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Das Werk - 14

Das Werk - 14

Titel: Das Werk - 14 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Émile Zola
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der Bilder nicht nur um die Befriedigung einer wachsenden Nachfrage, sondern vor allem um echte Schaffenskrisen. Das war auch der letzte Grund für das Auseinanderfallen der Gruppe. Monets Briefe an den Kunsthändler DurandRuel aus diesen Jahren, vor allem 1882, zeugen von wachsender Unsicherheit. »Es scheint … daß ich überhaupt nichts mehr zustande bringe … Es fällt mir immer schwerer, mit mir zufrieden zu sein …« Ähnliche Zweifel an dem eigenen Können äußert 1883 auch Renoir. Er sei zu dem Schluß gekommen, daß er weder zu malen noch zu zeichnen verstünde. Cézanne zog sich 1882 nach Aix zurück. Die alten Meister wie Courbet und Corot waren gestorben. Manet starb 1883; es blieben, wie Zola schrieb, nur noch die Schüler übrig.
    Damit aber begann ab 1883 die letzte Etappe des Impressionismus, in der die Aufhellung zur Manier und die an sich richtige Zerlegung des Sonnenlichts in einfache Komplementärfarben aus einer Wissenschaft und originellen Tongebung allmählich, wie Zola sagte, zu einer modischen Nachäfferei wurde. »Diese vielfarbigen Frauen, diese lila Landschaften und orangefarbenen Haare, die man uns anbietet, indem man uns wissenschaftlich erklärt, daß sie so sind infolge der und der … Zerlegung des Sonnenspektrums … Oh … diese Landschaften, wo die Bäume blau, die Gewässer rot und die Himmel grün sind. Das ist scheußlich, scheußlich, scheußlich …« Und Zola fragt sich entsetzt: Wahrhaftig, habe ich dafür gekämpft?
    Cézanne ging in dieser späten Phase seine eigenen Wege. Mehr und mehr suchte er durch einen geometrisch tektonischen Bildaufbau der Ephemerität rein visueller Impressionen zu entgehen und zu einer bleibenden Aussage vorzustoßen. Aber die Menschen auf seinen Bildern verlieren dadurch in zunehmendem Maße ihre menschliche Funktion und werden neben Naturgegenständen und Objekten der menschlichen Welt zu reinen Formelementen eines durch die Phantasie des Künstlers neu gebauten Kosmos. Neben Flucht in Farbsymphonien und geometrische Struktur gab es in dieser durch die reale gesellschaftliche Situation beim Übergang zum Imperialismus im letzten verursachten krisenhaften Unsicherheit des Künstlers in seinen Beziehungen zur Umwelt, speziell zu der ihn als Menschen mitformenden menschlichen Gesellschaft, aber auch die Rettung in romantische Übertreibungen und verdunkelnde, eine falsche Tiefe vorspiegelnde Symbolik. (Zola spricht von einem »Schwelgen im Mystizismus«.)
    Der Roman »Das Werk« gibt mit der tragisch verlaufenden Desillusionierung und dem Untergang Claudes gleichsam eine Vorahnung dieser Entwicklung und zugleich auch ihre Beurteilung. Die Kunstkritik hat in dem Scheitern Claudes wiederum einseitig nur ein Verkennen der Genialität Cézannes sehen wollen. Ja, Cézanne selbst scheint den Roman so auf gefaßt zu haben. Er dankte Zola für dessen Zuschickung mit einem distanziert kühlen Brief und brach jegliche weitere Verbindung zu ihm ab.
    Aber Claudes Versagen und Scheitern im Roman war nicht einfach ein Stabbrechen über die Begabung des angeblichen Vorbildes, obwohl die Einschätzung Claudes durch seine Freunde und auch durch Sandoz mit der Cézannes durch Zola in seinen Artikeln und Briefen übereinstimmte Schon 1861 hatte Zola an Baille geschrieben, daß Paul vielleicht das Genie eines großen Malers besitze, daß er aber nie das Genie haben würde, auch einer zu werden. Dann aber schweigt sich Zola in all den Jahren seines kunstkritischen Kampfes – mit Ausnahme der vorerwähnten Bemerkung über das tastende Suchen Cézannes, – über ihn aus. Erst in seinem letzten Salonbericht von 1896 wird Cézanne »ein großer, jedoch gescheiterter Künstler« genannt, dessen »geniale Seiten man erst zu entdecken beginnt«. Die Charakterisierung »gescheitert« stimmt mit der Claudes im Roman als eines »verkannten Genies« überein.
    Doch Zola hatte nicht nur über Cézanne ein so hartes Urteil gefällt. Im Salonbericht von 1879 hieß es auch von Manet, daß es ihm nicht gelungen sei, seine »Eindrücke in vollkommener und gültiger Weise wiederzugeben«, und daß das Unverständnis des Publikums durch die Schwierigkeiten zu erklären sei, die er bei der Ausführung habe, mit einem Wort, daß »seine Hand nicht sein Auge erreiche«. Diese Kritik wiegt um so schwerer, als Zola jahrelang große Hoffnungen auf Manet gesetzt hatte als denjenigen, der der »neuen« Kunst die »endgültige Formel geben« werde. Es sind die gleichen Hoffnungen, die

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