Das Wesen aller Kriege (Die Ratte des Warlords IX-A) (German Edition)
einfachere Zielen, und das während die Waffe gespannt war, und vor allem ihre hohe Durchschlagkraft.
Der Bogen der Armbrust war über achtzig Zentimeter groß und Kepler musste sich anstrengen, um die Sehne zu spannen.
" Wir müssen nochmal die Syth besuchen", teilte er anschließend Darr mit.
"Oh no", murrte der Wissenschaftler leise.
Er ging jedoch sofort ohne weitere Kommentare los. Hastig aufstampfend eilte er Kepler voran. Bei der Pathologie angekommen, hielt er Kepler die Tür auf.
Die Bestatter hatten anscheinend gerade die Spuren von Keplers letztem Besuch beseitigt, sie standen da und sahen auf die glänzende Stelle auf dem Boden, während eine kleine Maschine sich geräuschlos entfernte. Beide Männer zuckten zusammen, als Kepler eintrat. Einem begannen umgehend die Knie zu schlottern und er klammerte sich sofort an den Arm seines Kollegen. Dessen Gesicht wurde genauso blass, aber er hielt ihn fest und sah Kepler sogar entgeistert an.
Kepler legte den Bolzen ein. Die Bestatter zitterten jetzt beide.
"Bleibt einfach stehen. Jetzt dürfte es keine Querschläger geben", sagte Kepler.
Er hob die Armbrust und schoss. Aus zehn Metern Entfernung durchschlug der einhundertzwanzig Gramm schwere und vierzig Zent imeter lange Bolzen die Syth nicht nur, er nagelte sie sogar an der Bahre fest. Bei dem dumpf knirschenden Geräusch stöhnte der Bestatter, der sich an seinen Kollegen klammerte, leise auf und stürzte wie ein abgemähter Grashalm zu Boden. Der andere Bestatter konnte ihn nicht festhalten er stand taumelnd da. Kepler legte die Armbrust auf den Tisch und nahm eine Zange, die halbwegs stabil anmutete. Er ging zur Syth, hockte sich neben ihr hin und riss mit der Zange den Bolzen durch die Bahre durch aus ihr hinaus. Dem leise schmatzenden Laut folgte ein klappernder. Kepler drehte den Kopf. Der zweite Bestatter stand taumelnd auf den Knien.
"Was ist denn mit euch beiden los?", fragte Kepler.
Als er die Hand mit der Zange hob, um sich die Spitze des blutigen Bolzens genauer anzusehen, würgte der Bestatter und brach bewusstlos über seinem Ko llegen zusammen. Kepler sah fassungslos zu Darr.
"Wieso ist euch eigentlich der Begriff Krieg bekannt?", wollte er wissen.
Der Wissenschaftler antwortete nicht. Sein neugieriger Blick wechselte vom blutigen Bo lzen zur Syth, dann zur Armbrust. Für einen Moment wirkte Darr beschämt. Dann erstaunt und fast schon entzückt.
"Wir wussten nicht einmal ansatzweise, wie wir eine Waffe bauen sollen", sa gte er. "Dabei ist es so simpel."
"Von wegen", gab Kepler zurück. "Bauen Sie noch welche für sich."
"Keine Energie mehr" , bedauerte der Wissenschaftler.
Wie zur Bestätigung seiner Worte erlosch die Beleuchtung des Raumes.
"Jetzt müssen die Menschen uns folgen", hörte Kepler das zufriedene Murmeln des Wissenschaftlers. "Oder hier bleiben und sterben."
11. Die Mauer um Vineta herum war grau, zehn Meter dick und fünfzig hoch und hatte keine Tore. Ein ähnlicher Schutzwall, jedoch mit einem von schweren Schiebeplatten verschlossenen Tor, trennte den Tributplatz vom Rest der Stadt.
V ier Männer in grauen Overalls stemmten sich mit aller Kraft gegen eine Platte. Unter ihren Anstrengungen glitt sie gespenstisch geräuschlos etwas auf und gab die Sicht auf die drei Quadratkilometer große, von einer weißen Schneepelerine bedeckte, unberührte Fläche frei. Die Sonne flimmerte als eine triste gelbliche Scheibe blass durch die Wolken, und in ihrem stumpfen Licht schimmerte die Weite zwischen der Südmauer von Vineta und dem Tor nicht einfach nur trist. Sondern leblos.
Genauso wirkten die Augen der zwanzig jungen Menschen im Tor der Trennmauer. Die vierzehn Frauen und sechs Männer waren sehr jung, hatten athletische Körper und blasse Haut. In ihren Gesichtern lag stumpfe Ergebenheit. Ohne jegliche Regung hörten sie einer adrett gekleideten Frau zu, die ihnen dankte, dass sie sich dem Los gefügt hatten und sich opferten, damit andere leben konnten. Zumindest bei einigen Opfern mutete es an, dass sie froh waren, die erbärmliche Existenz in Angst und Ausweglosigkeit bald zu beenden. Niemand von ihnen starrte Kepler so an wie andere Bewohner von Vineta es getan hatten.
Der Pavillon hatte nur zwei Eingänge, einen im Norden und einen im Süden, und seine Wände waren fensterlos. Er stand strategisch richtig mitten auf der freien Fläche, sich ihm ungesehen zu nähern war unmöglich.
Kepler verinnerlichte die Begebenheiten des Tributplatzes und berührte dann
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