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Das weiße Krokodil

Das weiße Krokodil

Titel: Das weiße Krokodil Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C. C. Bergius
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seine Zeitung und die Zigarette achtlos zu Boden, und Xenia und Barbatus blieb nichts anderes übrig, als schnellstens auf die Erde zu springen. Mit Mühe und Not gelang es ihnen, sich von dem Menschen zu entfernen, dessen harte Ledersohlen sie in letzter Sekunde fast noch zerquetscht hätten.
    Ihr Glück darüber aber war nur von kurzer Dauer, denn die gedankenlos fortgeworfene Zigarette entzündete die Zeitung und entfachte einen Waldbrand, der mit solcher Schnelligkeit um sich griff, daß Xenia und Barbatus sich nicht mehr retten konnten und bei lebendigem Leibe verbrannten.
    Feuer vernichtete ihr Leben«, schloß der greise Tie-tie seine Geschichte. »Getötet aber hat sie die Gedankenlosigkeit eines Menschen!«
    Das weiße Krokodil, das während der Erzählung regungslos am Ufer gelegen hatte, schnappte sekundenlang nach Luft und ließ sich langsam in den See gleiten. Dabei wandte es seinen Kopf noch einmal zu Tie-tie hinüber, der unter den Augen des mächtigen Raubtieres etwas Glitzerndes zu sehen glaubte.
    Krokodilstränen?
    Er wünschte sich, daß es keine Wassertropfen seien, und blickte verklärt hinter dem weißen Krokodil her, dessen Kiellinie zwei auseinanderlaufenden Silberfäden glich.

V
     
     
     
    Es waren noch keine vierzehn Tage vergangen, als Tie-tie eines frühen Morgens erschrocken von seinem Lager auffuhr, da er männliche Stimmen hörte, die sich der Pagode näherten. Sekundenlang glaubte er zu träumen. Hastig schlüpfte er in seine gelbe Kutte und eilte durch den noch im Dunkeln liegenden Tempel nach draußen, wo er beinahe mit Yen-sun zusammenprallte. In seiner Begleitung befanden sich seine beiden Kameraden und ein rundlicher Malaie, der Tie-tie im ersten Augenblick wie ein Weltwunder anstarrte, dann aber laut auflachte.
    Yen-sun warf dem Malaien einen ärgerlichen Blick zu und beeilte sich, die peinliche Situation zu überbrücken. »Du schaust uns an, als seien wir Gespenster«, sagte er und fügte schnell hinzu: »Nun ja, ich kann mir denken, daß unser unerwartetes Auftauchen dich sehr erschreckt hat.«
    Den greisen Tie-tie beschlich ein unheimliches Gefühl. Er ließ sich jedoch nichts anmerken, sondern erwiderte lächelnd: »Für mich ist es eine große Freude, dich schon nach so kurzer Zeit wiederzusehen. Ich verstehe nur nicht, warum ihr so früh aufgebrochen seid. Über Tag ist es doch viel schöner hier!«
    Yen-sun klopfte ihm auf die Schulter. »Genau das ist der Grund, weshalb wir eine halbe Nachtfahrt in Kauf genommen haben. Einen vollen Tag wollen wir hier verbringen. Und weißt du, warum? Weil dieser Herr mit seiner Kamera Aufnahmen vom weißen Krokodil machen möchte.«
    Tie-tie blickte zu dem Malaien hinüber.
    Der reichte ihm die Hand. »My name is Amahd.«
    »Er spricht nur englisch und malaiisch«, erklärte Yen-sun. »Ich hatte ihm von dir und dem weißen Krokodil erzählt. Seitdem bedrängt er mich unablässig, ihn hierherzubringen, damit er ein paar Aufnahmen machen kann. Er hat früher bei einem Zoologen gearbeitet und interessiert sich für Tiere aller Art. Besonders natürlich für solche, die man nur selten zu sehen bekommt.«
    »What did you tell him?« mischte sich der Malaie in das Gespräch.
    Yen-sun grinste und antwortete auf englisch: »Eine kleine Lüge, die ihn beruhigen soll.«
    Tie-tie schaute skeptisch von einem zum anderen. Er traute dem Malaien nicht und sagte nach kurzer Überlegung: »Ich fürchte, deinen Bekannten enttäuschen zu müssen. Das weiße Krokodil kommt nur an Land, wenn sich niemand am Ufer aufhält. An mich hat es sich inzwischen gewöhnt, aber wenn es euch sieht, wird es sofort flüchten.«
    Yen-sun erklärte Tie-tie, der Malaie besitze ein Teleobjektiv, mit dem er aus großer Entfernung, also auch von der Pagode aus, die schärfsten Aufnahmen machen könne.
    »Wenn das der Fall ist, empfehle ich dem Herrn, sich zu gegebener Zeit dort drüben hinter den Strauch zu stellen«, erwiderte Tie-tie. »Vom Ufer aus ist er dann nicht zu sehen.«
    »Großartig!« erwiderte Yen-sun erleichtert. »Du gehst dann zum Krokodil hinunter, nicht wahr?«
    Tie-tie hob abwehrend die Hände. »Für nichts in der Welt werde ich das tun!«
    Yen-sun sah ihn entgeistert an. »Aber warum nicht?«
    Tie-tie schilderte sein aufregendes Erlebnis mit dem Krokodil und machte kein Hehl daraus, daß er nicht den Mut habe, sich ihm zu nähern, wenn er nicht allein sei und die Gefahr bestehe, daß das Tier sich erschrecken könne.
    Yen-sun übersetzte das Gehörte

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