Das Weisse Kleid Des Todes
kosten?«
»Nur wenn Sie nächstes Jahr dreißig Pfund zunehmen wollen. Dauernd trichtere ich den Leuten ein, sie sollen etwas Leichtes zu diesen Dinners mitbringen, aber denken Sie, die hören zu? Schauen Sie sich nur Sterlings schwedische Fleischbällchen an. Zufällig weiß ich, dass er das fetteste Rinderhack verwendet, das er bekommen kann, mehrere Eier darunter knetet und es dann in einer Buttersoße brät. Ein wahres Wunder, dass der Mann keinen Herzschlag kriegt, nicht wahr? Dafür sind Sie ja die Spezialistin.«
Clare lachte. Sie konnte spüren, wie sich unter Doktor Annes beißendem Humor die hartnäckige Verkrampfung in ihren Schultern löste. Es war kein leichter Tag gewesen, erst im Leichenschauhaus und auf dem Polizeirevier, dann mit Kristen in Ruyters Bestattungsinstitut. Den eigenen alten Schmerz zu ignorieren, während Kristen mit der Geschwindigkeit von jemandem, der Kabelkanäle durchzappt, abwechselnd in Wut, Ratlosigkeit und Trauer verfiel.
Es tat gut, sich zurückzulehnen, dem Strom von Kritiken und Klatsch zuzuhören und keine größere Strapaze mehr vor sich zu haben als einen Bummel nach Hause, und dann früh zu Bett gehen. »Das Einzige, was mir jetzt noch zu meinem Glück fehlt, ist ein kaltes Bier«, murmelte sie.
»Das fehlt wirklich, nicht wahr? Es würde einem helfen, Phoebes Chili runterzuspülen.« Doktor Anne reichte Clare den Brötchenkorb. »Manchmal gibt es bei diesen Dinner Wein. Aber wenn Chris und ich Gastgeber spielen, bringt erst gar niemand eine Flasche mit; ich bin nämlich fanatisch, was Trunkenheit am Steuer betrifft, sodass ich die Leute praktisch schon an der Haustür ins Röhrchen pusten lasse.«
»Bei dem Pfarreidinner, wo ich im August war, gab es Sangria«, sagte Clare. »Dieses Grillfest.«
»Und wann war das? Während Ihrer Bewerbung?«
»Hm«, bejahte sie. »Urgemütlich, so ein Essen mit den Arbeitgebern in spe … Dauernd hatte ich Angst, etwas zu verschütten und mich vollzukleckern. Also blieb ich bei geräucherter Pute auf trockenen Brötchen.« Sie schnitt eine Grimasse. »Erstaunlich, dass mir niemand Magersucht unterstellt hat.«
Doktor Anne lachte. »Und wo war das?«
»Bei den Fowlers.«
»Ach du großer Gott, da mussten Sie sich anhören, wie Vaughn Lobeshymnen auf den Charme, die Intelligenz, das gute Aussehen und den unschlagbaren Erfolg seines Sprösslings sang, nicht wahr?« Sie verdrehte die Augen. »Ich für mein Teil finde, solange die Polizei nicht nach meinen Söhnen fahndet, sind sie in Ordnung. Vaughn und Edie dagegen, die nehmen ihre Kinder mit zum Strand, damit sie sie übers Wasser wandeln sehen.« Sie lachte. »Oh, komm her, Schatz. Sag Reverend Fergusson guten Tag.« Doktor Anne schnappte sich ihren Sohn, während er mit einer leeren Wasserkanne an ihr vorbeischlurfte. »Gerade habe ich der Frau Pastorin erzählt, was du alles kannst. Das hier ist Anderson, mein Ältester.« Der Jugendliche machte eine linkische Verbeugung, bei der ihm sein blondes Haar ins Gesicht fiel, und nuschelte »guten Tag«. »Anderson ist jetzt im letzten Schuljahr, auf der Millers Kill High. Wenn er fertig ist, werfen wir ihn raus und zwingen ihn, als Karaokesänger in Nachtklubs für sich selber zu sorgen.«
»Ma!«, protestierte der Junge. »Das sagt sie, weil ich in der Theatergruppe bin. Ich gehe nachher auf die Brown. Ich hab schon den Aufnahmebescheid«, berichtete er Clare.
»Gratuliere. Das ist eine tolle Universität. Ziemliche Veränderung nach der Millers Kill High School, was?«, fragte Clare.
»Und ob. Ich kann’s gar nicht erwarten. Hey, hab ich dir schon erzählt: Heute hat alles über unsere Kirche gesprochen?« Anderson sah seine Mutter an. »Von wegen, dass Ethan Stoner seine Exfreundin umgebracht und dass Alyson Shattham sie anhand eines Fotos identifiziert hat, direkt drüben in St. Alban’s! Das war echt cool.«
»Was?« Clare sah von Doktor Anne zu deren Sohn. »Anderson, es gibt keinen Beweis, dass Ethan Stoner irgendjemanden umgebracht hat. Die Polizei sucht jeden, der Katie McWhorter kannte und irgendwelche Informationen haben könnte.«
»Da hab ich aber was anderes gehört. Klang eher so, als würden die Bullen Ethan jeden Moment ins Kittchen stecken und wegen Mordes anklagen. Sie meinen, vielleicht war es jemand anderer, oder wie?« Er wirkte enttäuscht. »Scheibenkleister. Das wär der dickste Knüller gewesen, seit die Mädchen Landesmeister im Baseball geworden sind.«
Ja natürlich, in einem
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