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Das weiße Krokodil

Das weiße Krokodil

Titel: Das weiße Krokodil Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C. C. Bergius
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dann noch dem vermeintlichen Feind näherte und dieser ihr nicht das geringste tat, vielmehr versuchte, sie mit zarten Fühlerschlägen zu beruhigen, da waren die Soldaten wie gelähmt.
    Xenia benutzte die günstige Gelegenheit, ihren Volksgenossen zu bedeuten, daß der Fremdling nichts Böses im Schilde führe und sich niemals ihrem Bau genähert haben würde, wenn sie ihn nicht dazu aufgefordert hätte.
    Der Befehlshaber der Wachtruppe klopfte daraufhin in schnellen Intervallen erregt auf den Boden: ›Wie kamst du dazu?‹
    ›Ich hatte Mitleid mit ihm.‹
    ›       Warum?‹
    ›Weil er allein ist und einer fremden Rasse angehört, die sich nicht selber ernähren kann. Ich fand ihn fast verhungert in der Waldlichtung. Da habe ich ihn gefüttert, bis er wieder bei Kräften war.‹
    Der Befehlshaber erzeugte vor Entsetzen die wildesten Geräusche. ›Und du hast dir eingebildet, daß wir ihn in unseren Staat aufnehmen?‹
    ›       Allerdings.‹
    ›Ja, siehst du denn nicht, daß er einem kriegerischen Stamm angehört?‹
    ›Er wurde in unser Land verschlagen und hat mir versprochen, niemandem etwas zuleide zu tun!‹
    ›Versprechen kann man vieles. Er gehört einer fremden Rasse an; das ist Grund genug, auf der Hut zu sein und ihn fortzujagen!‹
    ›Ich denke, wir sind ein friedliebendes Volk.‹
    ›Jawohl, das sind wir! Und damit wir es bleiben, dulden wir keine Fremdlinge in unserem Staat. Und mit Volksgenossen, die keine Ehre im Leibe haben und Angehörige anderer Rassen mit Nahrung versorgen, wollen wir ebenfalls nichts zu tun haben. Schert euch also fort, wenn ihr nicht erleben wollt, daß wir unsere Stachel auf euch richten und euch mit Gift bespritzen!‹
    Xenia war wie benommen. Sie begriff das Verhalten ihrer Landsleute nicht und schämte sich ihrer so sehr, daß es ihr nichts ausmachte, wie eine Verbrecherin davongejagt zu werden. Im Gegenteil, die unerwartete Entwicklung versetzte sie sogar in eine gehobene Stimmung, da sie die einmalige Chance erkannte, die sich ihr bot. Sie allein konnte jetzt noch beweisen, daß der Geist ihres Volkes nicht dem jenes rüden Befehlshabers entsprach, und wenn ihr dieses gelang, dann hatte ihr Dasein einen höheren Sinn erhalten, als es das Leben eines ganzen Staates zu sein vermag.
    Von dieser Stunde an fütterte Xenia ihren Schützling mit geradezu sklavischer Hingabe, und Barbatus war von ihrer unermüdlichen Fürsorge so beeindruckt, daß er sich angelegentlich bemühte, seiner Dankbarkeit sichtbaren Ausdruck zu verleihen. Jeder tat das Seine, um dem anderen zu helfen. Das hatte zur Folge, daß sie ihr unterschiedliches Aussehen mit der Zeit nicht mehr wahrnahmen und nur noch den Spiegel ihrer Herzen sahen, die beide im Rhythmus friedfertiger Ameisen schlugen.
    Ein Leben von ungeahnter Schönheit tat sich vor ihnen auf, und sie unternahmen die herrlichsten Streifzüge durch Wiesen und Wälder, bis sie eines Mittags an einem gefällten Baum vorüberkamen, auf dem ein Mann saß, der eine Zigarette rauchte und gelangweilt in einer Zeitung blätterte. Ihr Interesse war natürlich gleich geweckt. Ohne zu zögern faßten sie den Entschluß, sich den Menschen näher anzusehen.
    Xenia war es, die als erste an seinen Schuhen emporklomm, und Barbatus, der auffangbereit unter ihr stehenblieb und jede ihrer Bewegungen aufmerksam beobachtete, folgte ihr erst, als er sah, daß sie gut über das glatte Leder hinweggekommen war. Dann krabbelten sie gemeinsam am Strumpf des Mannes in die Höhe, wobei Barbatus wiederum Xenia den Vortritt überließ, um ihr notfalls beistehen zu können. Er brauchte jedoch keine Hilfestellung zu leisten, da das Gewebe des Strumpfes außerordentlich rauh war und einen prächtigen Halt bot. Aber noch bevor sie die Wade des Mannes erreicht hatten, entdeckte Xenia ein steil aus der Wolle herausragendes Haar, das sie nach neugieriger Betrachtung veranlaßte, Barbatus einen bedeutsamen Blick zuzuwerfen. Der verstand sofort, was sie wünschte. Er erfaßte das Haar mit seinen starken Kiefern und versuchte, es aus dem Strumpf herauszuziehen. Doch kaum hatte er das getan, da gewahrte er eine herabsausende Hand. Nur einem glücklichen Umstand war es zu verdanken, daß es ihm in letzter Sekunde gelang, Xenia und sich selbst in Sicherheit zu bringen.
    Das unliebsame Erlebnis hinderte ihn jedoch nicht, sogleich einen zweiten Versuch zu machen. Mit dem Erfolg, daß der Mann höchst unwillig über sein Bein strich und sich erhob. Dabei warf er

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