Das Wing 4 Syndrom
und der Humanoidentransporter stand über ihren nackten Ästen und ragte dem purpurfarbenen Zenit entgegen.
Ein silberfarbener Zylinder, so riesengroß, daß er ihm den Atem benahm; ein gekrümmter Spiegel ohne Spitze, in dem sich der Northdyke-Peak in verkleinerter Form widerspiegelte und auf dem eine ebenfalls verkleinerte purpurrote Sonne brannte.
Obwohl Keth nicht zu nahe an das Schiff heran wollte, zerrte der Mob ihn zwischen den kahlen Bäumen hindurch auf eine felsige Anhöhe. Das Raumdeck lag unter ihm, eine weite runde Ebene, von flachen, schneebedeckten Hügeln umgeben – die Ringwand eines uralten Kraters. Das Transportschiff war fast in der Mitte des Kraters gelandet und hatte selbst eine kleine Grube in den Boden gedrückt.
Der Schnee selbst war im Umkreis von einem Kilometer unberührt. Vielleicht hatte der Mob noch Angst vor dem fremden Schiff. Aber der Rest der Ebene war bereits schwarz von Menschen, und überall blickten erstaunte Gesichter nach oben.
Obwohl das Humanoidenschiff bei seiner Landung eine ganze Anzahl von Einrichtungen zerdrückt oder beschädigt hatte, fand Keth doch eine Reihe von Fährenstartschächten, die im Schatten des Riesen wie Spielzeug wirkten. Fünf waren leer, aber der letzte Turm schmiegte sich noch an sein winziges Fahrzeug.
Er wartete! Sein Atem ging schneller. Wenn er es vor den Humanoiden erreichte, konnte er sich vielleicht an Bord schleichen oder die Fähre selbst ins Weltall hinauslenken … Wenn es ihm dann irgendwie gelang, im Orbit an Bord des Sternenschiffes zu gehen oder die Fähre selbst nach Malili zu lenken …
Ohne lange darüber nachzudenken, wie klein die Chance war, daß ein solcher Plan gelang, begann Keth, sich in jene Richtung davonzuarbeiten, obwohl die Menge ihm nur wenig Platz ließ. Leute bückten ihn finster an und murrten, wenn er sie anstieß. Irgend jemand glaubte er, würde in ihm früher oder später jenen flüchtigen Staatsfeind erkennen, als den man ihn gebrandmarkt hatte.
Ehe er den Fuß des Abhangs erreicht hatte, verstummten plötzlich die Leute um ihn herum, blieben stehen und starrten nach oben. Ein neues Geräusch hallte durch die plötzliche Stille und wurde von dem riesigen Turm als mächtiges Echo zurückgeworfen.
„Der Navarch!“ Rings um ihn wurde dasselbe Wort geflüstert. „Er spricht zu den Humanoiden.“
Der ferne Donner erstarb, und wieder ging ein ehrfürchtiges Raunen durch die Menge. Die Humanoiden hatten geantwortet. Keth hörte ein anderes Dröhnen, lauter als das des Navarchen, und sah zu, wie ein riesiger Arm am Fuß des mächtigen Schiffsturms herausfuhr, zuerst waagerecht, dann aber sich langsam nach unten senkend, bis die Spitze auf die puppengroße Fähre herabschmetterte, die zu erreichen er gehofft hatte.
Eine schwarze Flüssigkeit floß aus der Fähre, breitete sich schnell über den Schnee aus. Und vor dem immer größer werdenden Fleck bewegte ein neuer Sturm die Menge. Kappen und Kleidungsstücke flogen nach oben. Rufe aus weiter Ferne erreichten ihn:
„Humanoiden! Hier!“
28
Darkside Die Halbkugel, auf der Malili niemals scheint; Licht spenden, sofern sie überhaupt am Himmel stehen, nur der Drache und die schwächeren Sternen.
Er floh.
Sie waren noch zu weit von ihm entfernt, als daß er sie als einzelne Gestalten hätte ausmachen können, aber in seinem von Angst gepeinigten Geist konnte er sie sehen. Viele Millionen winziger schwarzer Maschinen, angetrieben von ihrem unpersönlichen Wohlwollen, den Menschen von Kai zu dienen. Geformt wie Menschen, aber geschlechtslos, schnell und graziös, alle identisch. Mit blinden, stählernen Augen und rhodomagnetischen Sinnen, die viel zuviel wahrnahmen.
Jeder von ihnen wußte alles, was irgendeiner von ihnen wußte. Jeder von ihnen konnte ihn als ihren tödlichsten Feind erkennen, den Mann, der sich mit der verbotenen Rhodowaffe gewehrt hatte, der zurückgeschlagen hatte. Bald würden sie entdecken, daß er sie nicht länger besaß, und dann würden sie ihn bis in alle Ewigkeit jagen.
Keth stolperte und fiel in einen Tümpel aus eisigem Schlamm. Im Liegen schmierte er sich den Schlamm über das Gesicht, die Hände und seine Kapuze. Als er aufgestanden war, den Kopf gesenkt und humpelnd, als hätte er sich verletzt, arbeitete er sich wieder den Abhang hinauf, quer durch den Mob, der immer noch in den Park strömte.
Niemand hielt ihn auf.
Der höhere Kamm der Kraterwand jenseits von den Stationen der Röhrenbahn war frei von
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