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Das Werk - 14

Das Werk - 14

Titel: Das Werk - 14 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Émile Zola
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zwölf Jahren konnten sie schon schwimmen; und für ihr Leben gern patschten sie auf dem Grunde der Löcher, in denen sich das Wasser staute, im Schlamm herum, verbrachten dort ganze Tage splitternackt, ließen sich auf dem brennendheißen Sand trocknen, um dann wieder hineinzutauchen, lebten im Fluß, lagen auf dem Rücken, auf dem Bauch, durchstöberten das Gras der Uferböschungen, versanken bis zu den Ohren darin und spähten stundenlang nach den Verstecken der Aale aus. Dieses Rieseln reinen Wassers, von dem ihre Leiber in der prallen Sonne troffen, verlängerte ihre Kindheit, verlieh ihnen das frische Lachen ausgerückter Bengel, wenn sie, die bereits junge Männer waren, in den verwirrenden Gluten der Juliabende in die Stadt heimkehrten. Später hatte es ihnen die Jagd angetan, aber eben diese Jagd, die man in jener Gegend betreibt, in der es kein Wild gibt, wo man sechs Meilen zurücklegen mußte, um ein halbes Dutzend Feigenfresser zu erlegen, großartige Streifzüge, von denen sie oft mit leeren Jagdtaschen zurückkehrten, mit einer unvorsichtigen Fledermaus, die sie, als sie in die Vorstadt kamen und die Flinten abschossen, runtergeholt hatten. Ihre Augen wurden feucht bei der Erinnerung an dieses ausschweifende Wandern: sie sahen die unendlichen weißen Landstraßen wieder, die eine Staubschicht wie dichter Neuschnee bedeckte, sie folgten ihnen immer noch, immer noch, waren glücklich, ihre derben Schuhe dabei knarren zu hören; dann schnitten sie den Weg ab, querfeldein über die roten, eisenhaltigen Äcker, über die sie immer noch, immer noch galoppierten; und ein bleierner Himmel, kein Schatten, nichts als gnomenhafte Olivenbäume, nichts als Mandelbäume mit spärlichem Laub, und bei jeder Heimkehr ein köstliches Benommensein vor Erschöpfung, die triumphierende Angeberei, mehr als neulich gewandert zu sein, das Entzücken, nicht mehr zu spüren, daß man ging, vorwärts zu kommen lediglich durch die erworbene Kraft und sich mit irgendeinem schrecklichen Soldatenlied aufzupeitschen, das sie wiegte wie in einem tiefen Traum.
    Schon damals nahm Claude außer seinem Pulverhorn und seiner Botanisiertrommel ein Skizzenbuch mit, in das er Ausschnitte des Horizonts zeichnete, während Sandoz stets das Buch eines Dichters in seiner Tasche hatte. Das war romantischer Überschwang, die mit Soldatenzoten abwechselnden geflügelten Strophen, die Oden, die in das große Flimmern der brennendheißen Luft geschleudert wurden; und wenn sie eine Quelle oder vier Weiden, die auf der blendendweißen Erde graue Flecken bildeten, entdeckt hatten, verweilten sie dort, bis die Sterne aufgingen, spielten dort die Dramen, die sie auswendig konnten, sprachen die Rollen der Helden mit machtvoll anschwellender Stimme und die Rollen der Naiven und der Königinnen mit ganz dünnem Flötenstimmchen. An jenen Tagen ließen sie die Spatzen in Ruhe. In dieser entlegenen Provinz hatten sie inmitten der schläfrigen Dummheit der kleinen Städte seit ihrem vierzehnten Lebensjahr so gelebt, abgesondert, von einem Fieber der Begeisterung für Literatur und Kunst verzehrt. Die ungeheure Aufmachung bei Hugo15, die gigantischen Phantasiegebilde, die sich bei ihm mitten im ewigen Kampf der Antithesen ergingen, hatten sie zunächst entzückt wie ein Heldenepos; sie machten heftige Gebärden, sahen die Sonne hinter Ruinen untergehen, sahen das Leben in der falschen und herrlichen Beleuchtung eines Schauspielfinales vorüberziehen. Dann war Musset16 gekommen und hatte sie mit seiner Leidenschaft und seinen Tränen aus dem Gleichgewicht gebracht, sie lauschten ihrem eigenen Herzen, das in ihm schlug, eine menschlichere Welt tat sich auf, die sie durch das Mitleid eroberte, durch den ewigen Schrei des Elends, den sie hinfort aus allen Dingen aufsteigen hörten. Übrigens waren sie nicht sehr wählerisch, sie legten den schönen Heißhunger der Jugend an den Tag, ein rasendes Verlangen nach Büchern, indem sie das Ausgezeichnete und das Schlimme in sich hineinschlangen, waren so gierig darauf, etwas zu bewundern, daß abscheuliche Werke sie oft in die gleiche Schwärmerei versetzten wie reine Meisterwerke.
    Und Sandoz sagte es jetzt: diese Vorliebe für große Wanderungen, dieser Heißhunger auf Bücher hatte sie davor beschützt, daß ihre Umwelt sie unweigerlich schläfrig und schlaff machte. Sie gingen niemals in ein Café, bekundeten Abscheu davor, sich auf den Straßen herumzutreiben, behaupteten sogar, sie würden dort umkommen wie in den

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