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Das Werk - 14

Das Werk - 14

Titel: Das Werk - 14 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Émile Zola
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doch in Frieden!« schrie Fagerolles schließlich, der mit seiner Liebenswürdigkeit und mit seiner Geduld am Ende war.
    Als der andere, dumpfe Drohungen brummend, gegangen war, fügte er dann hinzu:
    »Wahrhaftig, man kann noch so entgegenkommend sein, die bringen einen hoch! – Alle wollen den besten Platz unmittelbar über der Leiste! Da müßte die Leiste meilenlang sein! – Ach, das hat man davon, wenn man in der Jury ist! Man rackert sich ab und erntet nur Haß!«
    Mit bedrückter Miene sah Claude ihn an. Er schien für einen Augenblick zu erwachen und murmelte mit schleimiger Zunge:
    »Ich habe dir geschrieben, ich wollte bei dir vorbeikommen, um mich bei dir zu bedanken … Bongrand hat mir gesagt, was du für Mühe hattest.. Vielen Dank nochmals!«
    Aber rasch unterbrach ihn Fagerolles:
    »Zum Teufel! Das war ich doch wohl unserer alten Freundschaft schuldig … Für mich war es eine Freude, dir diesen Gefallen zu tun.« Und ihn befiel die Verlegenheit, die ihn immer vor dem uneingestandenen Meister seiner Jugend überkam, diese Art unbezwingbarer Demut angesichts des Mannes, dessen stumme Verachtung in diesem Augenblick genügte, um ihm seinen Triumph zu vergällen.
    »Dein Bild ist sehr schön«, fügte Claude langsam hinzu, weil er gut und mutig sein wollte.
    Dieses schlichte Lob ließ Fagerolles’ Herz von unwiderstehlicher, übertriebener Rührung schwellen, die, er wußte nicht woher, in ihm aufgestiegen war; und dieser ausgekochte Teufelskerl, dem nichts heilig war, antwortete mit zitternder Stimme:
    »Ach, mein Lieber, ach, das ist nett von dir, daß du mir das sagst!«
    Sandoz hatte soeben zwei Tassen Kaffee bekommen, und da der Kellner den Zucker vergessen hatte, mußte er sich mit den von einer Familie am Nebentisch zurückgelassenen Stücken begnügen. Ein paar Tische leerten sich, aber es ging nun ungezwungener zu, ein Frauenlachen erklang so laut, daß sich alle Köpfe umdrehten. Es wurde geraucht, träger blauer Qualm lag über dem heillosen Durcheinander auf den Tischtüchern, die Weinflecke bekommen hatten und mit fettigem Geschirr vollgestellt waren. Als es Fagerolles ebenfalls gelungen war, sich zwei Gläschen Chartreuse bringen zu lassen, fing er an, mit Sandoz zu plaudern, auf den er Rücksicht nahm, weil er in ihm eine Kraft ahnte.
    Und da belegte Jory Claude, der wieder düster und schweigsam geworden war, mit Beschlag.
    »Hör mal, mein Lieber, ich habe dir keine Einladung zu meiner Hochzeit geschickt … Weißt du, wegen unserer Lage haben wir das unter uns abgemacht, ohne daß jemand dabei war … Aber trotzdem hätte ich dich gern davon benachrichtigt. Du entschuldigst das doch, nicht wahr?«
    Er zeigte sich gesprächig, erwähnte Einzelheiten, war glücklich über das Leben in seiner egoistischen Freude, sich diesem armen, besiegten Teufel gegenüber wohlgenährt und sieghaft zu fühlen. Alles glückte ihm, sagte er. Er hatte die Lokalberichterstattung aufgegeben, denn er witterte, daß es notwendig war, sich sein Leben ernsthaft einzurichten; dann war er in die Leitung einer großen Kunstzeitschrift aufgestiegen; und man versicherte, daß er dreißigtausend Francs im Jahr verdiente, die ganzen krummen Geschäfte beim Verkauf von Sammlungen nicht gerechnet. Die bürgerliche Habgier, die er von seinem Vater hatte, diese ererbte Gewinnsucht, die ihn heimlich in niedrigste Spekulationen stürzte, seit er seine ersten Sous verdient hatte, trat heute deutlich zutage, so daß aus ihm schließlich ein furchtbarer Mann wurde, der die Künstler und Kunstliebhaber, die ihm in die Hände fielen, tüchtig schröpfte.
    Und inmitten dieses Glücks hatte Mathilde, die Allmächtige, ihn soeben dazu gebracht, sie weinend anzuflehen, seine Frau zu werden, was sie ein halbes Jahr lang stolz abgelehnt hatte.
    »Wenn man schon zusammen leben muß, ist es immerhin noch das beste, geregelte Verhältnisse zu schaffen. Na, du hast das ja auch durchgemacht, mein Lieber, du weißt Bescheid … Was sagst du dazu, sie wollte nicht, ja, weil sie fürchtete, man würde schlecht über sie urteilen, und es würde mir schaden. Oh, eine Seelengröße, ein Zartgefühl! – Nein, siehst du, man hat keine Vorstellung von den Vorzügen dieser Frau. Aufopferungsvoll, aufmerksam, sparsam und klug, und voller guter Ratschläge … Ach, es ist ein großes Glück, daß ich ihr begegnet bin! Ich unternehme nichts mehr ohne sie, ich lasse sie machen, sie hat alles in der Hand, auf Ehre!«
    In Wahrheit hatte ihn Mathilde

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