Das Werk - 14
Stäbchen verbrannten, hast du mich hochgebracht mit deinem Gefrotzel über mein Kotelett, das ganz verkohlt war.«
Ein tolles Gelächter schüttelte sie jetzt noch.
Der Maler machte sich wieder an sein Bild, und abschließend sagte er ernst:
»Das alles ist vorbei, Alter! Hier gibt’s nun kein Bummeln mehr.«
Das stimmte. Seit der Traum der drei Unzertrennlichen Wirklichkeit geworden war und sie sich in Paris wiederfanden, um es zu erobern, wurde das Dasein furchtbar hart. Sie versuchten wohl, die großen Ausflüge von einst wiederaufzunehmen, sie zogen an bestimmten Sonntagen zu Fuß los, durch die Barriere de Fontainebleau, durchstreiften das Buschholz bei Verrières, stießen bis Bièvre vor, durchwanderten die Wälder von Bellevue und Meudon und kehrten dann über Grenelle heim. Aber sie beschuldigten Paris, es schade ihren Beinen, sie verließen kaum noch das Straßenpflaster, waren ganz und gar von ihrem Kampf in Anspruch genommen.
Von Montag bis Sonnabend rackerte sich Sandoz in der Bürgermeisterei des fünften Arrondissements20 in einer düsteren Ecke des Standesamts ab, einzig und allein dort festgehalten durch den Gedanken an seine Mutter, die er mit seinen hundertfünfzig Francs kümmerlich ernährte. Dubuche, der gedrängt wurde, seinen Eltern die Zinsen für die Summen zu zahlen, die sie in ihn investiert hatten, suchte außerhalb seiner Tätigkeit an der Ecole des BeauxArts untergeordnete Arbeiten bei Architekten. Claude war dank der tausend Francs Jahreszinsen unabhängig. Aber wie furchtbar waren die letzten Tage im Monat, besonders dann, wenn er mit seinen Freunden das letzte bißchen teilte, was er noch in seinen Taschen hatte! Zum Glück begann er kleine Gemälde zu verkaufen, für die er von Vater Malgras, einem gerissenen Händler, zehn bis zwölf Francs bekam; und außerdem wäre er lieber vor Hunger verreckt, als daß er dazu Zuflucht genommen hätte, für den Broterwerb zu arbeiten, Porträts von Spießbürgern, Heiligenbildchen, Markisen von Restaurants und Hebammenschilder zu malen. Bei seiner Rückkehr hatte er in der Impasse des Bourdonnais ein sehr geräumiges Atelier bekommen; dann war er aus Sparsamkeit an den Quai de Bourbon gezogen. Er lebte dort menschenscheu, in völliger Verachtung für alles, was nicht Malerei war, er hatte sich mit seiner Familie überworfen, die ihm widerwärtig war, hatte mit einer Tante, einer Fleischersfrau aus der Gegend der Markthallen, gebrochen, weil es ihr gut ging, und behielt einzig die geheime Wunde im Herzen, daß seine Mutter so herunterkam, von Kerlen zugrunde gerichtet und in die Gosse gestoßen wurde.
Auf einmal schrie er Sandoz an:
»He, hör mal, sack gefälligst nicht so zusammen!«
Aber Sandoz erklärte, er werde ganz steif, und sprang vom Diwan auf, um sich die Beine zu vertreten.
Eine Pause von zehn Minuten wurde eingelegt. Sie sprachen von etwas anderem.
Claude gab sich gutmütig. Wenn er mit seiner Arbeit vorankam, geriet er nach und nach in Feuer und wurde gesprächig, er, der mit zusammengebissenen Zähnen malte und den kalte Wut überkam, sobald er spürte, daß die Natur sich ihm entwand. Kaum hatte sich sein Freund wieder in Pose gesetzt, fuhr er daher mit einem unversiegbaren Wortschwall fort, ohne daß ein Pinselstrich danebenging:
»Na, Alter, so geht’s! Du hast da eine tolle Haltung … Ach, die Blödlinge, das wäre ja noch schöner, wenn sie mir das ablehnen! Ich bin gegen mich strenger, als sie gegen sich sind, klar; und wenn ich ein Bild von mir gelten lasse, siehst du, dann ist das ernster zu nehmen, als wenn es von allen Jurys der Welt beurteilt worden wäre … Du weißt ja, mein Bild von den Markthallen, meine beiden Schlingel auf den Gemüsehaufen, na ja, ich habe es wieder abgekratzt, gewiß: das wurde nichts, ich habe mich da auf ein verdammtes Ding eingelassen, das für mich noch zu schwer war, oh, ich werde das eines Tages, wenn ich es kann, noch mal machen, und ich werde noch ganz andere Dinger machen, oh, Dinger, bei denen sie alle vor Staunen umfallen.«
Er machte eine weit ausholende Gebärde, als wolle er eine Menschenmenge hinwegfegen; er drückte eine Tube Blau auf seine Palette aus, dann grinste er und fragte, was sein erster Lehrer, Vater Belloque, ein einarmiger Invalide, ein ehemaliger Hauptmann, der seit einem Vierteljahrhundert in einem Saal des Museums den Bengeln von Plassans beibrachte, wie man schön schraffierte, wohl für ein Gesicht machen würde angesichts seiner Malerei. Hatte
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