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Das Wiegen der Seele (German Edition)

Das Wiegen der Seele (German Edition)

Titel: Das Wiegen der Seele (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dirk Ullsperger
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Gegensatz zum Grab blieben hier die Wände ruhig.
    Vor einem Holzbild in 3-D-Ansicht blieb er stehen. Er schaute auf eine Pyramide, die in den Raum hinein ragte. Er betrachtete das Kunstwerk, ließ seine Augen über einzelnen Etagen der Pyramide gleiten.  Es glich im ersten Moment der Draufsicht eines Irrgartens, da es weit hervorstand. Bei genauem Hinsehen bemerkte Nettgen, dass das Bild schief hing. Vielleicht war das der Schlüssel zur Tür?
    Zuerst rückte er es in die Waagerechte, dann etwas nach links, dann nach rechts. Nichts passierte. Bevor er sich von dem Bild abwandte, kam ihm jedoch die Idee, es von der Wand zu nehmen und näher zu betrachten. Er tat es auch prompt und: Treffer! Auf der Rückseite des Bildes war mit Klebeband ein Bierdeckel großer Zettel befestigt. Auf dem Zettel war eine  Zahlenkombination zu lesen: Fünf, Eins, Sechs, Sechs, Neun, Zwei, Sechs, Sieben, drei, Drei . Wahrscheinlich der Code für einen Safe, so dachte er und notierte sich die Zahlenreihe zunächst in sein Notizbuch, das er stets bei sich trug. Dann hing er das Kunstwerk wieder an Ort und Stelle und machte sich auf die Suche nach dem Safe. Wenn schon keine verborgene Wand, so musste doch wenigstens der Safe hier irgendwo sein. Endlich eine konkrete Spur, auch wenn er sich innerlich darüber aufregte, dass er schon wieder nach einem Schließfach suchte und hoffte, dass er diesmal mehr darin finden würde als ein bloßes Papierstück. Er widmete sich nun noch intensiver der Suche. Irgendwo hier musste der Schlüssel zu dem Rätsel sein. Es vergingen Stunden und je länger er erfolglos suchte, desto deprimierter wurde er. Vielleicht wusste Maria ja etwas über den Safe? Während er diesen Gedanken fasste und die Suche schon abbrechen wollte, fiel sein Blick auf einen kleinen Tisch, der in einer Ecke der großen Eingangshalle stand. Irgendwie hatte er dieses Ding schon die ganze Zeit im Visier, es aber noch nicht genauer unter die Lupe genommen. Nettgen näherte sich dem hockerähnlichen Holztisch, der teilweise vergoldet und mit Elfenbein eingelegt war. Er war nicht sehr hoch, reichte ihm gerade mal unter die Kniescheibe. Die Platte erinnerte ihn an ein Schachbrett. Das Spielbrett enthielt dreißig Felder in drei Reihen zu je zehn Feldern. Interessiert betrachtet er die Spielplatte und fuhr mit der Hand über die glatte, leicht angestaubte Fläche. Unter seinen Fingern bemerkte er die feinen Linien zwischen den eingelegten Perlmuttintarsien. Auf einmal stutzte er. Hatte er da eine etwas tiefere Spalte ertastet oder bildete er sich das nur ein? Vorsichtig drückte er alle Felder ein und tatsächlich: auf einmal hörte er ein leichtes klicken und das Feld unter seinen Fingern gab nach. Es war, als hätte er einen Knopf betätigt und zu seinem großen Erstaunen sprang ein winziges Schubfach in der Tischplatte auf, das man mit bloßem Auge nicht hatte erkennen können, so sauber war es in die übrigen Intarsien eingearbeitet.
    Zum Vorschein kam ein silberner Schlüssel, sonst war die Lade leer.
    „ Schon wieder ein Schlüssel “ , murmelte er vor sich hin und betrachtete ihn.
    So langsam wurden ihm diese Entdeckungen unheimlich und er erinnerte sich an die Worte des Professors, dass Crampton ein Meister im Geheimhalten war. Er setzte seine Suche nach weiteren Hinweisen fort.
    Er ging zurück in die Bibliothek, nicht ohne vorher einen Blick in das Kaminzimmer zu werfen und sich zu überzeugen, dass Maria noch immer tief und fest schlief. Er ging zu ihr und hauchte ihr einen Kuss auf die Stirn, ohne sie zu wecken. Er betrachtet sie eine Weile zärtlich und mit ein wenig Wehmut. Sie war Cramptons einziger Stern am Firmament gewesen, jetzt war sie seiner .
    Plötzlich zuckte ein Geistesblitz durch seinen Kopf.
     
    Auf dem Weg zurück in die Bibliothek versuchte er penibel genau, sich an eine Szene aus einem Abenteuerfilm zu erinnern. Warum eigentlich nicht? Vieles an diesem Fall hätte eher in einen Kinofilm als ins wirkliche Leben gepasst. Vielleicht hatte Crampton ja wirklich zu viele Filme gesehen? Nun, einen Versuch war e s wert.
    Aufgeregt und irritiert ging er im Kreis herum, seinen Blick stets auf die Erde gerichtet. Dann schritt er zu einem Stuhl, zog ihn zu sich heran und stellte sich auf ihn. Dann schaute er wieder auf den Boden herab und konnte seinen Augen nicht trauen: Hier lag Cramptons einziger Stern am Firmament, direkt vor seinen Augen, eingearbeitet im Holz des Fußbodens!
    Sofort sprang er vom Stuhl, rückte

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