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Das Weisse Kleid Des Todes

Das Weisse Kleid Des Todes

Titel: Das Weisse Kleid Des Todes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julia Spencer-Fleming
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Verlassen der Kirche die Hände schütteln. Sie gehen nach hinten ins Gemeindezentrum, gleich durch diese Türen hier« – sie deutete auf das Hauptportal – »und dann geradeaus und rechts.« Der Officer, den Russ mitgebracht hatte, kam durch die Innentür geschlüpft. Er hielt einen Heftordner in der Hand. »Tun Sie mir einen Gefallen«, sagte Clare zu Russ, »geben Sie den Leuten Gelegenheit zu einer Tasse Tee und einem Keks, bevor Sie jedem die Fotos unter die Nase halten. Okay?«
    »Okay.« Er klopfte auf seinen eigenen Aktendeckel und bahnte sich, anscheinend ohne die Blicke zu beachten, einen Weg durch das Gedränge im Mittelgang. Ein Polizist hat’s auch nicht leicht, dachte Clare. Stets war man entweder der Held oder der Bösewicht, nie einfach nur ein Mensch.
    »Reverend Fergusson!« Mr. Sumners gebieterischer Tonfall riss sie aus ihren Gedanken. »Finden Sie nicht, die Gemeinde in ihrem eigenen Gotteshaus zu bitten, dass sie sich weibliche Mordopfer anschaut, ist der Gipfel der Geschmacklosigkeit?«
    Clare versteifte sich. Das würde ein langer Sonntag werden.

    »Nein, ich glaube nicht, dass man noch einmal um unsere Mithilfe bei der Untersuchung bittet, Mr. Fitzpatrick. Das hieße ja, die örtliche Polizei könnte den Mörder nicht finden, und ich bin sicher, das wird nicht der Fall sein.«
    »Würde nicht drauf wetten. Schon zu meiner Zeit im Gemeinderat habe ich gesagt, wir brauchen einen geschulten Ermittler. Heutzutage kommen zu viele Leute aus den Großstädten rauf! Man kann ja schon nicht mehr auf der Straße gehen, ohne über irgendein neues Gesicht aus New York oder Albany zu stolpern.« Der würdige Achtziger keuchte vor Empörung. Clare legte ihm beruhigend eine Hand auf den Arm, und er ergriff die ihre, um sie im Takt mit seinen Worten auf und ab zu schwenken. »Habe gesagt, wir bräuchten mehr Ermittler, aber die wollten ja sparen, und was haben sie getan? ’nen Detective als Polizeichef eingestellt und einen von den Jungs den Sommer über zur Staatspolizei geschickt. Daran ist nur Harold Collins schuld, dieser Geizkragen. Sie haben ihn noch nicht kennen gelernt, oder? Wissen Sie, wie er bei diesem Problem mit der Kläranlage gestimmt hat?«
    »Ich muss wirklich nach hinten ins Pfarrzentrum, Mr. Fitzpatrick. Es war wunderbar, mit Ihnen zu reden, und ich hoffe, diese Schleimbeutelentzündung geht bald vorbei. Wie wär’s? Soll ich diese Woche mal einen kleinen Besuch einplanen? Ich rufe Sie am Montag an. Passen Sie auf sich auf!«
    Geschickt entzog Clare ihre Hand den Klauen des ehemaligen Gemeinderatsmitglieds und eilte, so schnell ihre Würde und ihr wallendes Messgewand es zuließen, durch den Mittelgang. Sie gelangte in die Sakristei, ohne mit jemandem sprechen zu müssen. Dort entknotete sie das Zingulum um ihre Taille, eine Art Strick, der ihre Gelübde symbolisierte, nahm die Stola ab und küsste mit hastiger Ehrerbietung das Kreuz, das darauf gestickt war. In den vier Jahren, als sie ihrer Kirche als Diakonin diente, hatte sie diesen Schal gekreuzt auf der Brust getragen, und noch jetzt, als geweihte Priesterin, erregte sie das Gefühl, wenn ihr der steife Stoff um die Schultern fiel. Mit einem Ruck, dass das weiße Leinen sich bauschte, zog sie die Albe über ihren Kopf, schüttelte sie mit einer energischen Armbewegung aus, die die meisten Falten verschwinden ließ, und hängte sie auf einen Drahtbügel. Sie bekam Gewissensbisse. Ein tolles Reinheitssymbol war das nicht gerade: die Ärmel nach innen gestülpt und jeden Moment in Gefahr, zu Boden zu rutschen. Sie nahm das weiße Gewand und hängte es auf seinen angestammten Holzbügel.
    In einem ihrer weniger schmutzigen Spiegel sah sie mit Erstaunen, wie ruhig sie wirkte. Kein einziges Härchen ihrer Frisur war zerzaust. Nachdem sie sich Beschwerden, Widerreden und entsetztes Japsen angehört und endlos zugestimmt hatte – ja, es sei eine Schande, nein, die Polizei verdächtige niemanden aus der Pfarrei, und, Gott, wo kämen wir nur hin –, meinte sie, die Haare müssten ihr mit rauchenden Spitzen vom Kopf abstehen, als hätte sie in eine Starkstrombuchse gefasst.
    Es klopfte. Sie stieß einen Seufzer aus. Nicht noch mehr Fragen, bitte. Die Tür ging gerade so weit auf, dass eine Hand mit einem sehr vollen, sehr verlockenden Glas Sherry hindurchpasste.
    Lois schob sich seitwärts zu dem Spalt herein. »Ich habe von den Damen, die für die Erfrischungen zuständig sind, den Sherry aus der Küche holen lassen. Ich dachte mir,

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