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Das Werk - 14

Das Werk - 14

Titel: Das Werk - 14 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Émile Zola
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Claudes Freunde auf ihn nach seiner Rückkehr aus Bennecourt setzen. Doch ab 1875 stellt Zola von Jahr zu Jahr mit leiser, wachsender Enttäuschung fest, daß das wirklich große Genie der neuen Schule noch auf sich warten lasse; daß sie zwar eine Reihe begabter Künstler, aber keinen wirklichen überragenden Meister wie Delacroix oder Courbet hervorgebracht habe, keinen, der in der Lage wäre, die von Zola erträumte »Erneuerung der Kunst« zu verwirklichen. Denn dazu gehörte nach Zolas Auffassung das Hervorbringen einer ganzen »Welt«, die Überführung der formalen und gegenständlichen Explorationen in gesicherte Ergebnisse, die nur das Produkt gewissenhafter angestrengter Arbeit sein konnten, nicht aber das rasche Festhalten wechselnder Lichtimpressionen. »Man soll schon den Eindruck eines Augenblicks erfassen, aber man muß diesen Augenblick für immer auf der Leinwand festhalten, und dazu bedarf es einer gründlich studierten ›facture‹.« Die Impressionisten aber vernachlässigten diese solide Arbeit. Neue Ideen könnten nur in einer adäquaten Form voll realisiert werden. Die Form ist für Zola nie etwas Absolutes, sondern immer Instrument, das Kommunikationsmittel par excellence, mit dessen Hilfe der Künstler seine Ideen, Gefühle, Vorstellungen, kurz das, was sein Werk aussagen soll, dem Aufnehmenden, dem Publikum zugänglich macht. Schon in einem Jugendbrief an Cézanne klingt dieser Gedanke an. Deshalb wird das Ringen um die adäquate künstlerische Form für ihn auch zu einer Kapitalfrage, die er in den Mittelpunkt seines Künstlerromans stellt. Das dazu notwendige und erwartete Genie blieb nach Zolas Meinung in der Wirklichkeit aus. Das »Versagen« Manets oder auch Cézannes war damit keine persönliche Angelegenheit. Es verhinderte das Ausreifen des impressionistischen Aufbegehrens zu einer nicht nur die physische, sondern auch die »psychische«, die geistige Sehweise der Malerei umgestaltenden Revolution. So blieb der Impressionismus in der Auffassung des Schriftstellers eine »Kunst des Übergangs«, das »Werk von Pionieren«. Dieses Urteil über die ganze Bewegung steckt in dem Versagen Claudes, in seinem Unvermögen, eine »Welt« zum Leben zu erwecken. Monet scheint dieses Urteil Zolas sehr genau gespürt zu haben, Er schreibt ihm besorgt, er befürchte, daß in dem gleichen Augenblick, da die Impressionisten als Richtung sich durchzusetzen begännen, die Gegner Zolas Buch benutzen werden, »um sie zu erschlagen«, und in seinem gleichzeitigen Brief an Pissarro spricht er ganz offen davon, daß Zolas Roman ihnen seiner Meinung nach »mächtig Abbruch« tue.
    Claudes vergebliches Ringen um die Gestaltung seines großen Parisbildes ist aber nicht nur ein Hinweis auf die vom Impressionismus nicht erfüllte Realisierung der in ihm angelegten Möglichkeiten, sondern zugleich auch eine Warnung vor dem Ausweg, den viele von dem Ungenügen formalen Experimentierens und partieller Wirklichkeitseindrücke enttäuschte Maler in der Zeit wählten, dem Ausweg in Neuromantik und Symbolismus.
    Schon 1876 hatte Zola festgestellt, daß sich als »Reaktion« auf den jahrelangen Realismus ein neuer Symbolismus auszubreiten beginne. Und auch im »Werk« heißt es: »Das war unvermeidlich … dieses Jahrhundert, das bereits soviel Helligkeit geschaffen hat, mußte unter der Drohung einer neuen Woge Finsternis zu Ende gehen.« Dieser Rückfall in den Mystizismus ist aber nach Zolas Meinung eine »Bankrotterklärung des Jahrhunderts«, die Claudes Freitod sichtbar machen soll. Sein Scheitern ist eine Verurteilung des falschen Weges; den ein Teil der zeitgenössischen Malerei nach Zolas Meinung einzuschlagen beginnt. Es ist zugleich auch eine Warnung des Schriftstellers an sich selbst. Als Zola diesen Roman zwischen dem 12. Mai 1885 und dem 23. Februar 1836 schrieb – veröffentlicht wurde er als Feuilleton im »Gil Blas« vom 23. Dezember 1885 bis zum 27. März 1886 und kurz danach, wie immer, in Buchform bei Charpentier –, hatte er bereits dreizehn Bände seiner Reihe fertiggestellt. Die Frage nach der endgültigen Fixierung seiner Methode präsentierte sich auch ihm. Jahrelang hatte er gewissenhaft die »offenen Wunden seiner Zeit« diagnostiziert. Nun spürte er, daß dieses allein nicht mehr genügte. Die Zeit verlangte eine positive Lösung. In seinem letzten vor dem »Werk« geschriebenen Roman, »Germinal«, hatte er auch ein Ahnen von dieser möglichen Lösung, dem positiven Ausweg, aufdämmern

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