Das Wiegen der Seele (German Edition)
rührte. Noch bevor Löffler in das Gesicht der Person schauen konnte, bemerkte er, dass einige Polizisten ihre Maschinenpistolen gesenkt hatten, während andere vor der Person knieten. Dann konnte auch er sich ein Bild der Situation verschaffen. Es war Bohlenbach. Er erkannte ihn vom Foto der Gefängnismappe, die er vor dem Einsatz angefordert hatte. Bis zur Hüfte war er im Wall eingegraben. Sein linker Arm hing nach oben ausgestreckt an einer Palme, die Hand war mit einem Keil durchbohrt am Stamm befestigt. Löffler fühlte seinen Puls am Hals und stellte fest, dass er bereits tot war. Mit Erschrecken starrte er auf den rechten Arm, der wie Gummi nach unten baumelte. Seine Hand war abgehackt.
„Jungs, das war es für euch. Danke, aber ihr könnt wieder abziehen“ , seufzte Löffler.
Dann wählte er die Nummer der Spurensicherung und forderte sie an. Nachdem der Einsatztrupp abgezogen war, widmete er sich wieder dem Toten. Im Hintergrund waren schon die Sirenen der Rettungskräfte zu hören, die gerade auf den Hof fuhren. I hm blieb wohl nichts in diesem Fall erspart. Er starrte Bohlenbach an und erschrak erneut. Bohlenbachs Gesicht war eine Maske blanken Entsetzens. Seine Augen waren weit aufgerissen, seine Haut gespenstisch weiß. Löfflers nächster Blick galt der abgehackten Hand. Wie bei einem Stück Tapete hingen Hautfetzen herab und boten einen grauenhaften Anblick. Es schien, als hatte man mit einem stumpfen Schneidegerät die Hand vom Arm getrennt. Die Erde unter ihm war mit geronnenem Blut nur so vollgesogen. Löffler war einiges gewohnt, doch dieser Anblick war ohne Weiteres mit dem des ersten Opfers zu vergleichen.
Während die Spurensicherung auf sich warten ließ , ging er eine ganze Weile durch das Gewächshaus, um wieder zu sich selbst zu finden. Seine Gedanken klebten am bleichen Gesicht des Toten. Er stellte sich viele Fragen – unter anderem, was noch alles geschehen würde , ob sie es je schaffen würden, diesem Treiben ein Ende zu bereiten? Eines war klar: Er hatte es mit absoluten Profis zutun. Mit skrupellosen, grausam veranlagten Tätern, die genau wussten, wie sie ihn und die Kollegen in die Irre führen konnten . Doch eines musste er ihnen zugestehen: Der Trick mit der Hand und den Fingerabdrücken in Nettgens Wohnung war gerade zu genial !
Kapitel 1 9
Während dessen hatte Nettgen dem Barkeeper einen Besuch abgestattet. Von ihm erfuhr er, dass sich El-Dhamosis in einem Essener Stadth otel aufgehalten hatte. Ohne lange zu zögern suchte er das Hotel auf und betrat die Lobby .
„Guten Tag, ich heiße Sie recht herzlich willkommen! Was kann ich für Sie tun?“ , fragte die nette Dame am Empfang, deren Namensschild sie als ‚Frau Dahlen’ auswies.
„Guten Tag, Frau Dahlen “, säuselte Nettgen „ Mein Name ist Konrad, Dirk Konrad. Ich habe einen Termin mit Herrn El-Dhamosis. Können Sie mir seine Zimmernummer verraten? Ich habe sie leider nach dem letzten Gespräch vergessen zu notieren . “
Er klang jetzt geradezu unverschämt fröhlich. Normalerweise hätte er ihr seine Dienstmarke vor die Nase gehalten, denn Lügen war nicht gerade seine Art. Doch es musste so funktionieren, schließlich war seine eingezogen. Er setzte seinen treuen Hundeblick auf und lächelte, wie er es von seinen früheren Streifzügen gewohnt war, wenn er eine Frau mit seinem Charme ins Bett kriegen wollte . Prompt entgegnete ihm auch diese Dame mit einem zurückhaltenden Lächeln. Sie hatte angebissen.
„Wie war doch gleich der Name?“, fragte sie. „ El ... und weiter?“
„El-Dhamosis. Sein Name ist El-Dhamosis“ , ergänzte Nettgen und ließ keinen Blick von ihr ab.
Sie stellte sich vor den Computer und suchte mit ein paar Mausklicks den Gast im Verzeichnis. Zwar lächelte sie dabei, aber sie tat es auf eine Weise, die ihre Unsicherheit unterstrich, statt sie geschickt zu überspielen.
„Ja, Herr Konrad. Normalerweise kann ich nicht so verfahren. Denn ich kann ja nicht einfach Daten über unsere Gäste rausgeben. Doch bei I hnen mache ich mal eine Ausnahme.“
„Das ist sehr nett von I hnen. Sie können ihn auch gerne anrufen, aber er erwartet mich sowieso bereits – und ich möchte ungern zugeben, dass ich seine Zimmernummer nicht aufgeschrieben habe “ , fügte er zerknirscht hinzu.
Er hoffte nur, dass sie es dabei belassen w ü rde und nicht im Zimmer anrief , ansonsten würde sein Plan nicht auf gehen . Innerlich zerfraß ihn Ungeduld und Nervosität, er hoffte, dass
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