das lag ihm übrigens auch. Vor allem im Winter. Da half er dann manchmal in seiner Stammkneipe aus. Für 10 die Stunde plus Trinkgeld. Das lohnte sich auch. Aber es half nichts. Er lebte über seine Verhältnisse. Und irgendwann war klar, daß es schon bald erschreckend dunkel werden würde in BillyBankenLand. Da gab es nichts zu beschönigen. Mit kalkulatorischen Fragen kannte er sich aus. Wozu studierte er BWL?
    Sein geliebter Vater machte ebenfalls Druck. »Dem Autoparadies gehe es schon wieder mal schlechter«, war sein ewiges Credo, und er brauchte ständig dringend Geld. Und an einem seltenen Abend im trauten Familienkreis erklärte er Billy dann zwischen Kohlrouladen und Vanillepudding, daß er mit dem Gedanken spiele, die Datsche zu verkaufen. Ein Baulöwe habe ihm ein sensationelles Angebot gemacht, behauptete er. Und dann wurde er konkret. »Ich bin ein geduldiger Mensch«, sagte er zu Billy, »aber langsam glaube ich, du willst mich hier zum Affen machen. Wir hatten eine Vereinbarung, mein Lieber, vergiß das nicht. Du kannst nicht ewig in der Datsche bleiben. Irgendwann will ich eine Entscheidung. Ich laß mich doch nicht verarschen. Ich bin doch hier nicht die dumme Sau für alle.«
    Hans Büttgen hatte die Hoffnung also immer noch nicht aufgegeben. Sein Plan, daß Billy einmal ins Autoparadies einsteigen würde, war quicklebendig. Aus einem einfachen Grund. Er glaubte ein As im Ärmel zu haben. Nachdem er eines Tages durch Zufall herausgefunden hatte, daß Billy in die Datsche gezogen war, gab er sich nämlich zunächst überaushandzahm. »Natürlich darfst du da wohnen bleiben«, hatte er überraschenderweise zu seinem Sohn gesagt. »Aber nur unter einer Bedingung. Sobald du dein beklopptes Studium fertig hast, fängst du bei mir in der Firma an. Und wenn nicht, dann kannst du deine Sachen packen. Aber ganz schnell.«
    Billy hatte zwar schon als Kind gewußt, daß er definitiv nicht mit seinem alten Herrn zusammenarbeiten würde. Trotzdem ließ er sich auf den Deal ein und spielte von da an auf Zeit. Und er hatte nicht mal ein schlechtes Gewissen dabei. »Wer von seinem Vater so billig erpreßt wird«, dachte er sich, »der hat das Recht auf seiner Seite.« Doch er hatte die Sturheit seines Vaters leider bei weitem unterschätzt. Irgendwann machte Hans Büttgen Ernst. Als Billy im 11. Semester war, nahmen die Spielchen plötzlich an Härte zu und fortan jagte ein Ultimatum das nächste. Was nervte. Weil es Billys Schlaf beeinträchtigte. In seinen Träumen spielte auf einmal und mit grausamer Regelmäßigkeit eine gemeine Abrißbirne eine tragende Rolle, und nicht nur einmal wachte er mitten in der Nacht schweißgebadet auf.
    Schließlich gab es Druck von Annabelle, der Schönen. Billy liebte sie wie am ersten Tag. Aber sie hatte sich gemacht. Sie war einen mächtigen Schritt vorangegangen, in den letzten Jahren. Sie war mitten in ihrem Studium und glücklich dabei. Sie arbeitete nebenbei im Krankenhaus, und im Gegensatz zu Billy lernte sie gerne und viel. Sie konnte begeistert über ihr Fach referieren, und hatte immer die besten Geschichten am Start. Chirurgie war ihr Liebling. Blut machte ihr gar nichts. Wenn nur durch Knochen gefräst wurde und die Schädel offenstanden, wenn der Doktor »Schwester« sagte und die Schwester »Ja, mein Schatz«, ging sie ab und in

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