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Das Werk - 14

Das Werk - 14

Titel: Das Werk - 14 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Émile Zola
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aufrecht ins volle Tageslicht stellen; und die Bauern, und die Tiere, und das Landleben! – Man wird’s erleben, man wird’s erleben, wenn ich kein Rindvieh bin. Mir kribbelt’s in den Händen. Ja, das ganze moderne Leben! Fresken wie das Panthéon25 so hoch! Eine verdammte Folge von Gemälden, daß der Louvre platzt!« Sobald der Maler und der Schriftsteller zusammen waren, verfielen sie gewöhnlich in diese Schwärmerei. Sie peitschten sich gegenseitig auf, sie wurden närrisch vor Ruhm; und es herrschte da ein solcher jugendlicher Schwung, eine solche Arbeitsleidenschaft, daß sie dann selber über diese großen, stolzen Träume lächelten, wieder aufgemuntert, gleichsam von neuem geschmeidig und kräftig geworden.
    Claude, der nun bis an die Wand zurücktrat, blieb dort angelehnt stehen und gab sich ganz der Betrachtung seines Bildes hin. Da stand Sandoz, dem vom Modellsitzen die Glieder wie zerschlagen waren, vom Diwan auf und stellte sich neben Claude. Wieder stumm geworden, betrachteten beide das Bild. Der Herr in der Samt Jacke war vollständig skizziert; die Hand, die weiter gediehen war als das übrige, bildete im Gras eine sehr interessante Farbnote mit einer hübschen Frische des Tons; und der dunkle Fleck des Rückens hob sich so kräftig ab, daß die kleinen Schattenrisse im Hintergrund, die beiden im Sonnenschein miteinander ringenden Frauen, sehr entfernt wirkten im Flirren des Lichts auf der Lichtung, während die große Gestalt, die liegende nackte Frau, noch kaum angedeutet war, immer noch schwebte, so wie ein Frauenleib im Traum, eine begehrte Eva, die aus der Erde geboren wird, mit ihrem Antlitz, das mit geschlossenen Lidern blicklos lächelte.
    »Wie willst du das denn nennen?« fragte Sandoz.
    »Im Freien«, antwortete Claude kurz.
    Aber dieser Titel kam dem Schriftsteller, der unwillkürlich mitunter versucht war, Literatur in die Malerei hineinzubringen, zu technisch vor.
    »Im Freien, das sagt gar nichts.«
    »Das braucht auch gar nichts zu sagen … Frauen und ein Mann ruhen in einem Wald im Sonnenschein. Genügt das denn nicht? Das reicht doch für ein Meisterwerk.« Er warf den Kopf zurück und preßte zwischen den Zähnen hervor: »Zum Donnerwetter, das ist immer noch zu schwarz! Ich habe diesen verdammten Delacroix im Auge. Und das, sieh mal an, diese Hand da, das ist Courbet … Ach, wir werden alle die romantische Sauce nicht mehr los. In unserer Jugend haben wir zuviel darin herumgepatscht und haben uns dabei bis zum Kinn beschmiert. Wir brauchten eine gründliche Wäsche.«
    Sandoz zuckte verzweifelt die Schultern: auch er jammerte, daß er am Zusammenfluß der Ströme Hugo und Balzac26 geboren war.
    Claude indessen war zufrieden und freudig erregt nach einer guten Sitzung. Falls sein Freund ihm noch zwei oder drei ähnliche Sonntage schenken konnte, wäre der Kerl da geschafft, und zwar glattweg. Für dieses Mal hatte er genug. Beide scherzten, denn gewöhnlich brachte Claude seine Modelle um, ließ sie erst halb ohnmächtig, halb tot vor Erschöpfung wieder fort. Ihm selber war zumute, als müßte er umfallen, die Beine waren wie zerschlagen, der Bauch leer. Und da die Kuckucksuhr fünf schlug, stürzte er sich auf seinen Rest Brot und verschlang ihn. Erschöpft brach er das Brot mit seinen zitternden Fingern, er kaute es kaum, war vor sein Bild zurückgekehrt, war wieder von seiner Idee so sehr gepackt, daß er nicht einmal merkte, daß er aß.
    »Fünf Uhr«, sagte Sandoz, der sich reckte und streckte. »Jetzt wollen wir essen gehen … Da ist ja auch schon Dubuche.«
    Es klopfte, und Dubuche trat ein. Er war ein beleibter, brünetter Bursche mit regelmäßigem, pausbäckigem Gesicht, kurzem Haar und sehr starkem Schnurrbart. Er drückte ihnen die Hände und blieb mit verdutzter Miene vor dem Bild stehen. Bei seinem gesetzten Wesen, bei der Ehrfurcht, die er wie ein guter Schüler vor feststehenden Formeln hatte, brachte ihn diese regellose Malerei durcheinander; und allein seine alte Freundschaft hinderte ihn gewöhnlich, seine Kritik anzubringen. Aber dieses Mal begehrte sein ganzes Wesen sichtlich auf.
    »Na, was hast du denn? Behagt dir das nicht?« fragte Sandoz, der ihn scharf beobachtete.
    »Doch, doch, sehr gut gemalt … Bloß …«
    »Los, raus damit! Was kratzt dich?«
    »Bloß dieser ganz angezogene Herr dort inmitten der nackten Frauen … So was hat man noch nie gesehen.«
    Auf einmal platzten die beiden anderen los. Gab es im Louvre nicht hundert Bilder, die

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