Das Werk - 14
künstlerischen Pläne zu verwirklichen.
Durch Cézanne kam Zola in Kontakt mit einer Gruppe avantgardistischer Maler, die der ertötenden akademischen Ausbildung resolut den Rücken gewandt hatten und sich in der Académie Suisse zusammenfanden. Die Académie Suisse war nichts weiter als ein Atelier ohne Lehrer, das ein ehemaliges Malermodell eingerichtet hatte, wo man gegen ein Entgelt von wenigen Francs täglich einen Arbeitsraum und ein Aktmodell fand. Dort hatte Cézanne Guillemet kennengelernt. Außer ihm gehörten auch noch Pissarro, Manet, Monet, Degas, Renoir, FantinLatour und Bazille zu dieser Gruppe. Am Abend trafen sie sich meist im Café Guerbois in der Rue des Batignolles, weshalb man sie auch die Schule von Les Batignolles nannte. Dort gab es heftige Diskussionen über die moderne Malerei, über die Prinzipien der echten wahren Kunst und über den verlogenen Routinebetrieb der verstaubten akademischen Götter, die als »Gralshüter der Kunst« vor den Toren der offiziellen Salons standen und jedem »Unbefugten« und »NichtEingeweihten« den Zutritt verwehrten. Zola mußte das lärmende Aufbegehren dieser Gruppe junger Künstler wie ein Widerhall seiner eigenen, mit Cézanne und Baille so oft erörterten Ziele und Sehnsüchte erscheinen. Kein Wunder, daß er sich zu ihnen hingezogen fühlte und oft in ihrem Kreis zu finden war.
Ein Bild FantinLatours aus dem Jahre 1870, »Ein Atelier in Les Batignolles«, zeigt Zola inmitten von Scholderer, Manet, Renoir, Astruc, Maître, Bazille und Monet. In der ziemlich kompakten stehenden Fünfergruppe auf der rechten Seite nimmt er einen beherrschenden Platz ein. Manet seinerseits stellte 1868 ein Porträt Zolas im Salon aus.
Aber Zolas Beziehungen zu diesen Malern waren nicht nur die eines interessierten Besuchers ihrer Ateliers und eines Freundes, der gelegentlich bereit war, einem von ihnen Modell zu sitzen, sondern sehr bald schon die eines Kollegen aus der Sparte der Kunstkritik, dessen Berichte in der Zeitung »Evénement« für die junge, um ihre Anerkennung ringende Schule eine wertvolle Unterstützung waren.
Der Salonbericht Zolas aus dem Jahre 1866, der in mehreren Fortsetzungen erschien, mußte wegen der empörten Reaktion der »Evénement«Leser nach der siebenten Folge eingestellt werden. Zola hatte sich nicht gescheut, vor allem seine Kritik an den Jurymitgliedern mit Namen und Adresse anzubringen. Die ihnen gewidmeten beiden Eingangsartikel waren eine Mischung aus beißender Satire und anklagender Diatribe. Er nannte die Jurymitglieder »Sudelköche«, die die ganze moderne Kunst mit einer Einheitssauce übergießen möchten, und scheute sich nicht, die mit allen akademischen Ehren gezierten Tagesgrößen, wie Herrn Cabanel, in geradezu unverschämter Weise zu karikieren: »Herr Cabanel ist ein mit Ehren überhäufter Künstler, der all seine restlichen Kräfte darauf verwendet, seinen Ruhm zu tragen, immer darauf bedacht, daß auch keine seiner Lorbeeren zu Boden gleitet, und der deshalb gar nicht die Zeit hat, gehässig zu sein. Er hat, wie man mir versichert, viel Sanftmut und Geduld bewiesen … Man hat mir erzählt, daß er an der großen Medaille, die er sich im Vorjahr selbst zugesprochen hat, beinahe erstickt wäre: Darüber ist er noch ganz beschämt, wie ein Vielfraß, der sich in aller Öffentlichkeit den Magen vollgeschlagen hat.«
Es ist begreiflich, daß Jurymitglieder und mit Medaillen geehrte Aussteller nicht allzu beglückt waren, sich als Sudelköche und Eunuchen bezeichnet und ihre Bilder mit ganzen »Bündeln von Zwiebeln« verglichen, zu sehen, und daß sich vor allem die wohlreputierten Herren der Akademie durch den fast dreisten, reichlich selbstbewußten und ironischen Ton Zolas schockiert fühlten, abgesehen von ganz wenigen Ausnahmen, die den jungen Mann vom »Evénement« nicht ernst nahmen und ihn als einen lärmenden Neuling betrachteten, der sich durch Skandal einen Namen machen wollte. Zweifelsohne steckte etwas von alldem in Zolas Artikeln. Viel entscheidender jedoch ist der sichere »Instinkt«, mit dem Zola die tatsächlichen jungen Begabungen erspürte und eine richtige Wertschätzung der zeitgenössischen avantgardistischen Malerei gab.
Denn der eigentliche Grund für Zolas schonungslose Kritik an den offiziellen Kunstgrößen war die Ablehnung Manets durch die Jury. Sein »Frühstück im Freien« hatte im Salon der Abgelehnten 1863 beim Publikum wahre Heiterkeitsausbrüche hervorgerufen, und seine
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