Das Wiegen der Seele (German Edition)
flüchtigen Blick auf die Decke. Er traute er seinen Augen nicht. War er jetzt vollkommen durchgeknallt ? Die Bettdecke bewegte sich. Er schloss die Augen, öffnete sie wieder. Erneut bewegte sie sich und es schien, als befinde sich etwas darunter. Stutzig zog er sie vom Bett. Was sich darunter verbarg, ließ ihn erstarren. Er blickte auf einen pechrabenschwarzen Skorpion, dessen großer, gefährlicher Stachel angriffslustig in die Luft ragte. Entsetzt machte Nettgen einen Satz zurück.
„Oh, ein afrikanischer Kaiserskorpion“, bemerkte der Professor und ging etwas näher an das Bett heran. „Sehr imposant, angriffslustig und gefährlich . “
Löffler drückte sich an die Balkontür und fuchtelte wild mit den Händen umher: „Bringen sie ihn weg, nehmen sie dieses Monster weg!“ , schrie er den Professor hysterisch an. Kaum zu glauben, dass das derselbe Löffler war, der noch vor ein paar Stunden ein heldenhaftes Ablenkungsmanöver gestartet hatte.
Neuhausen staunte nicht schlecht und suchte nach einer Lösung, dieses Insekt aus dem Bett zu entfernen, ohne sich selbst in Gefahr zu begeben. Die gute alte Haushaltslösung wirkte auch bei einem Skorpion. Neuhausen nahm Nettgens Schuh vom Boden und erschlug das Tier.
„Nun kenne ich wenigstens den Grund des Besuches“, meinte Nettgen. „Na ja, seine Mühe war umsonst. Wir sollten jetzt die Polizei rufen. “
Mehr als eine Stunde verging, bevor die Beamten eintrafen, angeführt von Polizeichef Bahabi höchstpersönlich.
Für Löffler waren die Minuten wie Stunden verstrichen. Jetzt wirkte er überreizt, ungeduldig und nervös als ihn Bahabi verhörte. Er war einfach total übermüdet und erschöpft und nicht fähig, eine zusammenhängende Antwort zu geben.
Bahabi zeigte weder Verständnis, noch schenkte er Löffler und den anderen Glauben, auch wenn die Fakten doch ganz eindeutig lagen.
Seine ganze Freundlichkeit und sein Entgegenkommen waren wie weggefegt. Er wirkte, als hätte er das unwiderstehliche Verlangen, Löffler einzulochen. Man hätte das Gefühl haben können, Löffler hätte Bahabis Bruder umgebracht. Dunkelrot vor Wut trat er zu Löffler und blickte ihm tief die Augen. Sekundenlang sah er aus, als wolle er ihn schlagen. Dann richtete er seine Blicke zu Nettgen, grinste sarkastisch und bemerkte spitz: „Kommissar Löffler ist vorläufig festgenommen!“
Und im gleichen Atemzug, mit durchdringenden Befehlstönen: „Legt ihm Handschellen an!“
Gleich darauf fixierten ihn zwei heran eilende Polizisten und zerrten ihn mit sich. Löfflers gefesselter Anblick versetzte Nettgen einen tiefen, schmerzhaften Stich, denn es war ein Gefühl von Hilflosigkeit und Ungewissheit, was seinen Kollegen und Freund nun alles erwarten würde. Nettgen verstand die Welt nicht mehr. Jeder Versuch, mit einer erneuten Schilderung des Unfallhergangs die Situation zu klären, scheiterte. Seine Einwände gegen die Verhaftung seines Kollegen prallten an Bahabis Ignoranz ab. Jetzt war Nettgen außer sich. Er schrie Bahabi an: „Sie korruptes Arschloch, das können S ie doch nicht machen. Die Lage ist doch glasklar. Wir sind hier angegriffen worden und das war ein Unfall, wenn nicht Notwehr. Dafür wird es doch auch in I hrem Land ein Gesetz geben. Sie wissen genau, was hier gespielt wird S ie, S ie ...“
Im letzten Moment konnte Neuhausen Nettgen davon abhalten, sich auf den Polizeichef zu stürzen.
„Zügeln S ie ihre Zunge, oder S ie landen auch da, wo I hr Kollege ist.“ Mit diesen Worten verließ der Polizeichef das Zimmer.
Nettgen blickte ihm wutentbrannt nach.
Dann lief er zur Balkontür und schrie entschlossen herunter: „Halt die Ohren steif, Dietmar! Wir holen dich da raus! Hörst Du?! Wir holen dich da raus!“
Er bekam keine Antwort von seinem Partner. Nettgen rannte aus dem Zimmer die Treppe hinunter. Jeder Versuch von Neuhausen, ihn zurück zu halten, scheiterte kläglich, denn Nettgen riss sich los und rannte auf die Straße. Vor dem Eingang blieb er fassungslos stehen. Die Uniformierten begleiteten ihn zum Fahrzeug. Ein kleiner Hund, der wohl etwas gegen Uniformen hatte und gerade sein Geschäft am Autoreifen des Geländewagens vornahm, bekam von einem der Polizisten einen Tritt mit dessen schnieken Stiefeln. Die Soldaten lachten, während der Hund jaulte und knurrend seine Zähne fletschte. Dann rannte er weg. Nettgen rannte ebenfalls, jedoch auf den Jeep zu und stellte sich Bahabi in den Weg.
„Was soll das? Das war Notwehr!“ , schrie
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