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Das weiße Mädchen

Das weiße Mädchen

Titel: Das weiße Mädchen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: dtv
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richtige Zeitpunkt. Ich brauche Beweise   …
    Nachdem dieser Entschluss gefasst war, fühlte sie sich etwas ruhiger, wenn auch nicht besser. Sie legte das Telefon auf den Glastisch und erhob sich, um die Balkontür fest zu verriegeln. Christines Tagebuch steckte sie nach kurzer Überlegung in ihre Handtasche, wobei sie das schwarze Haar umsichtig zwischen zwei Seiten legte. Dann ließ sie sich wieder auf dem Sofa nieder, schloss die Augen und versuchte, an nichts zu denken.
    Was auch immer ich als Nächstes unternehme, es hat Zeit bis zum Morgen,
sagte sie sich.
     
    Sie musste wieder eingeschlafen sein, denn als der Klingelton des Handys sie weckte, war es bereits nach acht Uhr. Benommen tastete Lea nach dem Telefon, setzte sich auf und sah die Nummer der Redaktion auf dem Display.
    »Ja?«
    »Jörg Hausmann hier.«
    »Gott sei Dank«, seufzte Lea. »Ich muss dringend mit jemandem reden.«
    »Gerne!« Jörgs Stimme klang angenehm frisch undmunter. »Du hast übrigens eine E-Mail von deinem Sohn, die aus irgendeinem Grund hier gelandet ist. Soll ich sie dir weiterschicken?«
    »Ja, danke.«
    »Du klingst so besorgt. Was ist los?«
    Lea beschloss, ihm alles zu erzählen. Sie vertraute ihm, und als Unbeteiligter war er am ehesten in der Lage, Ordnung in ihre wirren Gedanken zu bringen. Als sie geendet hatte, schwieg er eine Weile, und Lea sah förmlich vor sich, wie er ungläubig den Kopf schüttelte.
    »Du hast nicht die Polizei gerufen?«, fragte er.
    »Du hast mir doch selbst davon abgeraten«, gab Lea zurück.
    »Das war eine andere Situation. Jetzt aber ist erwiesen, dass jemand dich verfolgt und dir nachspioniert. Merkst du nicht, dass du dich mit deinen Nachforschungen in ernsthafte Gefahr bringst? Willst du weitermachen, bis der Kerl sich genötigt sieht, noch drastischere Maßnahmen zu ergreifen?«
    »Du glaubst also auch, dass es der Bewohner des Herforth-Hofs war?«
    »Nach dem, was du mir erzählt hast, kommt wohl niemand anders infrage.«
    »Aber man wird ihm nichts nachweisen können«, gab Lea zu bedenken. »Ich muss zuerst noch mehr herausfinden. Vor allem muss ich wissen, ob er wirklich der verschollene Sohn meines Vermieters ist.«
    »Und wie willst du das ohne die Hilfe der Polizei herausfinden, wenn er sich auf seinem Hof verschanzt?«
    »Ich weiß es noch nicht«, murmelte Lea.
    »Lea   …« Es klang, als bemühte sich Jörg um einen besonders eindringlichen Ton. »Hör mir zu! Die ganze Sache gefällt mir nicht – und du kannst nicht verlangen, dass ich tatenlos zusehe, wie du dich in Gefahr bringst.«
    »Ich bin ein erwachsener Mensch«, verteidigte sich Lea.
    »Und
ich
würde mir mein Leben lang Vorwürfe machen, wenn dir etwas zustößt«, gab Jörg zurück.
    »Tatsächlich? Warum?«
    Jörg schwieg einen Moment. Lea begriff, dass sie ihn mit dieser Frage in Verlegenheit gebracht hatte.
    »Ich denke, das weißt du genau«, sagte Jörg schließlich. »Schließlich bist du   … eine besonders liebe Kollegin.«
    Seine Stimme schwankte ein wenig, als hätte er eigentlich etwas anderes sagen wollen. Lea spürte einen angenehmen Schauer. Sie hatte immer gewusst, dass Jörg sie mochte, doch es war trotzdem schön, es ausgesprochen zu hören.
    »Wie auch immer   …« Jörgs Stimme festigte sich augenblicklich wieder. »Ich bin nach wie vor der Meinung, dass du abreisen solltest. Wenn du es nicht tust, werde
ich
die Polizei alarmieren.«
    »Nein, bitte, tu das nicht!«, bat Lea erschrocken. »Ich spüre, dass ich kurz vor der Lösung des Rätsels stehe. Gib mir noch ein wenig Zeit.«
    »Wie lange?«
    »Ein paar Tage noch.«
    »Hm.« Jörg schien nachzudenken. »Na schön, aber versprich mir, dass du auf dich aufpasst.«
    »Ich verspreche es.«
    Lea klickte das Handy aus und ließ sich auf die Couch zurücksinken.
Vielleicht hat er recht,
dachte sie.
Vielleicht sollte ich lieber heute als morgen abreisen.
    Doch sie kam nicht dazu, den Gedanken weiter zu erwägen, denn im selben Moment klopfte es an der Tür. Lea öffnete und blickte in Kais strahlendes Lächeln.
    »Guten Morgen, meine Schöne!«, sagte er. »Ausge schlafen ?«
    »Nicht wirklich«, seufzte Lea. »Ich bin ein wenig übernächtigt.«
    Kai hob die Augenbrauen. »Tja, wenn das so ist, dann solltest du vielleicht zurück ins Bett. Soll ich dir dabei Gesellschaft leisten?«
    Lea lachte und zog ihn an sich.
     
    Es gelang Lea, ihre Sorgen vorläufig zu verdrängen. Anfangs hatte sie gefürchtet, ein wenig abwesend zu wirken, doch Kais

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