Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Weisse Kleid Des Todes

Das Weisse Kleid Des Todes

Titel: Das Weisse Kleid Des Todes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julia Spencer-Fleming
Vom Netzwerk:
Meine Schwester ist tot! Und das Beste, was dieser Typ zu Stande bringt, ist, herzukommen und mich zu fragen, ob ich irgendwas weiß, warum sie’s verdient hat! ›Ach, und übrigens, haben Sie heute Abend Ihren Vater ermordet?‹ Also, Chief Van Alstyne« – sie sprach seinen Namen wie ein Schimpfwort aus –, »wenn der Mord an meiner Schwester nichts mit dem Baby zu tun hat, dann läuft da draußen vielleicht irgendein Irrer herum, der alle McWhorters kaltmachen will! Wer ist wohl als Nächstes dran? Ich? Cody?«
    »Das reicht, Kristen.« Clares Stimme durchschnitt die Luft wie ein Propellerblatt: scharf, hart, unmissverständlich. »Sie sind erschöpft und mit den Nerven runter. Sie denken nicht nach.« Clare ging zur Tür, wo sie ihre Jacke vom Haken nahm und in ihre Stiefeletten schlüpfte, ohne die wütende junge Frau aus den Augen zu lassen. »Rufen Sie morgen an, falls Sie irgendwelche Hilfe bei den Bestattungsarrangements brauchen.«
    Sie winkte Russ zu, der immer noch regungslos, in Strümpfen und Wollmütze, zwischen Küche und Wohnzimmer stand. Er setzte sich in Bewegung und nahm seinen Mantel und seine Stiefel, während Clare fortfuhr: »Chief Van Alstyne wird es Ihnen mitteilen, sobald er irgendetwas über die Morde herausfindet.« Sie legte ihre Hände auf die Schultern des Mädchens und schüttelte es wie eine Katzenmutter, die ihr Junges beruhigen will. »Einstweilen möchte ich, dass Sie sich etwas Warmes zu trinken machen und schnurstracks ins Bett gehen. Versuchen Sie auszuschlafen und essen Sie morgen früh unbedingt etwas. Meine Nummer haben Sie ja.« Kristen nickte. »Also dann, gute Nacht.« Ihre Stimme wurde sanfter. »Es tut mir leid, Kristen. Alles.« Sie öffnete die Tür und signalisierte Russ mit einer ruckartigen Kopfbewegung: Zeit zum Gehen. Er verkniff sich ein »Zu Befehl«, eilte aber trotzdem schleunigst nach draußen.
    »Gute Nacht, Kristen. Wir sprechen morgen miteinander.« Sie machte die Haustür zu und zog den Kopf gegen das Schneegestöber ein, um Russ mit langen Schritten zu überholen. Sie wollte am Wagen sein, bevor ihre Stiefeletten völlig durchnässt waren. Vergebliche Liebesmüh. Als er ins Auto stieg, saß sie bereits darin und wischte sich die Jacke ab. Ihm tat die Hüfte weh. Eindeutig zu langer Tag. Russ jagte den Motor hoch und blieb einen Moment sitzen, zu erschöpft, um den Gang einzulegen und die anstrengende, weite Heimfahrt anzutreten. Er rieb sich die Stirn mit dem Handrücken. Die Fahrt zum Pfarrhaus, besser gesagt . Muss erst Clare heimbringen. Im Radio fragte eine Psychiaterin ungläubig die weibliche Anruferin aus, die sich in ihren Schwager verliebt hatte. »Echtheits-Check!« Dr. Adele bellte wie ein Kasernenfeldwebel.
    Lächelnd fuhr Russ aus dem Parkplatz heraus, und der Allradantrieb stampfte gegen die frischen Schneeschichten an. »Sie waren also wirklich Offizier«, sagte er.
    »Tut mir leid, falls ich Sie da drin überrollt habe, aber ich –«

    »Nein, nein, bin Ihnen dankbar, ehrlich. Ich weiß mit so was nie richtig umzugehen. Versuche, jemanden zu trösten, und am Ende kriegst du ’nen Aschenbecher an den Kopf. Gib dich tough und sei professionell, und im Handumdrehen hast du ’nen Ruf als herzlose Bestie weg, oder noch schlimmer: dir flattert ’ne Dienstaufsichtsbeschwerde auf den Tisch.«
    »Hm.« Sie wandte sich ab und lehnte ihren Kopf ans Fenster.
    Er konzentrierte sich auf die Fahrbahn und drehte das Warmluftgebläse voll auf, damit die Windschutzscheibe frei würde. Der Schnee schlug ihnen horizontal entgegen, als wollte die Natur Russ’ Pick-up mit den Eiskristallen attackieren. Trotz seines Körpergewichts und des Allradantriebs griffen die Reifen schlecht. Es war eine höllische Nacht. Gott sei Dank hatte er Clare nicht mit ihrem albernen kleinen Moskito heimfahren lassen.
    Wegen des Rauschens der Heizung und des nervtötenden Radiospots für einen Autohändler – »Fort Henry Ford für Schnellkredit und Geld-zurück-Garantie!« – entgingen ihm die ersten beiden gedämpften Schluckgeräusche auf dem Beifahrersitz. Er riskierte einen sekundenschnellen Blick. Clare saß so verdreht, dass er ihr Gesicht nicht sehen konnte. Da hörte er es erneut, ein schweres, geräuschvolles Schlucken.
    »Clare?« Für einen egoistischen Moment dachte er: Bitte, bitte, nicht noch eine verzweifelte Frau, damit werde ich heute nicht mehr fertig. »Alles in Ordnung?« Sie nickte heftig.
    Russ sah vorne die gelbe Warnlichtreihe und kam

Weitere Kostenlose Bücher