Das wilde Herz der Highlands
konnte auf sich selbst achtgeben. Dennoch rührte sie, dass Blake sie beschützen wollte. „Und ich werde auf ihn achtgeben“, sagte sie an ihren Bruder gewandt.
Duncan grinste, sowohl über ihre Bemerkung als auch über Blake, der darob die Augen verdrehte. „Aye, nun denn, seid einfach wachsam. Bringt die erste Strecke des Weges so rasch als möglich hinter euch. Und schickt einen Boten, sobald ihr sicher angelangt seid. Oder wenn es Schwierigkeiten gibt. Haltet auch nach den Camerons Ausschau. Aeldra ähnelt von Größe und Figur her Lady Helen und könnte mit ihr verwechselt werden. Womöglich greifen euch die Kerle fälschlich an, sie sind nicht die hellsten. Und ...“
„Mach’s gut, Duncan“, fiel Seonaid ihm amüsiert ins Wort, lenkte ihr Pferd in Richtung Tor und ließ ihren Bruder auf den Stufen vor dem Wohnturm stehen. Sie folgte Blake, der sein Pferd ebenfalls gewendet hatte und den Burghof überquerte.
Langsam ritten sie über den Burggraben, und in ebenso bedächtigem Tempo ließen sie die freie Fläche vor der Feste hinter sich. Damit wollte Blake, wie Seonaid wusste, etwaigen Camerons Gelegenheit geben, sich davon zu überzeugen, dass Helen nicht unter ihnen war.
Sobald sie die Bäume erreichten, ließ er sein Pferd angaloppieren und übernahm die Führung. Seonaid hielt sich dicht hinter ihm. Ein Blick über die Schulter zeigte ihr, dass Aeldra wiederum hinter ihr ritt, während Little George, ihr Gemahl, das Schlusslicht bildete.
Bei dem Gedanken an die beiden lächelte Seonaid in sich hinein. Dass Aeldra mit diesem Riesen, Blakes ranghöchstem Mann, vermählt war, erschien ihr merkwürdig. Er war ein solcher Hüne und sie so zierlich, dass sie ein seltsames Paar abgaben, wenn man sie zusammen sah. Wie es im Ehebett der zwei zuging, mochte sie sich gar nicht ausmalen. Schon die bloße Vorstellung fiel ihr schwer.
Der erste Reisetag verstrich ohne besondere Vorkommnisse. Sie alle waren wachsam, denn selbst wenn Camerons Krieger Aeldra nicht mit Helen verwechselten, konnten sie versuchen, sie alle gefangen zu nehmen, um ihnen Helens Aufenthaltsort abzupressen. Die Burschen mochten gar einen von ihnen als Geisel nehmen und gegen die Engländerin tauschen. Doch nichts dergleichen geschah, und auch die Männer, die Greenweld auf Blake angesetzt hatte, behelligten sie nicht. Falls eine der beiden Gruppen sich in der Gegend herumtrieb, hielt sie sich vorerst verborgen.
Dennoch schadete es vermutlich nicht, dass Blake am ersten Tag ein aufreibendes Tempo anschlug, um möglichst viel Abstand zwischen sie und Dunbar und somit das Ungemach zu bringen, das in der Umgebung der Burg auf sie lauern mochte. Der Abend war schon weit fortgeschritten, als sie endlich hielten und ihr Lager aufschlugen.
An der Stelle, die Blake ausgewählt hatte, gab es kein Wasser, aber das war Seonaid egal. Auch ihre Sorge, die gemeinsamen Nächte mit Blake in Gesellschaft anderer verbringen zu müssen, erwies sich als überflüssig. Nachdem sie das Lager hergerichtet, gegessen und den Büschen einen Besuch abgestattet hatten, um sich zu erleichtern, war sie viel zu müde, um ein wenig houghmagandie auch nur in Betracht zu ziehen. Selbst zum Baden hätte ihr die Kraft gefehlt, sofern sie am Wasser gelagert hätten. Sie schaffte es nur noch, sich neben ihrem Gemahl zum Schlafen zusammenzurollen. Vage spürte sie, dass er sich von hinten an sie schmiegte und ihr einen Arm umlegte, als sie auf der harten Erde auch schon eingeschlafen war.
Am zweiten Tag gingen sie es geruhsamer an. Nun, da sie ein gutes Stück von Dunbar entfernt waren, gab Blake ein beschaulicheres Tempo vor, und bereits am späten Nachmittag entschied er zu halten. Seonaid vermutete, dass die Schönheit des Fleckchens, auf das sie gestoßen waren, ihn dazu bewogen hatte. Wieder einmal war es eine Lichtung am Ufer eines Flusses, doch hier gab es einen Wasserfall, der dem Ort etwas Zauberhaftes, Besonderes verlieh.
An diesem Abend richteten Seonaid und Blake das Lager her, während Little George und Aeldra zum Fluss gingen, um sich zu waschen. Als die beiden zurückkehrten, war das Lager bereit. Blake nahm Seonaid bei der Hand, zog seine Gemahlin hoch, führte sie auf den Wald zu und beschied den beiden anderen, sie würden nicht lange brauchen.
Sobald sie zwischen den Bäumen verschwunden waren, entzog Seonaid ihm ihre Hand und begann sich im Gehen auszu-ziehen, so begierig war sie darauf, sich vom Staub zweier Tage zu befreien. Die Schnürung ihrer
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