Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Wiegen der Seele (German Edition)

Das Wiegen der Seele (German Edition)

Titel: Das Wiegen der Seele (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dirk Ullsperger
Vom Netzwerk:
wir dort bleiben müssen“, fügte er kleinlaut hinzu.
    Ein furchterregendes Blitzen wurde in ihren Augen sichtbar. Sie hatte offenbar Angst und wurde deshalb wütend.
    „Ist das dein Ernst? “, fragte sie. „Das kannst du mir doch nicht antun. Nicht nach allem, was passiert ist. Musst du unbedingt mit ? “
    „Ja, Maria. Ich muss, denn ich komme hier nicht weiter mit den Ermittlungen“ , erklärte er bestimmt . .
    Nettgen stand auf, ging um den Tisch und zog sie behutsam in seine Arme. Silvia, die gerade mit Nettgens Kaffee um die Ecke kam, blieb wie angewurzelt stehen, betrachtete Maria Crampton von oben bis unten und entfernte sich dann wieder diskret.
    Bei Nettgen und Maria war alle Diskretion erloschen. Sie hatten beide nur noch einen Gedanken. Er nahm sie an der Hand und zog sie zu einem Schuppen, in dem die Getränke für den Pub lagerten. Nettgen und Maria verschwanden im Halbdunkel und zogen kichernd die Tür hinter sich zu. Doch dann überkam Nettgen das Gefühl, es sei nicht richtig, was er hier tat.
    „Maria ... Maria, ich kann das nicht. Nicht jetzt und schon mal gar nicht hier“, meinte er schließlich und schaute sie mit betrübten Augen an.
    „Ich kann es einfach nicht. Es tut mir leid“, fügte er noch hinzu.
    Maria sah ihn an. Sie lächelte. Doch es war kein ironisches Lächeln oder eines, das Nettgen auslachte.
    „Das finde ich richtig. Das finde ich richtig gut. “ Sie wirkte dabei erleichtert , das konnte Nettgen spüren.
    „Ich würde sagen, wir verlegen die Fortsetzung auf heute Abend. Was meinst du? “, fragte Nettgen und schaltete sein Diensthandy an, das er beim Eintreffen in den Pub ausgestellt hatte.
    „Ich bin daheim“, meinte sie. „Komm vorbei, wann immer du magst . “
    Kichernd und verlegen wie zwei Teenager, die gerade ihren ersten Kuss getauscht hatten, verließen die beiden Hand in Hand den Schuppen und liefen zurück an ihren Tisch. Silvia blickte ihnen nur kopfschüttelnd nach und brachte den Kaffee.
     
    Keine dreißig Minuten später befand sich Nettgen in seinem Büro. Er blätterte in seinen Unterlagen und nahm sich noch einmal den Autopsiebericht des letzten Leichnams vor. In diesem Moment wurde ohne Vorwarnung seine Bürotür geöffnet. Nettgen blickte hoch. Es war sein Vorgesetzter Burscheidt. Wie immer war er tadellos gekleidet – dunkelgrauer Anzug, weißes Hemd, beigefarbene Seidenkrawatte, dabei ein bisschen zu viel Festiger im Haar. Nettgen verstand nicht, warum der Chef ständig auf Jung machte und wie ein feiner Pinkel den Kommandoboss spielte. Seit vier Jahren verrichtete Nettgen seinen Dienst in der Abteilung. Er konnte Burscheidt vom ersten Tag an nicht ausstehen. Das beruhte auf Gegenseitigkeit. Sie hatten sich regelmäßig in den Haaren, beinahe täglich herrschten Spannungen.
    Auf dem Gesicht des Chefs lag ein herablassendes Grinsen, das er immer aufsetzte, wenn er Nettgen zu Gesicht bekam. Dann schnippte er mit den Fingern, als ob ein König nach seinem Untertan verlange. Allein das konnte Nettgen zur Weißglut bringen, ohne dass Burscheidt auch nur ein Wort sagen brauchte.  Burscheidt warf die Bürotür zu.
    „Und, Kommissar, was machen die Ermittlungen ? “ , fragte er.
    Nettgen kochte. Er hasste es, nicht begrüßt zu werden und noch weniger konnte er es leiden, wenn man mit ihm sprach, als sei er ein Vollidiot.
    Nettgen ignorierte seinen Chef vollkommen. Er tat in aller Seelenruhe so, als hätte er ihn nicht gesehen, erst recht nicht gehört. Er wusste genau, dass er Burscheidt mit diesem Verhalten auf die Palme brachte. Er suchte in seinen Unterlagen, pfiff ein Lied, das er überhaupt nicht kannte, das sich aber zum Ignorieren gut eignete und nahm einen Schluck aus seiner Kaffeetasse.
    Ein unbeteiligter Beobachter hätte denken können, er sei in einem Kindergarten gelandet.
    Wutempört trat Burscheidt an Nettgens Schreibtisch, stemmte die Handflächen auf die Arbeitsplatte und brüllte Nettgen an: „ Verdammt noch mal, Nettgen! Ich habe Sie was gefragt! “
    Nettgen hob im Zeitlupentempo den Kopf und blickte seinem Chef direkt in die Augen.
    „Oh, S ie sind es“, meinte er. „Entschuldigen S ie, ich war in meine Ermittlungen vertieft. Was haben S ie mich gefragt ? “
    „Nettgen. Wenn S ie nicht so guten Ermittlungsdienst leisten würden, hätte ich S ie längst aus meiner Abteilung geschmissen! Also, wie ist der aktuelle Ermittlungsstand? Immerhin muss ich I hre wahnwitzige Dienstreise ja irgendwie begründen, zumal S ie ja

Weitere Kostenlose Bücher