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Das Werk - 14

Das Werk - 14

Titel: Das Werk - 14 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Émile Zola
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sanfte und matte gleichmäßige Helligkeit, die sich wie in reglosem Quellwasser in dem stark gebohnerten Parkett widerspiegelte. Auf den vier Wänden von verschossenem Rot bildeten die Entwürfe, die blaßblau umränderten großen und kleinen Reißbretter mit ihren Aquarelltönen verwaschene Flecken. Und allein, völlig allein inmitten dieser Einöde stand ein bärtiger Herr, in tiefe Betrachtung versunken, aufrecht vor einem Krankenhausentwurf. Drei Damen erschienen, erschraken, flohen mit eiligen Schrittchen durch den Saal.
    Schon zeigte und erläuterte Dubuche den Kumpeln sein Werk. Es war dies ein einziges Reißbrett, ein armseliger kleiner Museumssaal, den er in ehrgeiziger Hast gegen den Brauch eingereicht hatte, und zwar gegen den Willen seines Gönners, der dennoch dafür gesorgt hatte, daß dieser Entwurf angenommen wurde, weil er sich aus Ehre dazu verpflichtet fühlte.
    »Sollen in deinem Museum die Bilder der Freilichtschule untergebracht werden?« fragte Fagerolles, ohne zu lachen.
    Gagnière, der an etwas anderes dachte, brachte mit einem Kopfwackeln seine Bewunderung zum Ausdruck, während Claude und Sandoz aus Freundschaft den Entwurf betrachteten und sich ernsthaft dafür interessierten.
    »Eh, nicht schlecht, Alter«, sagte Claude. »Die Verzierungen sind noch von einer hübsch entarteten Herkömmlichkeit … Macht nichts, das geht schon!«
    Ungeduldig unterbrach Jory ihn schließlich:
    »Ach, gehen wir; einverstanden? Ich kriege noch den Schnupfen.«
    Die Schar setzte ihre Wanderung fort. Aber das schlimmste war, daß sie, um den Weg abzukürzen, durch den ganzen amtlichen Salon mußten; und sie schickten sich darein, obwohl sie geschworen hatten, aus Protest keinen Fuß hineinzusetzen. Stocksteif und eilig durchquerten sie die Menge und folgten der Flucht der Säle, entrüstete Blicke nach rechts und links werfend. Das war nicht mehr der lustige Skandal ihres eigenen Salons mit den hellen Tönen, dem übertriebenen Sonnenlicht. Goldrahmen voller Düsternis lösten einander ab, steife und schwarze Sachen, im Atelier gemalte Akte vergilbten im Kellerlicht, der ganze klassische Plunder, die Geschichte, das Genre, die Landschaft, allesamt tief in die gleiche Wagenschmiere der Konvention getaucht. Eine gleichförmige Mittelmäßigkeit schwitzten die Werke aus, die schlammige Dreckigkeit des Tons, die kennzeichnend war für diese Werke in der guten Haltung einer blutarmen und degenerierten Kunst. Und sie beschleunigten den Schritt, und sie galoppierten, um diesem immer noch bestehenden Reich des Erdpechs zu entkommen, und sie verdammten dabei mit ihrer schönen sektiererhaften Ungerechtigkeit alles in Bausch und Bogen und schrien, es gäbe hier nichts, nichts, nichts.
    Schließlich entkamen sie, und sie gingen in den Garten hinunter, da begegneten ihnen Mahoudeau und Chaîne.
    Mahoudeau warf sich Claude in die Arme.
    »Ach, mein Lieber, dein Bild, was für ein Temperament!«
    Sofort lobte der Maler die Weinleserin.
    »Und du, hör mal, du hast ihnen was an den Kopf geknallt, einen tüchtigen Brocken!«
    Aber der Anblick Chaînes, zu dem niemand etwas über seine Ehebrecherin sagte und der schweigend umherirrte, stimmte ihn mitleidig. Er entdeckte eine tiefe Schwermut in der abscheulichen Malerei, im verpfuschten Leben dieses Bauern, dem Opfer spießbürgerlicher Bewunderung. Immer machte er ihm Freude mit einem Lob. Er rüttelte ihn freundschaftlich, er schrie: »Auch sehr gut, Ihr Dings … Ach, mein Guter, beim Zeichnen brauchten Sie keine Angst zu haben!«
    »Nein, todsicher nicht!« erklärte Chaîne, dessen Gesicht unter dem schwarzen Gestrüpp seines Bartes purpurrot geworden war vor Eitelkeit.
    Mahoudeau und er schlossen sich der Schar an; und der erstere fragte die anderen, ob sie den »Sämann« von Chambouvard gesehen hätten. Der sei beispiellos, das einzige Stück Bildhauerei im Salon. Alle folgten ihm in den Garten, den die Menge nun überflutete.
    »Da!« sagte Mahoudeau und blieb mitten auf der Mittelallee stehen. »Er steht gerade vor seinem ›Sämann‹, der Chambouvard.«
    Tatsächlich stand da ein fettleibiger Mann hingepflanzt auf seinen dicken Beinen und bewunderte sein Werk. Der Kopf saß tief zwischen den Schultern; er hatte das dicke, schöne Gesicht eines indischen Götzen. Es hieß, er sei der Sohn eines Tierarztes aus der Umgebung von Amiens. Mit fünfundvierzig Jahren war er bereits der Schöpfer von zwanzig Meisterwerken, von schlichten und lebensvollen Statuen mit sehr

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