Das Werk - 14
Auswurf getränkten, von Krümeln verdreckten Sand kratzte. Und hinter dem Wandbehang aus brauner Serge aß nun das Personal mit krachenden Kinnladen zu Mittag, lachend bei vollem Munde, mit dem ganzen lauten Schmatzen eines Zigeunerlagers, das die Kessel auskratzt.
Claude und Sandoz machten einen Rundgang durch den Garten; und sie entdeckten eine Figur von Mahoudeau, die in einer Ecke in der Nähe des Ostvestibüls sehr schlecht aufgestellt war. Das war endlich die stehende Badende, aber viel kleiner geworden, kaum größer als ein zehnjähriges Mädchen, und von einer reizenden Eleganz mit den feinen Schenkeln, dem ganz kleinen Busen, einem erlesenen Zögern sprießender Knospen. Ein Wohlgeruch ging davon aus, die Anmut, die niemand verleiht und die dort erblüht, wo sie will, die unbesiegliche, beharrliche, lebenskräftige Anmut, die dennoch unter jenen dicken Arbeiterfingern entstanden war, die so wenig von sich selber wußten, daß sie sich so lange verkannt hatten.
Sandoz konnte nicht umhin zu lächeln.
»Und wenn man bedenkt, daß dieser Kerl alles getan hat, um seine Gabe zu versauen! – Wenn das besser stehen würde, wäre es ein großer Erfolg.«
»Ja, ein großer Erfolg«, wiederholte Claude. »Das ist sehr hübsch.«
Da erblickten sie Mahoudeau, der bereits unter dem Vestibül auf die Treppe zuging. Sie riefen ihn, sie rannten, und alle drei plauderten ein paar Minuten.
Leer, sandig, von einer durch ihre großen runden Fenster hereinfallenden fahlen Helligkeit erleuchtet, dehnte sich die Galerie im Erdgeschoß; und man hätte meinen können, man stehe unter einer Eisenbahnbrücke: starke Pfeiler stützten die Metallgerüste, eine Eiseskälte wehte von oben und machte den Boden feucht, in dem die Füße einsanken. In der Ferne reihten sich hinter einem zerrissenen Vorhang Standbilder aneinander, die abgelehnten Einsendungen der Bildhauer, die Gipsabgüsse, die die armen Bildhauer nicht einmal zurückholten, eine bleiche Leichenschau jammervoller Verlassenheit. Aber was einen hier in Erstaunen versetzte, einen hochblicken ließ, das war der unausgesetzte Krach, das ungeheure Getrampel des Publikums auf dem Fußboden der Säle. Man wurde taub davon, es rollte unmäßig, als erschütterten wie mit Volldampf losbrausende endlose Züge unaufhörlich die Eisenbalken.
Als sie Mahoudeau beglückwünscht hatten, sagte er zu Claude, er habe vergeblich dessen Gemälde gesucht: in was für eine Ecke habe man es denn gesteckt? Dann machte er sich Gedanken über Gagnière und Dubuche, weil die Vergangenheit ihn mit Rührung erfüllte. Wo waren die Salons von einst, die sie scharenweise besucht hatten, das rasende Rennen durch die Säle wie durch Feindesland, die heftige Verachtung beim Weggehen, die Diskussionen, bei denen sie sich den Mund fusselig und den Schädel leer geredet hatten! Dubuche ließ sich bei niemand mehr blicken. Zwei oder dreimal im Monat kam Gagnière von Melun in aller Eile zu einem Konzert herüber; und er hatte das Interesse an der Malerei so sehr verloren, daß er nicht einmal zum Salon gekommen war, in dem allerdings seine übliche Landschaft hing, das SeineUfer, das er seit fünfzehn Jahren einreichte, in einer hübschen, gewissenhaften und so zurückhaltenden grauen Tönung, daß das Publikum es niemals bemerkt hatte.
»Ich wollte eben hinaufgehen«, fuhr Mahoudeau fort. »Kommt ihr mit hoch?«
Blaß vor Unbehagen, sah Claude alle Augenblicke nach oben. Ach, dieses furchtbare Donnergrollen, dieses alles niederwalzende Galoppieren eines Ungeheuers, dessen Erschütterung er bis in seine Glieder spürte. Er streckte wortlos die Hand hin.
»Du verläßt uns?« rief Sandoz. »Mach doch noch einen Rundgang mit uns, und wir brechen dann gemeinsam auf.« Dann preßte ihm Mitleid das Herz zusammen, als er Claude so müde dastehen sah. Er spürte, daß Claude mit seinem Mut am Ende war, nach Alleinsein verlangte, in dem Bedürfnis, allein irgendwohin zu fliehen, um seine Verwundung zu verbergen. »Also, dann leb wohl, Alter … Morgen komm ich zu dir.«
Claude wankte davon, verfolgt von dem Sturm von oben, und verschwand hinter den Büschen des Gartens.
Und zwei Stunden später erblickte Sandoz, nachdem er Mahoudeau verloren und ihn soeben in Gesellschaft von Jory und Fagerolles wiedergefunden hatte, im Ostsaal Claude, der vor seinem Gemälde an derselben Stelle stand, wo er ihn zum erstenmal getroffen hatte. Der Unglückselige war im Begriff gewesen fortzugehen und dann unwillkürlich dort
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