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Das Wiegen der Seele (German Edition)

Das Wiegen der Seele (German Edition)

Titel: Das Wiegen der Seele (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dirk Ullsperger
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zu sehen. Er ging zum Kühlschrank und holte sich eine Dose Bier heraus, mit der er zunächst seine Nase kühlte.
    Dann griff er zum Telefon und wählte Löfflers Nummer. Er hörte ein Freizeichen, kurz darauf meldete sich Löffler: „Hallo Ralf, habe dich schon an der Nummer erkannt . “
    „Dietmar, du wirst nicht glauben, was mir gerade passiert ist. Ich hatte gerade unsanften Besuch von zwei Maskierten. Sie drohten, mich umzubringen und gaben mir den guten Rat, die Ermittlungen einzustellen.“
    „Gott“, rief Löffler durch den Hörer. „Ist dir was passiert ? “
    „Geht schon wieder. Für einen Moment dachte ich, die schlitzen mir die Kehle auf . “
    „Soll ich vorbeikommen? Kannst du sie beschreiben? Ich kann unverzüglich die Fahndung einleiten. Sprich schon, Ralf ! “
    „Nein, nein Dietmar. Keine Fahndung. Erstens habe ich ihre Gesichter nicht erkennen können und zweitens meinten die es todernst. Wollte dir nur Bescheid geben, dass du auf dich achtgibst. Wir sollten wohl etwas vorsichtiger werden!“
    „ Mist verdammter“, meinte Löffler. „Was machen wir nun ? “
    „Gar nichts. Wir machen weiter. Sie haben mich gewarnt, mehr wollten sie nicht, denn sonst wäre ich nicht mehr am Leben. Ich fahre jetzt zu Maria . Melde mich wieder . “
    Noch bevor Löffler darauf antworten konnte, legte Nettgen auf.
    In ihm machte sich Zorn breit. Er hätte sich ohrfeigen können, dass er so achtlos an die Tür gegangen war. Wie ein blutiger Anfänger! Muss am Schlafmangel gelegen haben , dachte er und versuchte krampfhaft, sich an Einzelheiten zu erinnern. Nichts, er konnte weder das Nummernschild nennen, noch einen der Unbekannten beschreiben. Er erinnerte sich nur noch an den ausländischen Akzent – und daran, dass einer der beiden erbärmlich nach kaltem Schweiß gestunken hatte.
    Nettgen hatte zwar d ie Gefahr hautnah erlebt, aber er fühlte sich nicht eingeschüchtert. Ganz im Gegenteil, in ihm stieg ein Gefühl von Jetzt erst recht auf. Er hoffte nur, dass auch Löffler mit ihm am Ball blieb. Vielleicht hätte er besser gar nichts von dem Zwischenfall gesagt – na ja, zu spät.
    Nettgen ging ins Bad und spritze sich kaltes Wasser ins Gesicht. Er blutete noch immer aus der Nase. Nicht mehr so schlimm, aber sie war angeschwollen und schmerzte beim Schniefen. Dann zog er sich aus, nahm eine kalte Dusche und trocknete sich ab.
    Anschließend setzte er sich aufs Bett. Er saß einfach da, bewegte sich keinen Millimeter. Abgesehen vom nicht gerade zaghaften Besuch der Unbekannten ging in ihm etwas vor, was er nie zuvor verspürt hatte. Nettgen dachte an eine Frau, die ihm wichtiger war, als er sich bisher eingestanden hatte. Bis heute hatte er zwar die Frauen, mit denen er ein Verhältnis hatte, begehrt, jedoch waren sie ihm nie so wichtig gewesen, dass er mehr als ein paar Gedanken an sie verschwendet hatte. Meistens suchte er, nachdem er mit ihnen geschlafen hatte, das Weite, weil er Abstand brauchte. An eine gemeinsame Zukunft hatte er noch nie gedacht. Aber diesmal war das irgendwie anders. Er mochte alles an Maria: Ihren Körper, ihr Haar, ihre Mimik, jede Geste und wahrscheinlich auch jeden Fehler – wenn er denn einen hätte entdecken können.
    Aus dem Schrank nahm er sich eine Anzughose und ein ungebügeltes Hemd heraus. Als er kurze Zeit später am Bügelbrett stand, um sich das Hemd faltenlos glattzuplätten , wurde ihm erst bewusst, wie sehr sie ihm den Kopf verdreht hatte.
    „Donnerwetter ! “ dachte Nettgen laut. „Ich bin verliebt ! “

Kapitel 9
     
    Essens überfüllte Straßen konnten jeden Autofahrer in den Wahnsinn treiben. Auch als Nettgen sich aus dem dichtesten Verkehr herausgequält hatte, wurden die Fahrverhältnisse nicht besser. Ein schweres Unwetter lag in der Luft. Die Wolken bedeckten den Himmel am Horizont. Kurz darauf machte wolkenbruchartiger Regen es schwer, noch irgendetwas von der Fahrbahn zu erkennen. Dicke Regentropfen prasselten auf die Frontscheibe und die Scheibenwischer bemühten sich auf höchster Stufe, eine freie Sicht zu ermöglichen. Immer wieder zuckten heftige Blitze nieder und verschlimmerten zusätzlich die Situation. Im Licht der Scheinwerfer wirkten alle Autos und Bewegungen verzerrt, alle Umrisse schemenhaft und aggressiv. Zügig wollte Nettgen zu Maria , doch das Wetter machte ihm einen Strich durch die Rechnung.
    Außerdem hatte er den ganzen Tag noch nichts gegessen, was ihm jetzt erst so richtig bewusst wurde. Also legte er einen Zwischenstop

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