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Das weisse Kaenguruh

Das weisse Kaenguruh

Titel: Das weisse Kaenguruh Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Matthias Praxenthaler
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angesteckt und versuchte sich trotzdem zu konzentrieren. Der Gedanke ans Kino hatte sich schon lange aus seinem Kopf verflüchtigt. Jetzt galt es nämlich nachzurechnen. Und in seinem momentanen Zustand erforderte das seine volle Aufmerksamkeit. Aber zum Glück war der Euro in kalkulatorischen Fragen ja äußerst erfahren. Wenn es darum ging, sich den zukünftigen Reichtum übermütig herbeizurechnen, machte ihm keiner etwas vor. Da war er absoluter Profi, und an dieser Selbsteinschätzung hatten auch die immer neuen Fehlschlüsse nichts geändert, die seinen geschäftlichen Weg von Beginn an gepflastert hatten. Ein Mann vom Selbstbewußtsein des Euro hatte schlicht keine verkorkste Vergangenheit, die ihm die Zukunft madig machen konnte. Blinde Begeisterungsfähigkeit war für ihn ein Grundprinzip im Leben.
    Für die Möbelgeschichte mit dem Lastwagen-Schorsch brauchte er also Zehn- bis dreißigtausend Mark. Der Euro entschied sich für die goldene Mitte, und so kam es, daß seine Kalkulation folgende Gestalt annahm. Es war eine einfache Gleichung, und es dauerte keine fünf Minuten, dann hatte er sie aufgestellt. Die Gleichung lautete: 20 000 = (5000*5)– 5000! Fertig. Demnach müßte er folglich 5000 Joints zu je fünf Mark das Stück verkaufen – was 25 000 machte – und davon noch den Einkaufspreis für die Joints abziehen. Den setzte er kurzer Hand mit insgesamt 5000 an, weil er angesichts der großen Menge, die er erstehen wollte, den Einkaufspreis auf nicht mehr als eine Mark pro Stück ansetzte,inklusive Verpackung. »Das hört sich schon mal nicht schlecht an«, dachte er sich, wobei sich das ganze Unternehmen natürlich nur rechnete, wenn es schnell ging. Länger als zwei Monate durfte er sich damit nicht aufhalten, die absolute Schmerzgrenze lag bei maximal zehn Wochen. Spätestens dann mußte der Deal gelaufen sein.
    Es kam also auf die Effizienz an. Ratzfatz mußte es gehen, schnell rein und noch schneller wieder raus. Denn natürlich hatte der Euro weitergerechnet und dabei festgestellt, daß er etwa 70 Tütchen am Tag verkaufen mußte, wenn er sein Absatzziel von 5 000 Stück in zehn Wochen erreichen wollte. Und wenn er bereits nach acht Wochen durchsein wollte, erhöhte sich die tägliche Dosis auf 90 Stück. Was eine Menge war. Aber trotzdem machbar, fand er. Für einen wie ihn sogar locker und aus der Lamäng. Er kannte schließlich seine Stadt und wußte nur zu gut, wo die üblichen Verdächtigen zu finden waren. Außerdem stand der Sommer vor der Tür und trieb die Menschen ins Freie. Der Zeitpunkt für das Geschäft war ideal. Bei fünf Mark pro Joint mußte der Mob einfach zuschlagen. Für fünf Mark bekam man in München mittlerweile ja nicht mal mehr zwei Bier.
    So saß der Euro auf seiner Bank und war mit sich und seiner Welt äußerst zufrieden. Er hatte es mal wieder geschafft. Seine Zukunft konnte kommen, das Leben ging weiter und die Zeichen standen auf volle Kraft voraus. Er jedenfalls hatte ein gutes Gefühl. Und so schnipste er den Filter auf die Straße, blies den letzten Zug in die Abendluft und griff zu seinem Handy. Derart gute Neuigkeiten mußten umgehend verbreitet werden.
    »Ich bin’s«, sagte er, als sich am anderen Ende der Lastwagen-Schorsch meldete.
    »Euro, mein Bester. Ich dachte, du meldest dich erst am
    Dienstag.«
    »Ja, aber die Dinge haben sich entwickelt.«
    »Ich höre!«
    »Das mit der Kohle geht klar. Ich steig mit 20 Riesen ein.«
    »Na bitte! Ich wußte doch, daß auf den guten alten Euro Verlaß ist.«
    »Zahltag ist aber erst Ende Juli.«
    »Was? Das ist ja erst in gut drei Monaten. Früher geht es nicht?«
    »Keine Chance. Ich muß da vorher noch was regeln.«
    »Ein Deal?« fragte der Lastwagen-Schorsch.
    »Und was für einer, Schorschi«, sagte der Euro. »Und was für einer!«

Eßstörungen.
    »Das ist mit Abstand die schwachsinnigste Idee, von der ich je gehört habe«, sagte Billy, als der Euro mit seiner Geschichte fertig war.
    Er betonte mit Nachdruck die entscheidenden Wörter und bewegte dazu rhythmisch seinen Kopf.
    »Entschuldigung?« schoß der Euro zurück. Er konnte es nicht fassen. »Was soll daran bitte schwachsinnig sein? Das ist ein todsicherer Deal.«
    »Klar. Aber da gibt es leider ein Problem. Die Sache wird nicht funktionieren.«
    »Ach nein? Und wieso nicht?«
    »Na, Kosten-Nutzen, Aufwand-Ertrag, Zeitplan, denkbare Szenarios, alles. Da stimmt ja nichts.«
    »Ach darum. Ja, dann.«
    Billy meinte, was er sagte. Und er war sogar ein

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