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Das Werk - 14

Das Werk - 14

Titel: Das Werk - 14 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Émile Zola
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»Olympia«, mit der er eine wirkliche nackte Frau in der Intimität ihres Boudoirs und nicht eine travestierte antike Göttin auf dem Podest mythologischer Entrückung zu zeigen wagte, war 1865 das Skandalstück des Salons. 1866 hatte die Jury Manets »Pfeifer« zurückgewiesen. Zola sah in dieser Entscheidung das Werk gehässiger Kabalen und eines engstirnigen Cliquengeistes. Dieses Fehlurteil der Jury wollte er deshalb gleichsam aus eigener Machtvollkommenheit ausgleichen, indem er – entgegen allen Traditionen – in den Bericht über den offiziellen Salon eine Sonderstudie über Manet einschob.
    Manets Kunst schockierte Publikum und offizielle Kunstexperten wegen ihres radikalen Bruchs mit der zur Manier erstarrten Maltradition, nicht nur in der Farbgebung, sondern auch in der Sujetwahl. Seine Gestalten, waren keine sorgfältig beleuchteten idealisierten Ateliermodelle, sondern unter dem gleißenden Licht der Sonne im Freien wirkliche Menschen von Fleisch und Blut.
    »Leider Gottes finden wir in diesen Bildern«, schreibt Zola am 7. Mai 1866, »nur alltägliche Personen, die noch dazu das Mißgeschick haben, Muskeln und Knochen zu haben wie alle Leute.«
    Die Akademiker dagegen, wie z.B. ein Prudhomme, hatten entschieden, daß solcherlei »ungeschminkte Wiedergabe der Natur als unschicklich« zu gelten habe und die Darstellung einer wirklichen nackten Frau von Fleisch und Blut ein Angriff auf die Moral sei.
    Welche Befreiung von einengendem Zwang und lastender Tradition nach dem bereits von Courbet vollzogenen Aufbruch der Malerei dieser Durchbruch der Impressionisten zur Wahrheit, zur Natur, zum Leben bedeutete, kann man erst voll und ganz verstehen, wenn man sich den durch die offiziellen staatlichen Stellen geförderten Kunstbetrieb und die Ausbildung des Nachwuchses vergegenwärtigt. Um jemals Hoffnung auf öffentliche Anerkennung zu haben, mußte ein junger Künstler jahrelang bei einem Professor der Kunsthochschule lernen und sich bemühen, möglichst wenig von der üblichen Malweise abzuweichen.
    Klarsichtige Kritiker der Zeit haben die verhängnisvollen, Folgen dieser Ausbildung sehr wohl erkannt. In einer Schrift aus dem Jahre 1862 heißt es von den Bewerbern zu den Wettbewerben der Ecole des BeauxArts, die mit Medaillenauszeichnungen abschließen (und diese Schilderung erinnert an die Erfahrung Dubuches in Zolas Roman): »Von ganz wenigen Ausnahmen abgesehen, gelingt es allein solchen Bewerbern, zum Großen Wettbewerb auch nur zugelassen zu werden … die lange, ausschließlich auf dieses Ziel gerichtete Studien betrieben haben … Die Dauer dieser widernatürlichen Vorbereitung macht sie für die Bewahrung origineller Eigenschaften so gefährlich … Zwei Entwürfe werden für die Zulassung verlangt. Die Vorbereitung auf diese zwei Entwürfe wird die einzige Beschäftigung der jungen Leute. Was kann selbst von den kostbarsten Eigenschaften übrigbleiben, nachdem sie jahrelang nur auf solche Übungen verwandt wurden? Was wird aus der Naivität, der Aufrichtigkeit, der Natürlichkeit? Die Ausstellungen der Kunsthochschule sagen es nur zu deutlich aus. Manchmal ahmen gewisse Bewerber den Stil ihrer Meister oder den irgendeines berühmten Künstlers nach, andere suchen sich an ehemaligen Preisträgern der Schule zu inspirieren … nichts ähnelt weniger der tatsächlichen Verschiedenheit und dem originellen Charakter persönlicher Inspirationen.«
    Der Kampf, den die Impressionisten gegen diese offizielle akademische Malerei zu bestehen hatten, war auf dem Gebiet der bildenden Kunst eigentlich eine Art verspäteter Querelle, ein verspäteter »Streit der Alten mit den Neuen«, wie ihn in der Literatur schon die Schriftsteller am Ausgang der Regierungszeit Ludwigs XIV. zu bestehen hatten.
    Zola hat den Charakter dieser Auseinandersetzung in der Sonderstudie über Manet, die am 1. Januar 1867 in der »Revue du XIXe Siècle« erschien, dargelegt.
    »Nach der offiziellen Meinung gibt es ein absolutes Schönes oder, besser gesagt, eine ideale Vollkommenheit» nach der jeder trachtet und die jeder mehr oder weniger erreicht. Folglich gibt es auch ein gemeinsames Maß, das in ebendieser Schönheit besteht; je nachdem, ob sich ein Kunstwerk mehr oder weniger diesem gemeinsamen Maß annähert, erklärt man, daß es mehr oder weniger verdienstvoll sei. Die Umstände haben gewollt, daß man als Musterbeispiel das Schönheitsideal der Griechen gewählt hat … So wird die, ganze reiche Produktion des menschlichen

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